Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.Litteratur bildkreuz, das deutlich die Jahrzahl 1536 trägt, für eine "Streitsäule" des re¬ Wir wollen zur Ehre der Leipziger Lehrerschaft annehmen, daß der Ver¬ Vor kurzem hat sich in Leipzig, wie auch an andern Orten in den letzten Litteratur Kürzere Arbeitszeit. Mit besondrer Berücksichtigung des Programms der evangelischen Diese Schrift bildet das achte Heft der zweiten Reihe der "Evangelisch¬ Litteratur bildkreuz, das deutlich die Jahrzahl 1536 trägt, für eine „Streitsäule" des re¬ Wir wollen zur Ehre der Leipziger Lehrerschaft annehmen, daß der Ver¬ Vor kurzem hat sich in Leipzig, wie auch an andern Orten in den letzten Litteratur Kürzere Arbeitszeit. Mit besondrer Berücksichtigung des Programms der evangelischen Diese Schrift bildet das achte Heft der zweiten Reihe der „Evangelisch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0584" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215039"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_2257" prev="#ID_2256"> bildkreuz, das deutlich die Jahrzahl 1536 trägt, für eine „Streitsäule" des re¬<lb/> formationsfeindlichen Herzogs Georg vom Jahre 1539; er giebt als Erbauungs¬<lb/> jahr des Nathausturms das Jahr 1474 (!) an, obwohl ihm jede „höhere Toch¬<lb/> ter," die man vor diesen Turm führen würde, sagen könnte, daß der untere Teil<lb/> aus dem sechzehnten, der obere aus dem achtzehnte» Jahrhundert stammen muß;<lb/> er überrascht uns durch die Angabe von Leibnizens Geburtshaus, das bisher<lb/> kein Mensch gekannt hat; aus der Geschichte des Theater in Leipzig erzählt er:<lb/> „Bis zum Ende des siebzehnten (!) Jahrhunderts fanden Theatervorstellungen<lb/> im Burgkeller (!) am Naschmnrkte statt. Als um die Mitte (!) des vori¬<lb/> gen Jahrhunderts Karoline Reuber ihre Schauspielbude (!) in Leipzig aufthat,<lb/> war es Gottsched, der mit der energischen Frau Direktorin den Hanswurst auf<lb/> dem Fleischerplatze (!) verbrannte (!) — ein Rattenkönig von Mißverständnissen,<lb/> den miseinanderzufitzen uns ein paar Seiten kosten würde. Aus Goethes Leipziger<lb/> Studentenliebe Käthchen Schönkopf macht er ein Kttthchen Schwarzkopf (!), giebt<lb/> auch das Schönkopfische Haus falsch an; von der Universitätsaula schreibt er, sie<lb/> enthalte „außer den Standbildern sächsischer Fürsten die Büsten von Leibniz (von<lb/> Kuauer) und Gottfr. Herrn, (sie!) von Rietschel (^ 1848)," Schweiße also, eine<lb/> Stelle irgend eines ihm vorliegenden ältern Führers mißverstehend, den großen<lb/> Philologen Gottfried Hermann und den Bildhauer Ernst Rietschel zu einer Person<lb/> Namens G. H. v. Rietschel zusammen!</p><lb/> <p xml:id="ID_2258"> Wir wollen zur Ehre der Leipziger Lehrerschaft annehmen, daß der Ver¬<lb/> fasser dieses Machwerks kein Leipziger Lehrer sei. Wäre es einer, dann würden<lb/> wir aufrichtig die Kiuder bedauern, die er in der Heimatkunde und — in der<lb/> Muttersprache zu unterrichte» hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2259"> Vor kurzem hat sich in Leipzig, wie auch an andern Orten in den letzten<lb/> Jahren, ein „Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs" gebildet, und wie die<lb/> Zeitungen berichtet haben, läßt dieser Verein jetzt einen neuen „Führer durch<lb/> Leipzig" bearbeiten, der in einer riesigen Auflage — man spricht von 100 000<lb/> Exemplaren! — gedruckt und umsonst an die in Leipzig einkehrenden Fremden<lb/> verteilt werden soll. Wir sehen, offen gestanden, diesem neuen Führer mit Ban¬<lb/> gigkeit entgegen. Denn wenn er wieder nicht besser wäre als seine Vorgänger,<lb/> welche Verbreitung wird dann einem schlechten Buche gegeben werden! Die Her¬<lb/> stellung guter städtischer Fremdenführer, die auch die Ansprüche hoher gebildeter<lb/> Menschen befriedigen konnten, ist wichtig genug, daß sich die städtischen Behörden<lb/> ihrer annehmen sollten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <p xml:id="ID_2260"> Kürzere Arbeitszeit. Mit besondrer Berücksichtigung des Programms der evangelischen<lb/> Arbeitervereine von Theodor Traub, Stadtpfnrrer in Stuttgart. Leipzig, Fr. Wilh,<lb/> Grunow, 1893</p><lb/> <p xml:id="ID_2261" next="#ID_2262"> Diese Schrift bildet das achte Heft der zweiten Reihe der „Evangelisch¬<lb/> sozialen Zeitfragen." Der Verfasser kommt zu folgendem Ergebnis: „Das Streben<lb/> der Arbeiter nach Verkürzung der Arbeitszeit ist berechtigt und darum zu unter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0584]
Litteratur
bildkreuz, das deutlich die Jahrzahl 1536 trägt, für eine „Streitsäule" des re¬
formationsfeindlichen Herzogs Georg vom Jahre 1539; er giebt als Erbauungs¬
jahr des Nathausturms das Jahr 1474 (!) an, obwohl ihm jede „höhere Toch¬
ter," die man vor diesen Turm führen würde, sagen könnte, daß der untere Teil
aus dem sechzehnten, der obere aus dem achtzehnte» Jahrhundert stammen muß;
er überrascht uns durch die Angabe von Leibnizens Geburtshaus, das bisher
kein Mensch gekannt hat; aus der Geschichte des Theater in Leipzig erzählt er:
„Bis zum Ende des siebzehnten (!) Jahrhunderts fanden Theatervorstellungen
im Burgkeller (!) am Naschmnrkte statt. Als um die Mitte (!) des vori¬
gen Jahrhunderts Karoline Reuber ihre Schauspielbude (!) in Leipzig aufthat,
war es Gottsched, der mit der energischen Frau Direktorin den Hanswurst auf
dem Fleischerplatze (!) verbrannte (!) — ein Rattenkönig von Mißverständnissen,
den miseinanderzufitzen uns ein paar Seiten kosten würde. Aus Goethes Leipziger
Studentenliebe Käthchen Schönkopf macht er ein Kttthchen Schwarzkopf (!), giebt
auch das Schönkopfische Haus falsch an; von der Universitätsaula schreibt er, sie
enthalte „außer den Standbildern sächsischer Fürsten die Büsten von Leibniz (von
Kuauer) und Gottfr. Herrn, (sie!) von Rietschel (^ 1848)," Schweiße also, eine
Stelle irgend eines ihm vorliegenden ältern Führers mißverstehend, den großen
Philologen Gottfried Hermann und den Bildhauer Ernst Rietschel zu einer Person
Namens G. H. v. Rietschel zusammen!
Wir wollen zur Ehre der Leipziger Lehrerschaft annehmen, daß der Ver¬
fasser dieses Machwerks kein Leipziger Lehrer sei. Wäre es einer, dann würden
wir aufrichtig die Kiuder bedauern, die er in der Heimatkunde und — in der
Muttersprache zu unterrichte» hätte.
Vor kurzem hat sich in Leipzig, wie auch an andern Orten in den letzten
Jahren, ein „Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs" gebildet, und wie die
Zeitungen berichtet haben, läßt dieser Verein jetzt einen neuen „Führer durch
Leipzig" bearbeiten, der in einer riesigen Auflage — man spricht von 100 000
Exemplaren! — gedruckt und umsonst an die in Leipzig einkehrenden Fremden
verteilt werden soll. Wir sehen, offen gestanden, diesem neuen Führer mit Ban¬
gigkeit entgegen. Denn wenn er wieder nicht besser wäre als seine Vorgänger,
welche Verbreitung wird dann einem schlechten Buche gegeben werden! Die Her¬
stellung guter städtischer Fremdenführer, die auch die Ansprüche hoher gebildeter
Menschen befriedigen konnten, ist wichtig genug, daß sich die städtischen Behörden
ihrer annehmen sollten.
Litteratur
Kürzere Arbeitszeit. Mit besondrer Berücksichtigung des Programms der evangelischen
Arbeitervereine von Theodor Traub, Stadtpfnrrer in Stuttgart. Leipzig, Fr. Wilh,
Grunow, 1893
Diese Schrift bildet das achte Heft der zweiten Reihe der „Evangelisch¬
sozialen Zeitfragen." Der Verfasser kommt zu folgendem Ergebnis: „Das Streben
der Arbeiter nach Verkürzung der Arbeitszeit ist berechtigt und darum zu unter-
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