Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.Litteratur Die Hamlettragödie Shakespeares. Von Richard Löning. Stuttgart, Cotta, 1893 Wieder ein Buch über Shakespeare, und noch dazu ein so dickes! so wird Der Verfasser des vorliegenden Werkes nennt sich einen "Dilettanten." Unsers Sein Buch zerfällt in zwei Teile: 1. Die deutsche Hamletkritik, 2. Inhalt Im zweiten Teil kommt der Verfasser dazu, seine eigne Ansicht über Hamlet Litteratur Die Hamlettragödie Shakespeares. Von Richard Löning. Stuttgart, Cotta, 1893 Wieder ein Buch über Shakespeare, und noch dazu ein so dickes! so wird Der Verfasser des vorliegenden Werkes nennt sich einen „Dilettanten." Unsers Sein Buch zerfällt in zwei Teile: 1. Die deutsche Hamletkritik, 2. Inhalt Im zweiten Teil kommt der Verfasser dazu, seine eigne Ansicht über Hamlet <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214847"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <p xml:id="ID_1547"> Die Hamlettragödie Shakespeares. Von Richard Löning. Stuttgart, Cotta, 1893</p><lb/> <p xml:id="ID_1548"> Wieder ein Buch über Shakespeare, und noch dazu ein so dickes! so wird<lb/> Wohl mancher ausgerufen haben, als er das vorliegende Werk erblickte. Und der<lb/> Verfasser selbst ist, wie sich aus seinein Vorwort ergiebt, darauf gefaßt, daß mau<lb/> seinem Buche mit Mißtrauen begegnen werde. Ist doch schon so unendlich viel<lb/> über Hamlet geschrieben worden, darunter ästhetische Betrachtungen, die nicht nur<lb/> durchaus unästhetisch sind, sondern deren richtige Beurteilung eher einem Psychiater<lb/> als einem Shakespeareforscher zukäme!</p><lb/> <p xml:id="ID_1549"> Der Verfasser des vorliegenden Werkes nennt sich einen „Dilettanten." Unsers<lb/> Erachtens mit Unrecht. Denn bei einer Arbeit wie dieser kommt es nicht auf ein¬<lb/> gehende Kenntnis der Sprache des Dichters und ähnliche philologische Dinge um,<lb/> sondern auf gesunden Menschenverstand, ans unbefangnes Urteil und endlich auf<lb/> wissenschaftliche Methode in der Führung der Untersuchung. Die aber kann ein<lb/> gutgeschulter Jurist, der seine Vorbildung auf einem guten Gymnasium erhalten<lb/> hat, ebenso gut besitzen, wie jemand, der die Betrachtung und Erforschung der<lb/> englischen Sprache und Litteratur zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Wie könnte<lb/> überhaupt jemand ein guter akademischer Lehrer ohne wissenschaftliche Methode sein?<lb/> Wir weisen daher den „Dilettantismus" des Verfassers entschieden zurück, wir be¬<lb/> trachten Löning als vollgiltigen Kenner Shakespeares.</p><lb/> <p xml:id="ID_1550"> Sein Buch zerfällt in zwei Teile: 1. Die deutsche Hamletkritik, 2. Inhalt<lb/> und Bedeutung der Hamlettragödie. Im ersten Teil wird die ganze Hamlet¬<lb/> litteratur und Hamletkritik, die deutsche von Lessing und Goethe bis auf Reichel<lb/> und seine schone Ansicht von den beiden Namensvettern William Shakespeare, von<lb/> denen der eine ein großer Dichter, der andre aber Schauspieler und Taugenichts<lb/> war, vorgeführt. Es ist wahrlich keine kleine Aufgabe gewesen, sich dnrch diese<lb/> Litteratur durchzuarbeiten, die an Umfang der zur Zeit von Shakespeares Geburt<lb/> zuerst ausgetretnen Seeschlange gleicht und mit dieser die Eigenschaft gemein hat,<lb/> immer wieder von Zeit zu Zeit aufzutauchen. Sogar seit Lönings Buch ist schon<lb/> wieder einiges über Hamlet erschienen, und auch trotz Löning wird die Hamlet¬<lb/> litteratur lustig weiter leben und wachsen! Die ausländische Litteratur ist scheinbar<lb/> nicht beachtet, doch werden gelegentlich nicht nnr ihre Hanpterscheinnngen, sondern<lb/> auch ihre Auswüchse angeführt. Es fehlt weder Vinings verdienstvolle Entdeckung,<lb/> daß Hamlet tswiniui Föneris gewesen sei, noch die des Serjennt Ziem, wonach<lb/> Hamlet ein Betrüger ist, der einen Spießgesellen als Geist seines Vaters spicken<lb/> läßt, um den armen lammfrommen König Claudius beim Volke in Mißachtung zu<lb/> bringen. Wie schade, daß dem Verfasser der „Original-Shakespeareroman: 8olu8<lb/> einen Lota" von Schuttes entgangen ist! Er hätte auch hieraus uoch manches über<lb/> Shakespeare-Hamlet erfahren, unter anderen hören können, daß das Urbild der<lb/> Ophelia Kätherle hieß und im gesegneten Schwnbenlnnd lebte. Nun, je öder und<lb/> umfangreicher die Hamletlitteratnr ist, um so mehr verdient der Eifer Lönings<lb/> Anerkennung, der davor nicht zurückgeschreckt ist, sondern sich tapfer durchgeschlagen<lb/> hat. Dies wird es in Zukunft vielen Fachleuten ersparen, sich selbst durch diese<lb/> gmize Litteratur durchzuarbeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551" next="#ID_1552"> Im zweiten Teil kommt der Verfasser dazu, seine eigne Ansicht über Hamlet</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
Litteratur
Die Hamlettragödie Shakespeares. Von Richard Löning. Stuttgart, Cotta, 1893
Wieder ein Buch über Shakespeare, und noch dazu ein so dickes! so wird
Wohl mancher ausgerufen haben, als er das vorliegende Werk erblickte. Und der
Verfasser selbst ist, wie sich aus seinein Vorwort ergiebt, darauf gefaßt, daß mau
seinem Buche mit Mißtrauen begegnen werde. Ist doch schon so unendlich viel
über Hamlet geschrieben worden, darunter ästhetische Betrachtungen, die nicht nur
durchaus unästhetisch sind, sondern deren richtige Beurteilung eher einem Psychiater
als einem Shakespeareforscher zukäme!
Der Verfasser des vorliegenden Werkes nennt sich einen „Dilettanten." Unsers
Erachtens mit Unrecht. Denn bei einer Arbeit wie dieser kommt es nicht auf ein¬
gehende Kenntnis der Sprache des Dichters und ähnliche philologische Dinge um,
sondern auf gesunden Menschenverstand, ans unbefangnes Urteil und endlich auf
wissenschaftliche Methode in der Führung der Untersuchung. Die aber kann ein
gutgeschulter Jurist, der seine Vorbildung auf einem guten Gymnasium erhalten
hat, ebenso gut besitzen, wie jemand, der die Betrachtung und Erforschung der
englischen Sprache und Litteratur zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Wie könnte
überhaupt jemand ein guter akademischer Lehrer ohne wissenschaftliche Methode sein?
Wir weisen daher den „Dilettantismus" des Verfassers entschieden zurück, wir be¬
trachten Löning als vollgiltigen Kenner Shakespeares.
Sein Buch zerfällt in zwei Teile: 1. Die deutsche Hamletkritik, 2. Inhalt
und Bedeutung der Hamlettragödie. Im ersten Teil wird die ganze Hamlet¬
litteratur und Hamletkritik, die deutsche von Lessing und Goethe bis auf Reichel
und seine schone Ansicht von den beiden Namensvettern William Shakespeare, von
denen der eine ein großer Dichter, der andre aber Schauspieler und Taugenichts
war, vorgeführt. Es ist wahrlich keine kleine Aufgabe gewesen, sich dnrch diese
Litteratur durchzuarbeiten, die an Umfang der zur Zeit von Shakespeares Geburt
zuerst ausgetretnen Seeschlange gleicht und mit dieser die Eigenschaft gemein hat,
immer wieder von Zeit zu Zeit aufzutauchen. Sogar seit Lönings Buch ist schon
wieder einiges über Hamlet erschienen, und auch trotz Löning wird die Hamlet¬
litteratur lustig weiter leben und wachsen! Die ausländische Litteratur ist scheinbar
nicht beachtet, doch werden gelegentlich nicht nnr ihre Hanpterscheinnngen, sondern
auch ihre Auswüchse angeführt. Es fehlt weder Vinings verdienstvolle Entdeckung,
daß Hamlet tswiniui Föneris gewesen sei, noch die des Serjennt Ziem, wonach
Hamlet ein Betrüger ist, der einen Spießgesellen als Geist seines Vaters spicken
läßt, um den armen lammfrommen König Claudius beim Volke in Mißachtung zu
bringen. Wie schade, daß dem Verfasser der „Original-Shakespeareroman: 8olu8
einen Lota" von Schuttes entgangen ist! Er hätte auch hieraus uoch manches über
Shakespeare-Hamlet erfahren, unter anderen hören können, daß das Urbild der
Ophelia Kätherle hieß und im gesegneten Schwnbenlnnd lebte. Nun, je öder und
umfangreicher die Hamletlitteratnr ist, um so mehr verdient der Eifer Lönings
Anerkennung, der davor nicht zurückgeschreckt ist, sondern sich tapfer durchgeschlagen
hat. Dies wird es in Zukunft vielen Fachleuten ersparen, sich selbst durch diese
gmize Litteratur durchzuarbeiten.
Im zweiten Teil kommt der Verfasser dazu, seine eigne Ansicht über Hamlet
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |