Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Der langweilige Uammeicherr Denn endlich, welch eine Verdammnis, welch eine Knechtung will die Der langweilige Kammerherr von "Lharlotte Niese (Schluß) a, nahstens is denn wieder Koinedi gespielt worden. Ein paar Der langweilige Uammeicherr Denn endlich, welch eine Verdammnis, welch eine Knechtung will die Der langweilige Kammerherr von «Lharlotte Niese (Schluß) a, nahstens is denn wieder Koinedi gespielt worden. Ein paar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0598" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213712"/> <fw type="header" place="top"> Der langweilige Uammeicherr</fw><lb/> <p xml:id="ID_1856"> Denn endlich, welch eine Verdammnis, welch eine Knechtung will die<lb/> Anschauung, will die Doktrin von dem Alleinrecht der „sozialen Kunst," die im<lb/> Kampf als Führerin auftreten soll, der Freiheit des Künstlers und Dichters<lb/> bereiten! Gelänge es, diese fanatische Einseitigkeit auch mir eine Zeit , lang<lb/> zur Herrschaft zu bringen, so möchten sich Landschaftsmaler und Musiker dieser<lb/> Zeit freuen. Der unausrottbare Drang nach reiner und erquickender Kunst<lb/> würde sich stärker und ausschließlicher als je den beiden einzigen Kunstgebieten,<lb/> die dem Tendeuzmißbrauch nicht verfallen könnten, zuwenden. Es kann ja<lb/> sein, daß das Getöse der Agitation für einige Jahre die Stimmen lebendiger<lb/> und echter Poesie übertäubt. Die Poesie aber, dieselbe Poesie, uach deren<lb/> uraltem Recht der Dichter der Odyssee dem Sauhirten Eumüos das Gefühl<lb/> der Treue in die Brust gelegt, Calderon mitten in dem aristokratischen Spanien<lb/> dem Bauern Crespo den höchsten Stolz und das reizbarste Bewußtsein der<lb/> Ehre geliehen hat, wird sich weder abhalten lassen, das Herz und jede mensch¬<lb/> lich edle Faser auch in dem Ärmsten und Gedrücktesten zu ehren, noch<lb/> wird sie sich zwingen lassen, jedes Menschenbild und jeden Lebenskreis, die<lb/> nicht dem Proletariat angehören, in wüster Verzerrung zu sehn und wieder¬<lb/> zugeben. Immer ist es ein Zeichen der Zeit, daß derlei Auseinander¬<lb/> setzungen überhaupt nötig werden. I>r. Emil Reich hat ganz Recht: „Der<lb/> Mensch ist von Natur aus egoistisch, diesen Naturtrieb in billige Rücksicht¬<lb/> nahme s!^ auf andre zu verwandeln, darin besteht eben das echte Wesen der<lb/> Kultur." Ob es der rechte Weg zu dieser Kultur ist, die „soziale Frage"<lb/> im Sinne von Gerhart Hauptmanns „Webern" und John Henry Mnckays<lb/> „Anarchisten" zu behandeln, das bleibt eben die Frage.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der langweilige Kammerherr<lb/><note type="byline"> von «Lharlotte Niese</note> (Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_1857" next="#ID_1858"> a, nahstens is denn wieder Koinedi gespielt worden. Ein paar<lb/> französche Herrschaftens jachterten mien Dutzend Lämmern zwischen<lb/> die Klissens herum und sagten Versens auf. Das war grasig<lb/> langweilig, und ich sagt zu Piähr, die Lcunmers sollten doch<lb/> man geslachtet werden, damit ein büschen Leben in das alte<lb/> Stück käm. Er abers sagte, das wär keine Mode, und so is das Vieh¬<lb/> zeug wieder in Stall gebracht worden, als die Gesellschaft zu Ende war.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0598]
Der langweilige Uammeicherr
Denn endlich, welch eine Verdammnis, welch eine Knechtung will die
Anschauung, will die Doktrin von dem Alleinrecht der „sozialen Kunst," die im
Kampf als Führerin auftreten soll, der Freiheit des Künstlers und Dichters
bereiten! Gelänge es, diese fanatische Einseitigkeit auch mir eine Zeit , lang
zur Herrschaft zu bringen, so möchten sich Landschaftsmaler und Musiker dieser
Zeit freuen. Der unausrottbare Drang nach reiner und erquickender Kunst
würde sich stärker und ausschließlicher als je den beiden einzigen Kunstgebieten,
die dem Tendeuzmißbrauch nicht verfallen könnten, zuwenden. Es kann ja
sein, daß das Getöse der Agitation für einige Jahre die Stimmen lebendiger
und echter Poesie übertäubt. Die Poesie aber, dieselbe Poesie, uach deren
uraltem Recht der Dichter der Odyssee dem Sauhirten Eumüos das Gefühl
der Treue in die Brust gelegt, Calderon mitten in dem aristokratischen Spanien
dem Bauern Crespo den höchsten Stolz und das reizbarste Bewußtsein der
Ehre geliehen hat, wird sich weder abhalten lassen, das Herz und jede mensch¬
lich edle Faser auch in dem Ärmsten und Gedrücktesten zu ehren, noch
wird sie sich zwingen lassen, jedes Menschenbild und jeden Lebenskreis, die
nicht dem Proletariat angehören, in wüster Verzerrung zu sehn und wieder¬
zugeben. Immer ist es ein Zeichen der Zeit, daß derlei Auseinander¬
setzungen überhaupt nötig werden. I>r. Emil Reich hat ganz Recht: „Der
Mensch ist von Natur aus egoistisch, diesen Naturtrieb in billige Rücksicht¬
nahme s!^ auf andre zu verwandeln, darin besteht eben das echte Wesen der
Kultur." Ob es der rechte Weg zu dieser Kultur ist, die „soziale Frage"
im Sinne von Gerhart Hauptmanns „Webern" und John Henry Mnckays
„Anarchisten" zu behandeln, das bleibt eben die Frage.
Der langweilige Kammerherr
von «Lharlotte Niese (Schluß)
a, nahstens is denn wieder Koinedi gespielt worden. Ein paar
französche Herrschaftens jachterten mien Dutzend Lämmern zwischen
die Klissens herum und sagten Versens auf. Das war grasig
langweilig, und ich sagt zu Piähr, die Lcunmers sollten doch
man geslachtet werden, damit ein büschen Leben in das alte
Stück käm. Er abers sagte, das wär keine Mode, und so is das Vieh¬
zeug wieder in Stall gebracht worden, als die Gesellschaft zu Ende war.
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