Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Versöhnung zwischen seiner wissenschaftlichen Überzeugung und seinen Herzens¬ Einstweilen aber können wir uns des Gegensatzes freuen, den die eiteln Die christliche Mission in (Lhina le immer noch nicht ganz beendete, außergewöhnlich umfangreiche Versöhnung zwischen seiner wissenschaftlichen Überzeugung und seinen Herzens¬ Einstweilen aber können wir uns des Gegensatzes freuen, den die eiteln Die christliche Mission in (Lhina le immer noch nicht ganz beendete, außergewöhnlich umfangreiche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0571" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213685"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1787" prev="#ID_1786"> Versöhnung zwischen seiner wissenschaftlichen Überzeugung und seinen Herzens¬<lb/> wünschen suchend, sich in der Hoffnung wiegt, daß sich Frankreich zu der an¬<lb/> empfohlenen Seelenruhe bequemen und sich „aus demographischen Rücksichten"<lb/> in die Lage der Dinge schicken und auf die Wiedergewinnung von Elsaß-<lb/> Lothringen verzichten werde. Die bittern Wahrheiten, die Levasseur seinen<lb/> Landsleuten vorhält, die ernsten Mahnungen, die in den Zühluugsergebnissen<lb/> der letzten Jahre liegen, werden wohl nicht imstande sein, Frankreich zu der<lb/> Überzeugung zu bekehren, daß es auf dem Wege sei, das Programm einer<lb/> „problematischen Natur" zu verfolgen, die Wollen und Können nicht in Ein¬<lb/> klang bringen kaun. Freilich werden noch Jahre vergehen, bis Frankreich<lb/> durch die Störungen im Aufbau der Altersklassen genötigt sein wird, seine<lb/> Machtentfaltung einzuschränken. Frankreich nähert sich erst den Schranken,<lb/> die durch die Zahlen gebildet werden; dann bleibt noch immer der Wettstreit<lb/> zwischen den Völkern, die ihre Steuerkräfte und die finanzielle Leistungsfähig¬<lb/> keit, daneben Opfermut und nationale Begeisterung messen. Deutschland würde<lb/> einen großen Fehler begehen, wenn es aus den vorliegenden Zahlen voreilige<lb/> Schlüsse zöge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1788"> Einstweilen aber können wir uns des Gegensatzes freuen, den die eiteln<lb/> Phrasen des zweiten Kaiserreichs und die Redensarten der rnchedurstigen Maul¬<lb/> helden der Neuzeit zu den schlichten, ernsten Geständnissen des Akademikers<lb/> Levasseur bilden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die christliche Mission in (Lhina</head><lb/> <p xml:id="ID_1789" next="#ID_1790"> le immer noch nicht ganz beendete, außergewöhnlich umfangreiche<lb/> Bewegung gegen die Missionen in China hat das Interesse des<lb/> Abendlandes für die Missivnsbestrebnngen der christlichen Kirchen<lb/> im großen Reiche der Mitte wachgerufen. Man fragt sich: was<lb/> Rist von ihnen gethan worden, und was für Erfolge haben sie<lb/> anzuweisen? Außerhalb der unmittelbar beteiligten Kreise ahnen wohl nur<lb/> wenige Menschen, welche Unsummen von Geld und geistiger Kraft die katholische<lb/> Kirche seit Jahrhunderten und die evangelische seit Jahrzehnten zur Bekehrung<lb/> der Chinesen aufgewendet hat. In den Annalen dieser Mission finden sich die<lb/> glänzendsten Beispiele von Thatkraft, Entsagung und Opfermut der Sendboten,<lb/> ^'vn glaubensstarker Treue der Bekehrten bis in deu Tod, aber auch viel ver¬<lb/> ehrt angefangne Werke und nutzlos aufgewandte Mühe. Daß im ganzen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0571]
Versöhnung zwischen seiner wissenschaftlichen Überzeugung und seinen Herzens¬
wünschen suchend, sich in der Hoffnung wiegt, daß sich Frankreich zu der an¬
empfohlenen Seelenruhe bequemen und sich „aus demographischen Rücksichten"
in die Lage der Dinge schicken und auf die Wiedergewinnung von Elsaß-
Lothringen verzichten werde. Die bittern Wahrheiten, die Levasseur seinen
Landsleuten vorhält, die ernsten Mahnungen, die in den Zühluugsergebnissen
der letzten Jahre liegen, werden wohl nicht imstande sein, Frankreich zu der
Überzeugung zu bekehren, daß es auf dem Wege sei, das Programm einer
„problematischen Natur" zu verfolgen, die Wollen und Können nicht in Ein¬
klang bringen kaun. Freilich werden noch Jahre vergehen, bis Frankreich
durch die Störungen im Aufbau der Altersklassen genötigt sein wird, seine
Machtentfaltung einzuschränken. Frankreich nähert sich erst den Schranken,
die durch die Zahlen gebildet werden; dann bleibt noch immer der Wettstreit
zwischen den Völkern, die ihre Steuerkräfte und die finanzielle Leistungsfähig¬
keit, daneben Opfermut und nationale Begeisterung messen. Deutschland würde
einen großen Fehler begehen, wenn es aus den vorliegenden Zahlen voreilige
Schlüsse zöge.
Einstweilen aber können wir uns des Gegensatzes freuen, den die eiteln
Phrasen des zweiten Kaiserreichs und die Redensarten der rnchedurstigen Maul¬
helden der Neuzeit zu den schlichten, ernsten Geständnissen des Akademikers
Levasseur bilden.
Die christliche Mission in (Lhina
le immer noch nicht ganz beendete, außergewöhnlich umfangreiche
Bewegung gegen die Missionen in China hat das Interesse des
Abendlandes für die Missivnsbestrebnngen der christlichen Kirchen
im großen Reiche der Mitte wachgerufen. Man fragt sich: was
Rist von ihnen gethan worden, und was für Erfolge haben sie
anzuweisen? Außerhalb der unmittelbar beteiligten Kreise ahnen wohl nur
wenige Menschen, welche Unsummen von Geld und geistiger Kraft die katholische
Kirche seit Jahrhunderten und die evangelische seit Jahrzehnten zur Bekehrung
der Chinesen aufgewendet hat. In den Annalen dieser Mission finden sich die
glänzendsten Beispiele von Thatkraft, Entsagung und Opfermut der Sendboten,
^'vn glaubensstarker Treue der Bekehrten bis in deu Tod, aber auch viel ver¬
ehrt angefangne Werke und nutzlos aufgewandte Mühe. Daß im ganzen
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