Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Theaterreformen Von Leonhard" Lier (Schlns!) och ein wesentlicher Zug aus dem Bilde der jetzt bestehenden Ehe wir nun nach der Beleuchtung der mannichfachen Vorschläge und Theaterreformen Von Leonhard» Lier (Schlns!) och ein wesentlicher Zug aus dem Bilde der jetzt bestehenden Ehe wir nun nach der Beleuchtung der mannichfachen Vorschläge und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213558"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341855_213113/figures/grenzboten_341855_213113_213558_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Theaterreformen<lb/><note type="byline"> Von Leonhard» Lier</note> (Schlns!)</head><lb/> <p xml:id="ID_1336"> och ein wesentlicher Zug aus dem Bilde der jetzt bestehenden<lb/> Volksbühnen verdient hervorgehoben zu werden. So weit sie<lb/> nicht, wie es leider mehr und mehr der Fall ist, Statten des<lb/> Erwerbs geworden sind, stellen sie sich die Aufgabe, der Kunst<lb/> um ihrer selbst willen zu dienen und an Einkünften entweder<lb/> nur so viel zu erzielen, als zur Deckung der Kosten unbedingt erforderlich ist,<lb/> oder etwaige Überschüsse einem wohlthätigen Zwecke zuzuweisen. Die Trennung<lb/> der Kunst von den sie so unheilvoll beeinflussenden Zwecken des Erwerbs ist<lb/> jedenfalls einer der fruchtbarsten und gesundesten Gedanken, die zur Errichtung<lb/> von Volksbühnen geführt haben, denn sie setzt das Messer an dem bösesten<lb/> Fleck der gegenwärtigen Zustände an. So viel uus bekannt ist, ist auch die<lb/> von Bruno Wille und andern gegründete Freie Volksbühne in Berlin, die,<lb/> wenn auch von begrenztem Parteistandpuukt geleitet, doch dazu beiträgt, den<lb/> Sinn für Kunst in die unbemittelter» Schichten der Bevölkerung zu tragen<lb/> und zu pflegen, auf diesem Grundgedanken aufgebaut.</p><lb/> <p xml:id="ID_1337" next="#ID_1338"> Ehe wir nun nach der Beleuchtung der mannichfachen Vorschläge und<lb/> Versuche zur Besserung der bestehenden Vühnenverhältnisse unsrerseits mit<lb/> einem eignen Vorschlag hervortreten, wollen wir nochmals kurz die leitenden<lb/> Gesichtspunkte nennen, von denen aus wir die ganze Frage betrachten zu<lb/> müssen glauben. Das Theater, als eine mit dem Volksleben in engen Be¬<lb/> ziehungen stehende Einrichtung, darf und wird auch von allen denen, die es<lb/> einer Reform für bedürftig halten, nicht lediglich vom künstlerischen und litte¬<lb/> rarischen Standpunkt betrachtet werden, sondern eben im Zusammenhange mit<lb/> der Gesellschaft, deren Unterhaltung, Bildung und Erhebung es zu dienen be¬<lb/> rufen ist. Wenn man auch nicht mehr mit Lessing die Schaubühne als eine<lb/> moralische Anstalt wird betrachtet wissen wollen — unter den gegenwärtigen<lb/> Verhältnissen wäre das sogar ein bitterer Spott! - , so wird man ihr doch<lb/> mittelbar die Aufgabe der Volksbildung stellen müssen. Dieser aber sind,<lb/> natürlich in Richtung und Stärke in verschiedner Weise, alle Schichten der<lb/> Bevölkerung von unten bis oben hinauf dringend bedürftig. Die Frage der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
[Abbildung]
Theaterreformen
Von Leonhard» Lier (Schlns!)
och ein wesentlicher Zug aus dem Bilde der jetzt bestehenden
Volksbühnen verdient hervorgehoben zu werden. So weit sie
nicht, wie es leider mehr und mehr der Fall ist, Statten des
Erwerbs geworden sind, stellen sie sich die Aufgabe, der Kunst
um ihrer selbst willen zu dienen und an Einkünften entweder
nur so viel zu erzielen, als zur Deckung der Kosten unbedingt erforderlich ist,
oder etwaige Überschüsse einem wohlthätigen Zwecke zuzuweisen. Die Trennung
der Kunst von den sie so unheilvoll beeinflussenden Zwecken des Erwerbs ist
jedenfalls einer der fruchtbarsten und gesundesten Gedanken, die zur Errichtung
von Volksbühnen geführt haben, denn sie setzt das Messer an dem bösesten
Fleck der gegenwärtigen Zustände an. So viel uus bekannt ist, ist auch die
von Bruno Wille und andern gegründete Freie Volksbühne in Berlin, die,
wenn auch von begrenztem Parteistandpuukt geleitet, doch dazu beiträgt, den
Sinn für Kunst in die unbemittelter» Schichten der Bevölkerung zu tragen
und zu pflegen, auf diesem Grundgedanken aufgebaut.
Ehe wir nun nach der Beleuchtung der mannichfachen Vorschläge und
Versuche zur Besserung der bestehenden Vühnenverhältnisse unsrerseits mit
einem eignen Vorschlag hervortreten, wollen wir nochmals kurz die leitenden
Gesichtspunkte nennen, von denen aus wir die ganze Frage betrachten zu
müssen glauben. Das Theater, als eine mit dem Volksleben in engen Be¬
ziehungen stehende Einrichtung, darf und wird auch von allen denen, die es
einer Reform für bedürftig halten, nicht lediglich vom künstlerischen und litte¬
rarischen Standpunkt betrachtet werden, sondern eben im Zusammenhange mit
der Gesellschaft, deren Unterhaltung, Bildung und Erhebung es zu dienen be¬
rufen ist. Wenn man auch nicht mehr mit Lessing die Schaubühne als eine
moralische Anstalt wird betrachtet wissen wollen — unter den gegenwärtigen
Verhältnissen wäre das sogar ein bitterer Spott! - , so wird man ihr doch
mittelbar die Aufgabe der Volksbildung stellen müssen. Dieser aber sind,
natürlich in Richtung und Stärke in verschiedner Weise, alle Schichten der
Bevölkerung von unten bis oben hinauf dringend bedürftig. Die Frage der
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