Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.ihrer freuen können ohne Vorbehalt. Auch aus diesem Grunde wird die Epilog zur Wiener Ausstellung An ist der Vorhang gefallen, und das Stück, das ein halbes Gestehen wir es uns nur: die ganze Ausstellung war so, wie sie sich ihrer freuen können ohne Vorbehalt. Auch aus diesem Grunde wird die Epilog zur Wiener Ausstellung An ist der Vorhang gefallen, und das Stück, das ein halbes Gestehen wir es uns nur: die ganze Ausstellung war so, wie sie sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213388"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_811" prev="#ID_810"> ihrer freuen können ohne Vorbehalt. Auch aus diesem Grunde wird die<lb/> Erinnerung an die große Zeit, die ihre vereinigte Arbeit heraufgeführt hat,<lb/> ein Jungbrunnen sein für die kommenden Geschlechter, und in diesem Sinne<lb/> heißen wir alles willkommen, was jene Männer uns näher bringt, näher, als<lb/> sie uns standen, da sie unter uns lebten, aber getrennt von uns durch die<lb/> Schranken der menschlichen Dinge.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Epilog zur Wiener Ausstellung</head><lb/> <p xml:id="ID_812"> An ist der Vorhang gefallen, und das Stück, das ein halbes<lb/> Jahr lang unter dem angestrengten Beifall der Presse gespielt<lb/> wurde, ist aus. Sonntag den 9. Oktober wurde zum letztenmale<lb/> gespielt, zwar nicht im Ausstellungstheater, aber doch auch Ko¬<lb/> mödie. In feierlichen Ansprachen versicherte man sich gegen¬<lb/> seitig den großen Nutzen, den die Ausstellung für Kunst und Wissenschaft ge¬<lb/> bracht habe, und daß die Früchte, die sie tragen würde, natürlich nicht jetzt<lb/> schon sichtbar sein könnten, sich aber ohne Zweifel in Zukunft reichlich zeigen<lb/> würden. Nun, das wollen wir abwarten, inzwischen aber darf man sich viel¬<lb/> leicht eignen Gedanken hingeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_813" next="#ID_814"> Gestehen wir es uns nur: die ganze Ausstellung war so, wie sie sich<lb/> unter der Führung ihres Generaldirektors gestaltet hat (und gestalten mußte),<lb/> das Werk einer ganz merkwürdigen Verkennung der menschlichen Natur. Sie<lb/> glich einem Gespann, woran ein ganz verschiednes Paar von Zugtieren ge¬<lb/> schirrt ist, und das darum weder vorwärts kommt, noch geradeaus geht, son¬<lb/> dern immerfort mit sich selber zu thun hat. Die große Masse mit antiqua¬<lb/> rischen Schätzen anziehen zu wollen, war ein Irrtum, und es war auch ur¬<lb/> sprünglich gar nicht geplant. Um alte Manuskripte, alte Bücher, alte Instru¬<lb/> mente, alte Bilder genießen zu können, muß man schon eine gewisse Summe<lb/> geschichtlicher Bildung mitbringen, die man nur bei dem kleinern (kleinsten! DR)<lb/> Teil des Publikums voraussetzen darf. Der gewöhnliche Mensch lebt der Gegen¬<lb/> wart und dem Genusse, der je nach seiner Anlage mehr oder weniger edel ist.<lb/> Geschichtliche Betrachtung aber ist den allermeisten Menschen kein Genuß, son¬<lb/> dern Anstrengung. Darum werden die Museen viel weniger besucht als die<lb/> Ausstellungen neuer Bilder. Und die Ausstellung war ein Museum — eines<lb/> der merkwürdigsten freilich, das je zu sehen gewesen ist, aber immerhin ein<lb/> Museum und darum allein schon auf ein kleines Publikum beschränkt. Nun<lb/> war aber dieses Museum zugleich mit einer GeWerbeausstellung verbunden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
ihrer freuen können ohne Vorbehalt. Auch aus diesem Grunde wird die
Erinnerung an die große Zeit, die ihre vereinigte Arbeit heraufgeführt hat,
ein Jungbrunnen sein für die kommenden Geschlechter, und in diesem Sinne
heißen wir alles willkommen, was jene Männer uns näher bringt, näher, als
sie uns standen, da sie unter uns lebten, aber getrennt von uns durch die
Schranken der menschlichen Dinge.
Epilog zur Wiener Ausstellung
An ist der Vorhang gefallen, und das Stück, das ein halbes
Jahr lang unter dem angestrengten Beifall der Presse gespielt
wurde, ist aus. Sonntag den 9. Oktober wurde zum letztenmale
gespielt, zwar nicht im Ausstellungstheater, aber doch auch Ko¬
mödie. In feierlichen Ansprachen versicherte man sich gegen¬
seitig den großen Nutzen, den die Ausstellung für Kunst und Wissenschaft ge¬
bracht habe, und daß die Früchte, die sie tragen würde, natürlich nicht jetzt
schon sichtbar sein könnten, sich aber ohne Zweifel in Zukunft reichlich zeigen
würden. Nun, das wollen wir abwarten, inzwischen aber darf man sich viel¬
leicht eignen Gedanken hingeben.
Gestehen wir es uns nur: die ganze Ausstellung war so, wie sie sich
unter der Führung ihres Generaldirektors gestaltet hat (und gestalten mußte),
das Werk einer ganz merkwürdigen Verkennung der menschlichen Natur. Sie
glich einem Gespann, woran ein ganz verschiednes Paar von Zugtieren ge¬
schirrt ist, und das darum weder vorwärts kommt, noch geradeaus geht, son¬
dern immerfort mit sich selber zu thun hat. Die große Masse mit antiqua¬
rischen Schätzen anziehen zu wollen, war ein Irrtum, und es war auch ur¬
sprünglich gar nicht geplant. Um alte Manuskripte, alte Bücher, alte Instru¬
mente, alte Bilder genießen zu können, muß man schon eine gewisse Summe
geschichtlicher Bildung mitbringen, die man nur bei dem kleinern (kleinsten! DR)
Teil des Publikums voraussetzen darf. Der gewöhnliche Mensch lebt der Gegen¬
wart und dem Genusse, der je nach seiner Anlage mehr oder weniger edel ist.
Geschichtliche Betrachtung aber ist den allermeisten Menschen kein Genuß, son¬
dern Anstrengung. Darum werden die Museen viel weniger besucht als die
Ausstellungen neuer Bilder. Und die Ausstellung war ein Museum — eines
der merkwürdigsten freilich, das je zu sehen gewesen ist, aber immerhin ein
Museum und darum allein schon auf ein kleines Publikum beschränkt. Nun
war aber dieses Museum zugleich mit einer GeWerbeausstellung verbunden
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