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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Ganz gewiß nicht, dein, es bildet einen sehr bedeutenden Bruchteil unsrer
Gesellschaft nud wird und muß daher als die Vertretung des beweglichen Ver¬
mögens und bestimmter hvchbedcnteuder Verufsarten in deu parlamentarischen
Körperschaften nach wie vor seine Bedürfnisse zur Geltung bringen. Aber es
wird künftighin weder die rein politische noch die wirtschaftliche Entwicklung
in dem Grade beherrschen, wie es ihm jahrzehntelang möglich gewesen ist, so
lange, als es die wesentlichste Stütze des nationalen Gedankens abgab und die
uichtbürgerlichen Elemente unsers Volkes sich jenein Gedanken noch versagten,
es wird auf die lauge festgehaltue Einbildung verzichten müssen, daß es mit
dem "Volke" zusammenfalle. Einen maßgebenden Einfluß, einen Einfluß, wie
er seiner materiellen und geistigen Kraft entspricht, wird es nur dann wieder-
gewinnen können, wenn es sich neue Ideale schafft an Stelle der erfüllten oder
abgelebte".




^oldatemnißhandlungen

o oft sich der Reichstag mit der Beratung des Militnrhanöhalts
beschäftigt, bringen Deutschfreisümige und Sozialdemokraten
Soldateumißhandlungen zur Sprache. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß gerade diese Rcichstagsverhandlnngen im Auslande
und hauptsächlich bei unsern westlichen Nachbarn Mit Behage"
gelesen und als Beweise für deutsche Barbarei ausgenutzt werden. Mancher
Elsässer und Lothringer wandert dann nach Frankreich und erduldet in der
Fremdenlegion in Afrika und in Asien in Tvngting eine Behandlung, gegen
die unsre Militärzucht selbst da, wo sie sich im Übereifer bis zu dem juristischen
Begriff der Mißhandlung steigert, ein Kinderspiel ist. Mau lese doch uur die
Berichte von Fremdenlegivnären, deren die letzten Jahre eine ganze Anzahl
gebracht haben, um sich über die dort dienstlich verhängten Strafen zu unter-
richten, und mau wird einsehen, daß die Behandlung, die dem Soldaten im
deutschen Heere zuteil wird, durchaus human ist, soweit sie sich in deu ge¬
setzlich vorgeschriebnen Grenzen hält. Unsre Militnrstrafgesetzgelmng und unsre
Disziplinarstrafvrduuug braucht den Vergleich mit keiner gesetzlichen Bestim¬
mung der Art in ander" Staaten zu scheuen. Die rücksichtslose" Anzapfungen,
denen die Vertreter unsers Heerwesens im Reichstage gerade in dieser Richtung
ausgesetzt sind, müsse" im Auslande den Gedanken erwecke", als wäre" unsre
Strafbestimmungen mangelhaft, soweit sie sich auf Verhütung von Mi߬
handlungen beziehen, oder vielmehr als wäre die gesetzlich vorgeschriebue Be¬
handlung unsrer Soldaten eine grausame. Und doch ist das keineswegs der Fall.


Grenzboten III 1892 U

Ganz gewiß nicht, dein, es bildet einen sehr bedeutenden Bruchteil unsrer
Gesellschaft nud wird und muß daher als die Vertretung des beweglichen Ver¬
mögens und bestimmter hvchbedcnteuder Verufsarten in deu parlamentarischen
Körperschaften nach wie vor seine Bedürfnisse zur Geltung bringen. Aber es
wird künftighin weder die rein politische noch die wirtschaftliche Entwicklung
in dem Grade beherrschen, wie es ihm jahrzehntelang möglich gewesen ist, so
lange, als es die wesentlichste Stütze des nationalen Gedankens abgab und die
uichtbürgerlichen Elemente unsers Volkes sich jenein Gedanken noch versagten,
es wird auf die lauge festgehaltue Einbildung verzichten müssen, daß es mit
dem „Volke" zusammenfalle. Einen maßgebenden Einfluß, einen Einfluß, wie
er seiner materiellen und geistigen Kraft entspricht, wird es nur dann wieder-
gewinnen können, wenn es sich neue Ideale schafft an Stelle der erfüllten oder
abgelebte».




^oldatemnißhandlungen

o oft sich der Reichstag mit der Beratung des Militnrhanöhalts
beschäftigt, bringen Deutschfreisümige und Sozialdemokraten
Soldateumißhandlungen zur Sprache. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß gerade diese Rcichstagsverhandlnngen im Auslande
und hauptsächlich bei unsern westlichen Nachbarn Mit Behage»
gelesen und als Beweise für deutsche Barbarei ausgenutzt werden. Mancher
Elsässer und Lothringer wandert dann nach Frankreich und erduldet in der
Fremdenlegion in Afrika und in Asien in Tvngting eine Behandlung, gegen
die unsre Militärzucht selbst da, wo sie sich im Übereifer bis zu dem juristischen
Begriff der Mißhandlung steigert, ein Kinderspiel ist. Mau lese doch uur die
Berichte von Fremdenlegivnären, deren die letzten Jahre eine ganze Anzahl
gebracht haben, um sich über die dort dienstlich verhängten Strafen zu unter-
richten, und mau wird einsehen, daß die Behandlung, die dem Soldaten im
deutschen Heere zuteil wird, durchaus human ist, soweit sie sich in deu ge¬
setzlich vorgeschriebnen Grenzen hält. Unsre Militnrstrafgesetzgelmng und unsre
Disziplinarstrafvrduuug braucht den Vergleich mit keiner gesetzlichen Bestim¬
mung der Art in ander» Staaten zu scheuen. Die rücksichtslose» Anzapfungen,
denen die Vertreter unsers Heerwesens im Reichstage gerade in dieser Richtung
ausgesetzt sind, müsse» im Auslande den Gedanken erwecke», als wäre» unsre
Strafbestimmungen mangelhaft, soweit sie sich auf Verhütung von Mi߬
handlungen beziehen, oder vielmehr als wäre die gesetzlich vorgeschriebue Be¬
handlung unsrer Soldaten eine grausame. Und doch ist das keineswegs der Fall.


Grenzboten III 1892 U
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[0017] Ganz gewiß nicht, dein, es bildet einen sehr bedeutenden Bruchteil unsrer Gesellschaft nud wird und muß daher als die Vertretung des beweglichen Ver¬ mögens und bestimmter hvchbedcnteuder Verufsarten in deu parlamentarischen Körperschaften nach wie vor seine Bedürfnisse zur Geltung bringen. Aber es wird künftighin weder die rein politische noch die wirtschaftliche Entwicklung in dem Grade beherrschen, wie es ihm jahrzehntelang möglich gewesen ist, so lange, als es die wesentlichste Stütze des nationalen Gedankens abgab und die uichtbürgerlichen Elemente unsers Volkes sich jenein Gedanken noch versagten, es wird auf die lauge festgehaltue Einbildung verzichten müssen, daß es mit dem „Volke" zusammenfalle. Einen maßgebenden Einfluß, einen Einfluß, wie er seiner materiellen und geistigen Kraft entspricht, wird es nur dann wieder- gewinnen können, wenn es sich neue Ideale schafft an Stelle der erfüllten oder abgelebte». ^oldatemnißhandlungen o oft sich der Reichstag mit der Beratung des Militnrhanöhalts beschäftigt, bringen Deutschfreisümige und Sozialdemokraten Soldateumißhandlungen zur Sprache. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade diese Rcichstagsverhandlnngen im Auslande und hauptsächlich bei unsern westlichen Nachbarn Mit Behage» gelesen und als Beweise für deutsche Barbarei ausgenutzt werden. Mancher Elsässer und Lothringer wandert dann nach Frankreich und erduldet in der Fremdenlegion in Afrika und in Asien in Tvngting eine Behandlung, gegen die unsre Militärzucht selbst da, wo sie sich im Übereifer bis zu dem juristischen Begriff der Mißhandlung steigert, ein Kinderspiel ist. Mau lese doch uur die Berichte von Fremdenlegivnären, deren die letzten Jahre eine ganze Anzahl gebracht haben, um sich über die dort dienstlich verhängten Strafen zu unter- richten, und mau wird einsehen, daß die Behandlung, die dem Soldaten im deutschen Heere zuteil wird, durchaus human ist, soweit sie sich in deu ge¬ setzlich vorgeschriebnen Grenzen hält. Unsre Militnrstrafgesetzgelmng und unsre Disziplinarstrafvrduuug braucht den Vergleich mit keiner gesetzlichen Bestim¬ mung der Art in ander» Staaten zu scheuen. Die rücksichtslose» Anzapfungen, denen die Vertreter unsers Heerwesens im Reichstage gerade in dieser Richtung ausgesetzt sind, müsse» im Auslande den Gedanken erwecke», als wäre» unsre Strafbestimmungen mangelhaft, soweit sie sich auf Verhütung von Mi߬ handlungen beziehen, oder vielmehr als wäre die gesetzlich vorgeschriebue Be¬ handlung unsrer Soldaten eine grausame. Und doch ist das keineswegs der Fall. Grenzboten III 1892 U

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/17>, abgerufen am 05.01.2025.