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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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verstärkt durch die unvernünftige Münzpolitik der Vereinigten Staaten, die ihren
Silberprvduzenten zu Gefallen das Gold, das sie aus Europa ziehen könnten,
gar nicht haben möchten. Das sei, meint der "Economist," eine ernste Mahnung
für Österreichs Staatsmänner, "den Zufall zum Glück zu bändigen," d. h. die
günstige Gelegenheit zu benützen und endlich einmal die Valntaregulirnng
vorzunehmen, also das Papiergeld durch Gold zu ersetzen! Ob die Gold¬
währung so große Vorzüge vor der Papierwährung habe, daß sie unbedingt
angestrebt werden müsse, ist eine sehr schwierige Frage, auf die wir uns nicht
einlassen wollen. Vielleicht werden in Österreich gerade nach dieser glänzenden
und wohl ebenso wie das Schauergemälde des russischen Elends ein wenig
iibertriebnen Schilderung des österreichischen Volkswohlstandes sehr viele fragen:
ja, warum sollen wir denn unsre Guldenscheinerl mit Goldstücken vertauschen,
wenn es wahr ist, daß wir mit unserm Lumpengelde immer reicher, die Deutschen
aber mit ihren schönen Zwanzigmarkstücken immer ärmer geworden sind?
Schöner und verlockender ist Gold als Papier, gar keine Frage! Ob aber
nützlicher als Tauschmittel -- ausgenommen im Auslandsverkehr, wo es nicht
entbehrt werden kann --, das läßt sich schwer entscheiden. Jedenfalls sehen
wir in diesem ganz spontanen Einströmen des Goldes nach Österreich, das
nicht das Werk planvoller Staatskunst ist, eine neue Bestätigung des Wortes des
alten Adam Smith, daß das Geld mehr den Gütern nachläuft, als die Güter dem
Gelde nachlaufen. None^ meos88g,rak/ ruus aller Moas, but Aooäs 60 rive i>1v^8
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besitzt Bodenschätze, die seine Bewohner nicht ganz verbrauchen, während es
andern Völkern daran fehlt; darum rennt dieser andern Völker Geld dorthin.
Das ist die lehrreiche Kernwahrheit, um die sich diese ganze Betrachtung dreht.




Friedrich Myconius
von Gotthold Kreyenberg

er englische Philosoph Herbert Spencer ist in Deutschland, trotz
der Verdienstvolleu Arbeiten Michelets und Fischers über ihn,
als Vertreter seiner eigentümlichen Entwicklung!-- oder, da es
einmal ohne Fremdwörter nicht zu gehen scheint, Evolutions-
^philosophie verhältnismäßig noch wenig bekannt. Mehr Glück
hat seine "Erziehungslehre" gehabt, seine, wie der englische Titel lautet,
MuoÄlou, intsllgowick, moral unä vllMcnI. Es ist das ein "Buch der Eltern"
oder eins, das wenigstens die Eltern lesen sollten, dem Hegelschen Idealismus


verstärkt durch die unvernünftige Münzpolitik der Vereinigten Staaten, die ihren
Silberprvduzenten zu Gefallen das Gold, das sie aus Europa ziehen könnten,
gar nicht haben möchten. Das sei, meint der „Economist," eine ernste Mahnung
für Österreichs Staatsmänner, „den Zufall zum Glück zu bändigen," d. h. die
günstige Gelegenheit zu benützen und endlich einmal die Valntaregulirnng
vorzunehmen, also das Papiergeld durch Gold zu ersetzen! Ob die Gold¬
währung so große Vorzüge vor der Papierwährung habe, daß sie unbedingt
angestrebt werden müsse, ist eine sehr schwierige Frage, auf die wir uns nicht
einlassen wollen. Vielleicht werden in Österreich gerade nach dieser glänzenden
und wohl ebenso wie das Schauergemälde des russischen Elends ein wenig
iibertriebnen Schilderung des österreichischen Volkswohlstandes sehr viele fragen:
ja, warum sollen wir denn unsre Guldenscheinerl mit Goldstücken vertauschen,
wenn es wahr ist, daß wir mit unserm Lumpengelde immer reicher, die Deutschen
aber mit ihren schönen Zwanzigmarkstücken immer ärmer geworden sind?
Schöner und verlockender ist Gold als Papier, gar keine Frage! Ob aber
nützlicher als Tauschmittel — ausgenommen im Auslandsverkehr, wo es nicht
entbehrt werden kann —, das läßt sich schwer entscheiden. Jedenfalls sehen
wir in diesem ganz spontanen Einströmen des Goldes nach Österreich, das
nicht das Werk planvoller Staatskunst ist, eine neue Bestätigung des Wortes des
alten Adam Smith, daß das Geld mehr den Gütern nachläuft, als die Güter dem
Gelde nachlaufen. None^ meos88g,rak/ ruus aller Moas, but Aooäs 60 rive i>1v^8
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besitzt Bodenschätze, die seine Bewohner nicht ganz verbrauchen, während es
andern Völkern daran fehlt; darum rennt dieser andern Völker Geld dorthin.
Das ist die lehrreiche Kernwahrheit, um die sich diese ganze Betrachtung dreht.




Friedrich Myconius
von Gotthold Kreyenberg

er englische Philosoph Herbert Spencer ist in Deutschland, trotz
der Verdienstvolleu Arbeiten Michelets und Fischers über ihn,
als Vertreter seiner eigentümlichen Entwicklung!-- oder, da es
einmal ohne Fremdwörter nicht zu gehen scheint, Evolutions-
^philosophie verhältnismäßig noch wenig bekannt. Mehr Glück
hat seine „Erziehungslehre" gehabt, seine, wie der englische Titel lautet,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/122>, abgerufen am 23.07.2024.