Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Verhandlungen einmischen konnte." Glücklicherweise wird der Sextaner schon so Diese Proben genügen wohl zur Charakteristik. Erwähnt werden mag nur Wie es besser zu machen sei, darauf müssen wir freilich die Autwort schuldig Ein Vorurteil. Bei Karl Winter in Heidelberg erscheint jetzt lieferungsweise Maßgebliches und Unmaßgebliches Verhandlungen einmischen konnte." Glücklicherweise wird der Sextaner schon so Diese Proben genügen wohl zur Charakteristik. Erwähnt werden mag nur Wie es besser zu machen sei, darauf müssen wir freilich die Autwort schuldig Ein Vorurteil. Bei Karl Winter in Heidelberg erscheint jetzt lieferungsweise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0434" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290203"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1220" prev="#ID_1219"> Verhandlungen einmischen konnte." Glücklicherweise wird der Sextaner schon so<lb/> viel von der vaterländischen Geschichte im Elternhause gehört haben, daß er diesen<lb/> Napoleon nicht mit seinem Oheim verwechseln kann. Seite 14 ist zu lesen: „Paris<lb/> war für ihn ^Kaiser Wilhelm 1-1 nicht zum erstenmal das Ziel einer Kriegesfahrt."<lb/> Wieso? Nur Geduld, das wird uach seinem Tode auf Seite 20 berichtet werden!<lb/> Elsaß-Lothringen mußte zurückerlaugt werden. Das „Zurück" dürfte den wi߬<lb/> begierigen Zehnjährigen zu einer Frage veranlassen, auf die er vorläufig keine<lb/> Antwort erhält. „Einmütig erhoben Deutschlands Fürsten, freie Städte und<lb/> Völker ihren Heldenführer auf Barbarossas Thron." Wer nur der Barbarossa<lb/> sein mag? „Noch nicht zehn Jahre alt flüchtete Prinz Wilhelm mit der königlichen<lb/> Familie vor Napoleon nach Königsberg, ja nach Memel. Unauslöschlich blieb für<lb/> ihn der Eindruck dieses Krieges." „Dieser" Krieg kommt fünf Seiten später um<lb/> die Reihe. „Während der Unruhen im Jahre 1848" — welcher Unruhen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1221"> Diese Proben genügen wohl zur Charakteristik. Erwähnt werden mag nur<lb/> noch, daß der Lehrstoff für Quinta folgendermaßen angeordnet ist: 1. Rudolf von<lb/> Habsburg bis Sigismund, 2. Konrad III. bis Konradin, 3. Konrad II. bis<lb/> Heinrich IV., 4. Heinrich I., Otto der Große, 5. Bonifatius, Karl der Große,<lb/> 6. Mönchswesen, Rittertum, Städtewesen. Die Erzählung bewegt sich also vom<lb/> dreizehnten bis ins fünfzehnte, vom zwölften bis gegen Ende des dreizehnte«, vom<lb/> elften bis ins zwölfte, im zehnten, im achten Jahrhundert. Sie giebt hier die<lb/> strenge Umkehr der Zeitfolge für ganze Gruppen auf, ohne doch das System zu<lb/> verlassen, demzufolge in den meisten Fällen die Wirkung vor der Ursache, das B<lb/> vor dem A erscheinen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1222"> Wie es besser zu machen sei, darauf müssen wir freilich die Autwort schuldig<lb/> bleiben. Nur das steht fest, daß sich die Aufgabe nicht so einfach lösen läßt, wie<lb/> sichs die Verfasser vorgestellt haben. Sonst bedürfte man dafür überhaupt keiner<lb/> Männer der Wissenschaft, der Buchbinder wäre nur zu beauftragen, einen vor¬<lb/> handenen Leitfaden der Geschichte nach den verschiednen Negierungsperioden aus¬<lb/> einanderzunehmen und in umgekehrter Ordnung zu heften.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Ein Vorurteil. </head> <p xml:id="ID_1223" next="#ID_1224"> Bei Karl Winter in Heidelberg erscheint jetzt lieferungsweise<lb/> eine Geschichte des deutschen Volkes vom Gymnasialdirektor G. Dittmar.<lb/> Nach den uus vorliegenden fünf Lieferungen zu urteilen wird das auf fünfzehn<lb/> Lieferungen berechnete Werk ein sehr brauchbares und empfehlenswertes Volksbuch<lb/> werden. Die neuesten Forschungen auf dem Gebiete des deutschen Wirtschaftslebens<lb/> sind darin benutzt, die wissenschaftlichen, Kunst- und sonstigen Kulturzustände finden<lb/> gebührende Berücksichtigung, die Darstellung ist lebendig, anschaulich und von warmem<lb/> Patriotismus beseelt. Freilich stimmen wir nicht mit allen Auffassungen und Ur¬<lb/> teilen des Verfassers überein, allein diese Meinungsverschiedenheiten sind nicht<lb/> wichtig genug, die Leser damit zu behelligen. Wenn wir einen einzelnen Fehler,<lb/> der unsers Erachtens den Wert des sonst trefflichen Werkes beeinträchtigt, hervor¬<lb/> heben, so geschieht es, weil er auch anderwärts häufig vorkommt. Wir meinen,<lb/> daß in populären Geschichtswerken immer noch gewisse Vorurteile gegen das Mittel¬<lb/> alter spuken, die von unsern großen Geschichtschreibern längst überwunden worden<lb/> sind. Nicht etwa daraus machen wir Dittmar einen Vorwurf, daß er die Schlechtig¬<lb/> keit der Päpste und der päpstlichen Politik als Folie für die hehren Gestalten der<lb/> deutschen Kaiser verwendet. Die schwarze Farbe dieses Hintergrundes ist echt, sie<lb/> ist von den Päpsten geliefert worden, und da sie einmal vorhanden ist, warum<lb/> sollte sie nicht zu dem angegebenen Zwecke benutzt werden? Sondern darin liegt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0434]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Verhandlungen einmischen konnte." Glücklicherweise wird der Sextaner schon so
viel von der vaterländischen Geschichte im Elternhause gehört haben, daß er diesen
Napoleon nicht mit seinem Oheim verwechseln kann. Seite 14 ist zu lesen: „Paris
war für ihn ^Kaiser Wilhelm 1-1 nicht zum erstenmal das Ziel einer Kriegesfahrt."
Wieso? Nur Geduld, das wird uach seinem Tode auf Seite 20 berichtet werden!
Elsaß-Lothringen mußte zurückerlaugt werden. Das „Zurück" dürfte den wi߬
begierigen Zehnjährigen zu einer Frage veranlassen, auf die er vorläufig keine
Antwort erhält. „Einmütig erhoben Deutschlands Fürsten, freie Städte und
Völker ihren Heldenführer auf Barbarossas Thron." Wer nur der Barbarossa
sein mag? „Noch nicht zehn Jahre alt flüchtete Prinz Wilhelm mit der königlichen
Familie vor Napoleon nach Königsberg, ja nach Memel. Unauslöschlich blieb für
ihn der Eindruck dieses Krieges." „Dieser" Krieg kommt fünf Seiten später um
die Reihe. „Während der Unruhen im Jahre 1848" — welcher Unruhen?
Diese Proben genügen wohl zur Charakteristik. Erwähnt werden mag nur
noch, daß der Lehrstoff für Quinta folgendermaßen angeordnet ist: 1. Rudolf von
Habsburg bis Sigismund, 2. Konrad III. bis Konradin, 3. Konrad II. bis
Heinrich IV., 4. Heinrich I., Otto der Große, 5. Bonifatius, Karl der Große,
6. Mönchswesen, Rittertum, Städtewesen. Die Erzählung bewegt sich also vom
dreizehnten bis ins fünfzehnte, vom zwölften bis gegen Ende des dreizehnte«, vom
elften bis ins zwölfte, im zehnten, im achten Jahrhundert. Sie giebt hier die
strenge Umkehr der Zeitfolge für ganze Gruppen auf, ohne doch das System zu
verlassen, demzufolge in den meisten Fällen die Wirkung vor der Ursache, das B
vor dem A erscheinen muß.
Wie es besser zu machen sei, darauf müssen wir freilich die Autwort schuldig
bleiben. Nur das steht fest, daß sich die Aufgabe nicht so einfach lösen läßt, wie
sichs die Verfasser vorgestellt haben. Sonst bedürfte man dafür überhaupt keiner
Männer der Wissenschaft, der Buchbinder wäre nur zu beauftragen, einen vor¬
handenen Leitfaden der Geschichte nach den verschiednen Negierungsperioden aus¬
einanderzunehmen und in umgekehrter Ordnung zu heften.
Ein Vorurteil. Bei Karl Winter in Heidelberg erscheint jetzt lieferungsweise
eine Geschichte des deutschen Volkes vom Gymnasialdirektor G. Dittmar.
Nach den uus vorliegenden fünf Lieferungen zu urteilen wird das auf fünfzehn
Lieferungen berechnete Werk ein sehr brauchbares und empfehlenswertes Volksbuch
werden. Die neuesten Forschungen auf dem Gebiete des deutschen Wirtschaftslebens
sind darin benutzt, die wissenschaftlichen, Kunst- und sonstigen Kulturzustände finden
gebührende Berücksichtigung, die Darstellung ist lebendig, anschaulich und von warmem
Patriotismus beseelt. Freilich stimmen wir nicht mit allen Auffassungen und Ur¬
teilen des Verfassers überein, allein diese Meinungsverschiedenheiten sind nicht
wichtig genug, die Leser damit zu behelligen. Wenn wir einen einzelnen Fehler,
der unsers Erachtens den Wert des sonst trefflichen Werkes beeinträchtigt, hervor¬
heben, so geschieht es, weil er auch anderwärts häufig vorkommt. Wir meinen,
daß in populären Geschichtswerken immer noch gewisse Vorurteile gegen das Mittel¬
alter spuken, die von unsern großen Geschichtschreibern längst überwunden worden
sind. Nicht etwa daraus machen wir Dittmar einen Vorwurf, daß er die Schlechtig¬
keit der Päpste und der päpstlichen Politik als Folie für die hehren Gestalten der
deutschen Kaiser verwendet. Die schwarze Farbe dieses Hintergrundes ist echt, sie
ist von den Päpsten geliefert worden, und da sie einmal vorhanden ist, warum
sollte sie nicht zu dem angegebenen Zwecke benutzt werden? Sondern darin liegt
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