Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.Zwei Nekrologe Seite aufzufassen, hat sich als ein gewöhnliches Rührstück entpuppt, worin Zwei Nekrologe ekrvloge über Lebendigbegrnbene und über fortlebende Tote, das
Die Ltoils8 0M lilvnt sind wieder um eine vermehrt worden. Herr von Der thatsächliche Zusammenhang der Ereignisse, die in letzter Stunde Zwei Nekrologe Seite aufzufassen, hat sich als ein gewöhnliches Rührstück entpuppt, worin Zwei Nekrologe ekrvloge über Lebendigbegrnbene und über fortlebende Tote, das
Die Ltoils8 0M lilvnt sind wieder um eine vermehrt worden. Herr von Der thatsächliche Zusammenhang der Ereignisse, die in letzter Stunde <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0579" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209812"/> <fw type="header" place="top"> Zwei Nekrologe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1618" prev="#ID_1617"> Seite aufzufassen, hat sich als ein gewöhnliches Rührstück entpuppt, worin<lb/> nicht die Kunst einer kraftvollen Charakteristik, einer feinen Zergliederung<lb/> menschlicher Seelenregnngen, sondern nur der blinde Zufall die Herrschaft<lb/> führt. Uns Deutschen bietet es weder in seinein politisch-historischen Inhalte,<lb/> uoch in seinem ästhetischen Werte den geringsten Anlaß zu erregte» Erörterungen,<lb/> und wenn wir uns durchaus ärgern wollen, so Ware es höchstens darüber,<lb/> daß ein deutscher Theaterdirektor es gewagt hat, uns diese blutige Komödie<lb/> vorzugaukeln.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zwei Nekrologe</head><lb/> <p xml:id="ID_1619"> ekrvloge über Lebendigbegrnbene und über fortlebende Tote, das<lb/> ist die Signatur unsrer „mäuuerwürgenden" Zeit. Wem haben<lb/> wir schon alles das Abschiedslied und die Totenklage gesungen!<lb/> Das Gehen und .Kommen, das die „neue Ära" bedingte, voll¬<lb/> zieht sich entweder zu rasch oder zu langsam, denn seit Fürst<lb/> Bismarck scheiden mußte, lag ja klar zu Tage, daß die Sterne zweiter Ordnung,<lb/> die um ihn her gekreist waren, uicht mit eignem Lichte geleuchtet hatten.<lb/> Sie mußten einer nach dem andern erlöschen, früher oder später, je nach der<lb/> ihnen innewohnenden Fähigkeit, das Licht, das sie empfangen hatten, mit<lb/> größerer oder geringerer Sparsamkeit von sich zu geben. Der Augenblick, wo<lb/> sie zu leuchten aufhören mußten, hätte sich von einem Astronomen der Seelen-<lb/> kunde auf Tag und Stunde vorausberechne» lassen. Wie singt doch Beranger?</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_71" type="poem"> <l> Volli«, enoors uns stoils<lb/> (jiü dito, Mo ot äikPurn-it.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1620"> Die Ltoils8 0M lilvnt sind wieder um eine vermehrt worden. Herr von<lb/> Goßler hat seinen Posten aufgeben müssen, scheinbar das Opfer — das<lb/> letzte — des klugen Führers des Zentrums mit dem untrüglichen Gedächtnis<lb/> für politische Gegnerschaft, in Wirklichkeit auch er ein Opfer des 18. März<lb/> 1890, obgleich gerade ihm von allen Ministern der Ära Bismarck damals<lb/> das günstigste Prognostikon gestellt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1621" next="#ID_1622"> Der thatsächliche Zusammenhang der Ereignisse, die in letzter Stunde<lb/> dem Minister selbst überraschend den Ausschlag gegeben haben, ist ja bekannt.<lb/> Das Staatsministerium hielt in der Frage der Besetzung des Unterstaats-<lb/> sekretarints im Kultusministerium die Abneigung des Zentrums für beachtens-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0579]
Zwei Nekrologe
Seite aufzufassen, hat sich als ein gewöhnliches Rührstück entpuppt, worin
nicht die Kunst einer kraftvollen Charakteristik, einer feinen Zergliederung
menschlicher Seelenregnngen, sondern nur der blinde Zufall die Herrschaft
führt. Uns Deutschen bietet es weder in seinein politisch-historischen Inhalte,
uoch in seinem ästhetischen Werte den geringsten Anlaß zu erregte» Erörterungen,
und wenn wir uns durchaus ärgern wollen, so Ware es höchstens darüber,
daß ein deutscher Theaterdirektor es gewagt hat, uns diese blutige Komödie
vorzugaukeln.
Zwei Nekrologe
ekrvloge über Lebendigbegrnbene und über fortlebende Tote, das
ist die Signatur unsrer „mäuuerwürgenden" Zeit. Wem haben
wir schon alles das Abschiedslied und die Totenklage gesungen!
Das Gehen und .Kommen, das die „neue Ära" bedingte, voll¬
zieht sich entweder zu rasch oder zu langsam, denn seit Fürst
Bismarck scheiden mußte, lag ja klar zu Tage, daß die Sterne zweiter Ordnung,
die um ihn her gekreist waren, uicht mit eignem Lichte geleuchtet hatten.
Sie mußten einer nach dem andern erlöschen, früher oder später, je nach der
ihnen innewohnenden Fähigkeit, das Licht, das sie empfangen hatten, mit
größerer oder geringerer Sparsamkeit von sich zu geben. Der Augenblick, wo
sie zu leuchten aufhören mußten, hätte sich von einem Astronomen der Seelen-
kunde auf Tag und Stunde vorausberechne» lassen. Wie singt doch Beranger?
Volli«, enoors uns stoils
(jiü dito, Mo ot äikPurn-it.
Die Ltoils8 0M lilvnt sind wieder um eine vermehrt worden. Herr von
Goßler hat seinen Posten aufgeben müssen, scheinbar das Opfer — das
letzte — des klugen Führers des Zentrums mit dem untrüglichen Gedächtnis
für politische Gegnerschaft, in Wirklichkeit auch er ein Opfer des 18. März
1890, obgleich gerade ihm von allen Ministern der Ära Bismarck damals
das günstigste Prognostikon gestellt wurde.
Der thatsächliche Zusammenhang der Ereignisse, die in letzter Stunde
dem Minister selbst überraschend den Ausschlag gegeben haben, ist ja bekannt.
Das Staatsministerium hielt in der Frage der Besetzung des Unterstaats-
sekretarints im Kultusministerium die Abneigung des Zentrums für beachtens-
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