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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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(Lasati und Guin Pascha
von Friedrich Ratzel

le italienischen Afrikareisenden sind bisher in Deutschland mehr
den Gelehrten als dem lesenden Publikum bekannt geworden.
Ju den Schriften Schweinfurths und Junkers lernte ma" den
rührende" Tod des armen Miami im fernen Monbuttnlande
kennen und den edeln Charakter des mutigen und überzeugungs¬
treuen Gessi schätzen. Aber keine von den hervorragenden Gestalten aus diesem
Kreise ist uns so recht nahe getreten. Es ist wahr, daß ihnen die Erreichung
der größten Ziele der Afrikaforschimg nicht gelungen ist, und daß sie nicht so
viel Neues wie Livingstone oder Speke, wie Barth, Rohlfs oder Schweinfurth
zu berichten hatte"; aber es war doch auf der andern Seite ein merkwürdiges
Znsniumentreffen, wodurch uns diese Männer anziehend erscheine" müßten, daß
die ganze Art des Vordringens und Arbeitens der Italiener in Afrika so viel
Ähnlichkeit mit dem der Deutschen ausweist. Beide kolonienlose, aber an Aus¬
wandrern jeglichen Standes reiche Völker trieb ein dunkler Drang dem große"
Mibekanilleu Erdteile zu, wo sie für die Wissenschaft, für die Menschheit große
Opfer brachten, bis das erstarkende nationale Gefühl dieses Arbeitsfeld ihnen
räumlich einschränkte und als Kolonie politisch absonderte. Selbst die gleichen
Gebiete und dieselben Probleme zogen die Forscher beider Völker an, sodaß die
Routen Piaggias, Mianis, Gessis, Casatis sich in ein Netz verschlangen mit denen
von Schweinfurth, Junker und Emin Pascha. Ju dem Falle Casntis und
Emin Paschas ist diese Verbindung unter dem Drucke höchst widriger äußerer
Verhältnisse so innig geworden, daß die Geschichte des einen sich nicht schreiben
läßt, ohne die Schicksale des ander" z" erzähle". Das soeben erschienene Buch


Grmzlwwu I 1891 ^ Su


(Lasati und Guin Pascha
von Friedrich Ratzel

le italienischen Afrikareisenden sind bisher in Deutschland mehr
den Gelehrten als dem lesenden Publikum bekannt geworden.
Ju den Schriften Schweinfurths und Junkers lernte ma» den
rührende» Tod des armen Miami im fernen Monbuttnlande
kennen und den edeln Charakter des mutigen und überzeugungs¬
treuen Gessi schätzen. Aber keine von den hervorragenden Gestalten aus diesem
Kreise ist uns so recht nahe getreten. Es ist wahr, daß ihnen die Erreichung
der größten Ziele der Afrikaforschimg nicht gelungen ist, und daß sie nicht so
viel Neues wie Livingstone oder Speke, wie Barth, Rohlfs oder Schweinfurth
zu berichten hatte»; aber es war doch auf der andern Seite ein merkwürdiges
Znsniumentreffen, wodurch uns diese Männer anziehend erscheine» müßten, daß
die ganze Art des Vordringens und Arbeitens der Italiener in Afrika so viel
Ähnlichkeit mit dem der Deutschen ausweist. Beide kolonienlose, aber an Aus¬
wandrern jeglichen Standes reiche Völker trieb ein dunkler Drang dem große»
Mibekanilleu Erdteile zu, wo sie für die Wissenschaft, für die Menschheit große
Opfer brachten, bis das erstarkende nationale Gefühl dieses Arbeitsfeld ihnen
räumlich einschränkte und als Kolonie politisch absonderte. Selbst die gleichen
Gebiete und dieselben Probleme zogen die Forscher beider Völker an, sodaß die
Routen Piaggias, Mianis, Gessis, Casatis sich in ein Netz verschlangen mit denen
von Schweinfurth, Junker und Emin Pascha. Ju dem Falle Casntis und
Emin Paschas ist diese Verbindung unter dem Drucke höchst widriger äußerer
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läßt, ohne die Schicksale des ander» z» erzähle». Das soeben erschienene Buch


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[0441] [Abbildung] (Lasati und Guin Pascha von Friedrich Ratzel le italienischen Afrikareisenden sind bisher in Deutschland mehr den Gelehrten als dem lesenden Publikum bekannt geworden. Ju den Schriften Schweinfurths und Junkers lernte ma» den rührende» Tod des armen Miami im fernen Monbuttnlande kennen und den edeln Charakter des mutigen und überzeugungs¬ treuen Gessi schätzen. Aber keine von den hervorragenden Gestalten aus diesem Kreise ist uns so recht nahe getreten. Es ist wahr, daß ihnen die Erreichung der größten Ziele der Afrikaforschimg nicht gelungen ist, und daß sie nicht so viel Neues wie Livingstone oder Speke, wie Barth, Rohlfs oder Schweinfurth zu berichten hatte»; aber es war doch auf der andern Seite ein merkwürdiges Znsniumentreffen, wodurch uns diese Männer anziehend erscheine» müßten, daß die ganze Art des Vordringens und Arbeitens der Italiener in Afrika so viel Ähnlichkeit mit dem der Deutschen ausweist. Beide kolonienlose, aber an Aus¬ wandrern jeglichen Standes reiche Völker trieb ein dunkler Drang dem große» Mibekanilleu Erdteile zu, wo sie für die Wissenschaft, für die Menschheit große Opfer brachten, bis das erstarkende nationale Gefühl dieses Arbeitsfeld ihnen räumlich einschränkte und als Kolonie politisch absonderte. Selbst die gleichen Gebiete und dieselben Probleme zogen die Forscher beider Völker an, sodaß die Routen Piaggias, Mianis, Gessis, Casatis sich in ein Netz verschlangen mit denen von Schweinfurth, Junker und Emin Pascha. Ju dem Falle Casntis und Emin Paschas ist diese Verbindung unter dem Drucke höchst widriger äußerer Verhältnisse so innig geworden, daß die Geschichte des einen sich nicht schreiben läßt, ohne die Schicksale des ander» z» erzähle». Das soeben erschienene Buch Grmzlwwu I 1891 ^ Su

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/441>, abgerufen am 22.07.2024.