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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Berlin und sein Hof im Jahre ^696

stechen zu lassen, dem können wir diese Sammlung philosophischer Feuilletons
empfehlen; sie werden ihm mancherlei Anregung und eine angenehme Unter¬
haltung gewähren, auch sein Verständnis der besprochnen Fragen erheblich
fördern. Für Deutsche ist es zudem interessant, zu sehen, wie ein Amerikaner
seinen Landsleuten die "Kritik der reinen Vernunft" auslegt.




Berlin und sein Hof im Jahre ^696
Reiseerimiernngen des Fra Alessandro Biehl ans Aelia

as dieser Edelmann von einer Stadt, die jetzt die beachtens¬
werteste geworden ist, von Fürsten, die durch ihre politische
Einsicht und durch die Stärke ihrer Waffen gleichsam die
Schiedsrichter der Geschichte Europas geworden sind, schrieb,
hat es nicht verdient, im Dunkel der Vergessenheit zu bleibe";
sehr oft wird die Geschichte zur Lehrmeisterin, indem sie zum Nachdenken über
die schnellen Umbildungen der Staaten anleitet.

Mit diesen Sätzen führt der Sproß eines der namhaftesten Geschlechter
Italiens und Deutschlands die Veröffentlichung von Reiseerinnerungen el",
die ein stammverwandter seines Hauses, Fra Alessandro Biehl, über Berlin
und den kurbrnndenburgischen Hof vor zweihundert Jahren niedergeschrieben
hat. Sie mögen auch der nachstehenden Übersetzung als Leidwort dieuein
wird es doch dein deutschen Leserkreise mehr noch als dein italienischen will¬
kommen sein, zu erfahren, wie ein hochstehender, welterfahrener, unbefangen
dreinschauender Vertreter unsrer südlichen Bundesgenossen zu einer Zeit über
uns geurteilt hat, wo alles das, was wir jetzt besitzen und genießen, sich in
seinen ersten Keimen entwickelte, wo noch niemand die heutige Größe und
Bedeutung des hvhenzollerischen Hauses und des brandenburgischen Landes zu
ahnen und zu ermessen vermochte.

Wenige Zeilen werden genügen, mit dein Verfasser der Aufzeichnungen
bekannt zu machen. Er entstammte einer alten, reich begüterten Familie der
toskanischen Bergstadt Sieur, jenes köstlichen Ortes, der trotz seiner Abgelegen-
heit durch die Schönheit seiner Lage wie durch die unendliche Fülle hervor¬
ragender Kunstschöpfungen einen Hauptreiz auf jeden ausübt, den ein gütiges
Geschick über die Berge in das Land der Myrten und Orangen führt. Am


Berlin und sein Hof im Jahre ^696

stechen zu lassen, dem können wir diese Sammlung philosophischer Feuilletons
empfehlen; sie werden ihm mancherlei Anregung und eine angenehme Unter¬
haltung gewähren, auch sein Verständnis der besprochnen Fragen erheblich
fördern. Für Deutsche ist es zudem interessant, zu sehen, wie ein Amerikaner
seinen Landsleuten die „Kritik der reinen Vernunft" auslegt.




Berlin und sein Hof im Jahre ^696
Reiseerimiernngen des Fra Alessandro Biehl ans Aelia

as dieser Edelmann von einer Stadt, die jetzt die beachtens¬
werteste geworden ist, von Fürsten, die durch ihre politische
Einsicht und durch die Stärke ihrer Waffen gleichsam die
Schiedsrichter der Geschichte Europas geworden sind, schrieb,
hat es nicht verdient, im Dunkel der Vergessenheit zu bleibe»;
sehr oft wird die Geschichte zur Lehrmeisterin, indem sie zum Nachdenken über
die schnellen Umbildungen der Staaten anleitet.

Mit diesen Sätzen führt der Sproß eines der namhaftesten Geschlechter
Italiens und Deutschlands die Veröffentlichung von Reiseerinnerungen el»,
die ein stammverwandter seines Hauses, Fra Alessandro Biehl, über Berlin
und den kurbrnndenburgischen Hof vor zweihundert Jahren niedergeschrieben
hat. Sie mögen auch der nachstehenden Übersetzung als Leidwort dieuein
wird es doch dein deutschen Leserkreise mehr noch als dein italienischen will¬
kommen sein, zu erfahren, wie ein hochstehender, welterfahrener, unbefangen
dreinschauender Vertreter unsrer südlichen Bundesgenossen zu einer Zeit über
uns geurteilt hat, wo alles das, was wir jetzt besitzen und genießen, sich in
seinen ersten Keimen entwickelte, wo noch niemand die heutige Größe und
Bedeutung des hvhenzollerischen Hauses und des brandenburgischen Landes zu
ahnen und zu ermessen vermochte.

Wenige Zeilen werden genügen, mit dein Verfasser der Aufzeichnungen
bekannt zu machen. Er entstammte einer alten, reich begüterten Familie der
toskanischen Bergstadt Sieur, jenes köstlichen Ortes, der trotz seiner Abgelegen-
heit durch die Schönheit seiner Lage wie durch die unendliche Fülle hervor¬
ragender Kunstschöpfungen einen Hauptreiz auf jeden ausübt, den ein gütiges
Geschick über die Berge in das Land der Myrten und Orangen führt. Am


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[0028] Berlin und sein Hof im Jahre ^696 stechen zu lassen, dem können wir diese Sammlung philosophischer Feuilletons empfehlen; sie werden ihm mancherlei Anregung und eine angenehme Unter¬ haltung gewähren, auch sein Verständnis der besprochnen Fragen erheblich fördern. Für Deutsche ist es zudem interessant, zu sehen, wie ein Amerikaner seinen Landsleuten die „Kritik der reinen Vernunft" auslegt. Berlin und sein Hof im Jahre ^696 Reiseerimiernngen des Fra Alessandro Biehl ans Aelia as dieser Edelmann von einer Stadt, die jetzt die beachtens¬ werteste geworden ist, von Fürsten, die durch ihre politische Einsicht und durch die Stärke ihrer Waffen gleichsam die Schiedsrichter der Geschichte Europas geworden sind, schrieb, hat es nicht verdient, im Dunkel der Vergessenheit zu bleibe»; sehr oft wird die Geschichte zur Lehrmeisterin, indem sie zum Nachdenken über die schnellen Umbildungen der Staaten anleitet. Mit diesen Sätzen führt der Sproß eines der namhaftesten Geschlechter Italiens und Deutschlands die Veröffentlichung von Reiseerinnerungen el», die ein stammverwandter seines Hauses, Fra Alessandro Biehl, über Berlin und den kurbrnndenburgischen Hof vor zweihundert Jahren niedergeschrieben hat. Sie mögen auch der nachstehenden Übersetzung als Leidwort dieuein wird es doch dein deutschen Leserkreise mehr noch als dein italienischen will¬ kommen sein, zu erfahren, wie ein hochstehender, welterfahrener, unbefangen dreinschauender Vertreter unsrer südlichen Bundesgenossen zu einer Zeit über uns geurteilt hat, wo alles das, was wir jetzt besitzen und genießen, sich in seinen ersten Keimen entwickelte, wo noch niemand die heutige Größe und Bedeutung des hvhenzollerischen Hauses und des brandenburgischen Landes zu ahnen und zu ermessen vermochte. Wenige Zeilen werden genügen, mit dein Verfasser der Aufzeichnungen bekannt zu machen. Er entstammte einer alten, reich begüterten Familie der toskanischen Bergstadt Sieur, jenes köstlichen Ortes, der trotz seiner Abgelegen- heit durch die Schönheit seiner Lage wie durch die unendliche Fülle hervor¬ ragender Kunstschöpfungen einen Hauptreiz auf jeden ausübt, den ein gütiges Geschick über die Berge in das Land der Myrten und Orangen führt. Am

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/28>, abgerufen am 03.07.2024.