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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Zur Ehrenrettung Lrnst Theodor Wilhelm Hoffmamis

des Übels, das durch die bisherige Gesetzgebung uicht hat beseitigt werden
können, nämlich der weiter" Vergrößerung des ohnehin übermäßigen Gro߬
grundbesitzes, Schranken zu setzen. Wäre es den Gutsherren nachgegangen, so
hätten wir in Preußen außer ihnen auf dem Lande nichts mehr übrig als
proletarische Tagelöhner; sie haben jede Maßregel zu Gunsten der Bauern
und der Arbeiter als eine Gefahr für die Landwirtschaft und für den ganzen
Staat bekämpft. Der Vergleich mit den Ansprüchen des heutigen Großkapitals
und der Großindustrie (alle drei Vermögensformen Pflegen bei den mächtigsten
Familien vereinigt zu sein) liegt nahe. Der Staat, in dem solche Ansprüche
die Oberhand gewinnen, ist verloren. Zur Volksgesundheit gehört eine mög¬
lichst gleichmäßige Verteilung des Besitzes, eine möglichst große Anzahl mitt¬
lerer und kleiner Besitzer. Damit stehen und fallen der Staat, die Monarchie
und die Macht des Monarchen. Der Nationalreichtnm mag noch so groß
sein, befindet er sich in den Händen verhältnismäßig weniger, so steht der
Staat ans schwachen Füßen, wie England längst erfahren haben würde, wenn
es nicht dnrch seine Lage im Meere der Kraftprobe eines Landkrieges über¬
hoben wäre. Von einer Revolution hat die Monarchie dort am wenigsten zu
fürchten, wo die überwiegende Mehrheit des Volkes aus Besitzenden besteht
und daher - an der Erhaltung von Ruhe und Ordnung das größte Interesse
hat. Bürger und Bauern endlich besorgen zwar gern ihre Gemeindeangelegen-
heiten, aber den Staat zu regieren, daran liegt ihnen nichts, während eine
grundbcsitzende oder Geldaristokratie sehr wohl die Negierung in die Hand
nehmen kann, und der Monarch notwendigerweise zu einem Schatten herab-
sinkt, wenn einige Dutzend seiner Unterthanen über größere Mittel verfügen
als er selbst. Es entspricht demnach uicht allein den Überlieferungen des
Hohenzvllernhauses, sondern auch dem richtigen Begriffe des Volkswohls und
des Staates sonne dem Wesen der Monarchie, wenn unser jetziger .Kaiser die
Fürsorge für den kleinen Mann zum Mittel- und Angelpunkte seiner Politik macht.




Zur Ehrenrettung Ernst Theodor Wilhelm Hoffmanns

n der "Deutschen Rundschau" sind im vorigen Jahre einige
Aufzeichnungen aus dem Jahre Ittkv! über die Franzosenzeit
erschienen. Die Redaktion bemerkte zu einer davon, daß die
Darstellung hinter Erckinann - Chntrian kaum zurückbleibe. Sie
hätte das von beiden sagen können, aber leider gingen auch die
Gefühle für Deutschland bei beiden Verfassern kaum über Erckmann-Chatrian
hinaus. Erckmanu-Chatriau fühlte sich immer etwas deutsch, sowie sich jener


Greuzlwten I 1891 1K
Zur Ehrenrettung Lrnst Theodor Wilhelm Hoffmamis

des Übels, das durch die bisherige Gesetzgebung uicht hat beseitigt werden
können, nämlich der weiter» Vergrößerung des ohnehin übermäßigen Gro߬
grundbesitzes, Schranken zu setzen. Wäre es den Gutsherren nachgegangen, so
hätten wir in Preußen außer ihnen auf dem Lande nichts mehr übrig als
proletarische Tagelöhner; sie haben jede Maßregel zu Gunsten der Bauern
und der Arbeiter als eine Gefahr für die Landwirtschaft und für den ganzen
Staat bekämpft. Der Vergleich mit den Ansprüchen des heutigen Großkapitals
und der Großindustrie (alle drei Vermögensformen Pflegen bei den mächtigsten
Familien vereinigt zu sein) liegt nahe. Der Staat, in dem solche Ansprüche
die Oberhand gewinnen, ist verloren. Zur Volksgesundheit gehört eine mög¬
lichst gleichmäßige Verteilung des Besitzes, eine möglichst große Anzahl mitt¬
lerer und kleiner Besitzer. Damit stehen und fallen der Staat, die Monarchie
und die Macht des Monarchen. Der Nationalreichtnm mag noch so groß
sein, befindet er sich in den Händen verhältnismäßig weniger, so steht der
Staat ans schwachen Füßen, wie England längst erfahren haben würde, wenn
es nicht dnrch seine Lage im Meere der Kraftprobe eines Landkrieges über¬
hoben wäre. Von einer Revolution hat die Monarchie dort am wenigsten zu
fürchten, wo die überwiegende Mehrheit des Volkes aus Besitzenden besteht
und daher - an der Erhaltung von Ruhe und Ordnung das größte Interesse
hat. Bürger und Bauern endlich besorgen zwar gern ihre Gemeindeangelegen-
heiten, aber den Staat zu regieren, daran liegt ihnen nichts, während eine
grundbcsitzende oder Geldaristokratie sehr wohl die Negierung in die Hand
nehmen kann, und der Monarch notwendigerweise zu einem Schatten herab-
sinkt, wenn einige Dutzend seiner Unterthanen über größere Mittel verfügen
als er selbst. Es entspricht demnach uicht allein den Überlieferungen des
Hohenzvllernhauses, sondern auch dem richtigen Begriffe des Volkswohls und
des Staates sonne dem Wesen der Monarchie, wenn unser jetziger .Kaiser die
Fürsorge für den kleinen Mann zum Mittel- und Angelpunkte seiner Politik macht.




Zur Ehrenrettung Ernst Theodor Wilhelm Hoffmanns

n der „Deutschen Rundschau" sind im vorigen Jahre einige
Aufzeichnungen aus dem Jahre Ittkv! über die Franzosenzeit
erschienen. Die Redaktion bemerkte zu einer davon, daß die
Darstellung hinter Erckinann - Chntrian kaum zurückbleibe. Sie
hätte das von beiden sagen können, aber leider gingen auch die
Gefühle für Deutschland bei beiden Verfassern kaum über Erckmann-Chatrian
hinaus. Erckmanu-Chatriau fühlte sich immer etwas deutsch, sowie sich jener


Greuzlwten I 1891 1K
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[0129] Zur Ehrenrettung Lrnst Theodor Wilhelm Hoffmamis des Übels, das durch die bisherige Gesetzgebung uicht hat beseitigt werden können, nämlich der weiter» Vergrößerung des ohnehin übermäßigen Gro߬ grundbesitzes, Schranken zu setzen. Wäre es den Gutsherren nachgegangen, so hätten wir in Preußen außer ihnen auf dem Lande nichts mehr übrig als proletarische Tagelöhner; sie haben jede Maßregel zu Gunsten der Bauern und der Arbeiter als eine Gefahr für die Landwirtschaft und für den ganzen Staat bekämpft. Der Vergleich mit den Ansprüchen des heutigen Großkapitals und der Großindustrie (alle drei Vermögensformen Pflegen bei den mächtigsten Familien vereinigt zu sein) liegt nahe. Der Staat, in dem solche Ansprüche die Oberhand gewinnen, ist verloren. Zur Volksgesundheit gehört eine mög¬ lichst gleichmäßige Verteilung des Besitzes, eine möglichst große Anzahl mitt¬ lerer und kleiner Besitzer. Damit stehen und fallen der Staat, die Monarchie und die Macht des Monarchen. Der Nationalreichtnm mag noch so groß sein, befindet er sich in den Händen verhältnismäßig weniger, so steht der Staat ans schwachen Füßen, wie England längst erfahren haben würde, wenn es nicht dnrch seine Lage im Meere der Kraftprobe eines Landkrieges über¬ hoben wäre. Von einer Revolution hat die Monarchie dort am wenigsten zu fürchten, wo die überwiegende Mehrheit des Volkes aus Besitzenden besteht und daher - an der Erhaltung von Ruhe und Ordnung das größte Interesse hat. Bürger und Bauern endlich besorgen zwar gern ihre Gemeindeangelegen- heiten, aber den Staat zu regieren, daran liegt ihnen nichts, während eine grundbcsitzende oder Geldaristokratie sehr wohl die Negierung in die Hand nehmen kann, und der Monarch notwendigerweise zu einem Schatten herab- sinkt, wenn einige Dutzend seiner Unterthanen über größere Mittel verfügen als er selbst. Es entspricht demnach uicht allein den Überlieferungen des Hohenzvllernhauses, sondern auch dem richtigen Begriffe des Volkswohls und des Staates sonne dem Wesen der Monarchie, wenn unser jetziger .Kaiser die Fürsorge für den kleinen Mann zum Mittel- und Angelpunkte seiner Politik macht. Zur Ehrenrettung Ernst Theodor Wilhelm Hoffmanns n der „Deutschen Rundschau" sind im vorigen Jahre einige Aufzeichnungen aus dem Jahre Ittkv! über die Franzosenzeit erschienen. Die Redaktion bemerkte zu einer davon, daß die Darstellung hinter Erckinann - Chntrian kaum zurückbleibe. Sie hätte das von beiden sagen können, aber leider gingen auch die Gefühle für Deutschland bei beiden Verfassern kaum über Erckmann-Chatrian hinaus. Erckmanu-Chatriau fühlte sich immer etwas deutsch, sowie sich jener Greuzlwten I 1891 1K

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/129>, abgerufen am 03.07.2024.