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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Zur Frage der Besetzung des Bischofsstuhls
in ^"traßburg

el den Verhandlungen über den Abschluß des Konkordates vom
18. Juli 1801 zwischen der Kurie und dem ersten Konsul Frank¬
reichs war von Rom der Versuch gemacht worden, in den Ein¬
gangsworten des Vertrages eine ausdrückliche Anerkennung der
katholischen Religion als Staatsreligion in Frankreich zu erwirken.
Der Konsul Buvnapcirte ließ sich aber uur aus den Wortlaut ein, daß die
katholische Religion die der großen Mehrheit der französischen Bürger sei; er
erklärte, er wolle sich nicht der Wild der Jakobiner und dem Spotte der
Philosophen aussetzen, die Regierung könne sich nicht ovo8tiwti<mvllöment
<?!ckdoliqno erklären. Als man in Rom aus die Sache zurückkam, drohte der
Konsul: (juiiucl on no port, pu,8 s'arrkMMr n-ovo Diou, ein s'arrsnxo ?>.vo" Jo
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olons ein vlsr^ö und insbesondre ans eine Einberufung der Synoden der kon¬
stitutionellen Bischöfe anspielte. Rom ließ nun den Streitpunkt fallen; die
von der Regierung vvrgeschlagne Fassung wurde angenommen. Eine bessere
(Gelegenheit bot sich nach dem Sturze des ersten Kaiserreichs: in der Charte
von 1814 (Art. 6) fand der Satz: I^a. rvligion o:re1u>Il<zu<z v"t In, rvli^ion <Je
I'otirt Aufnahme. Die Charte von 1830 hat ihn aber wieder beseitigt.

Im Zusammenhange mit dieser Frage stand eine andre Bestimmung des
Konkordates. Rom hatte den französischen Königen als "ältesten und ersten
Söhnen der Kirche," als den "nllerchristlichsten Königen," welche Titel Rom
im Jahre 14K9 Ludwig dem Elster und seineu Nachfolgern verliehen hatte,
"eben gewissen Ehrenrechten bei der Kurie anch die Ernennung der Bischöfe
zugestanden, nicht etwa als Anerkennung der Staatsgewalt auf diesem Gebiete,
sondern als ein iiululwm, während die französische Republik, wie sich der
Staatsrat Portalis ausdruckte, den Papst als "oUktom- Im-ex' im Sinne der
Gallikanischen Freiheiten (Art. 47) betrachtete. Nach dem Wortlaute des Ver¬
trages konnte die Kurie das katholische Bekenntnis der französischen Herrscher
zwar nicht als Voraussetzung des ganze,? Vertrages betrachten, wohl aber
sich jederzeit dnranf berufen, daß es mit katholischen Herrschern Frankreichs


Grenzten IV lW" 14


Zur Frage der Besetzung des Bischofsstuhls
in ^»traßburg

el den Verhandlungen über den Abschluß des Konkordates vom
18. Juli 1801 zwischen der Kurie und dem ersten Konsul Frank¬
reichs war von Rom der Versuch gemacht worden, in den Ein¬
gangsworten des Vertrages eine ausdrückliche Anerkennung der
katholischen Religion als Staatsreligion in Frankreich zu erwirken.
Der Konsul Buvnapcirte ließ sich aber uur aus den Wortlaut ein, daß die
katholische Religion die der großen Mehrheit der französischen Bürger sei; er
erklärte, er wolle sich nicht der Wild der Jakobiner und dem Spotte der
Philosophen aussetzen, die Regierung könne sich nicht ovo8tiwti<mvllöment
<?!ckdoliqno erklären. Als man in Rom aus die Sache zurückkam, drohte der
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olons ein vlsr^ö und insbesondre ans eine Einberufung der Synoden der kon¬
stitutionellen Bischöfe anspielte. Rom ließ nun den Streitpunkt fallen; die
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I'otirt Aufnahme. Die Charte von 1830 hat ihn aber wieder beseitigt.

Im Zusammenhange mit dieser Frage stand eine andre Bestimmung des
Konkordates. Rom hatte den französischen Königen als „ältesten und ersten
Söhnen der Kirche," als den „nllerchristlichsten Königen," welche Titel Rom
im Jahre 14K9 Ludwig dem Elster und seineu Nachfolgern verliehen hatte,
»eben gewissen Ehrenrechten bei der Kurie anch die Ernennung der Bischöfe
zugestanden, nicht etwa als Anerkennung der Staatsgewalt auf diesem Gebiete,
sondern als ein iiululwm, während die französische Republik, wie sich der
Staatsrat Portalis ausdruckte, den Papst als «oUktom- Im-ex' im Sinne der
Gallikanischen Freiheiten (Art. 47) betrachtete. Nach dem Wortlaute des Ver¬
trages konnte die Kurie das katholische Bekenntnis der französischen Herrscher
zwar nicht als Voraussetzung des ganze,? Vertrages betrachten, wohl aber
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/113>, abgerufen am 22.07.2024.