Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Das Preßtreiben der letzten Zeit Es ist wohl nicht nötig, noch besonders zu versichern, daß die Bädeker- Das preßtreiben der letzten Zeit WZWs ist das Kennzeichen einer weisen Regierung, daß sie sich nicht Das Preßtreiben der letzten Zeit Es ist wohl nicht nötig, noch besonders zu versichern, daß die Bädeker- Das preßtreiben der letzten Zeit WZWs ist das Kennzeichen einer weisen Regierung, daß sie sich nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208368"/> <fw type="header" place="top"> Das Preßtreiben der letzten Zeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1328"> Es ist wohl nicht nötig, noch besonders zu versichern, daß die Bädeker-<lb/> reisenden keinem, dem es ernst um die Dinge ist, dauernd den Genuß an der<lb/> ewigen Stadt und ihrer Herrlichkeiten trüben oder gar verleiden können. Doch<lb/> wenn sogar viel von Enttäuschungen die Rede ist, die Rom den Kommenden<lb/> bereitet haben soll, so möge man doch die heimkehrenden Pilger fragen, in<lb/> wessen Gesellschaft sie ihre Reise nach und ihre Wanderung durch Rom ge¬<lb/> macht haben. Es müßte seltsam zugehen, wenn man dabei nicht einer Reihe<lb/> von deutschen Gesichtern ansichtig werden sollte, die beständig abwechselnd,<lb/> Tag für Tag den Ausdruck geringschätzigen Ingrimms über die Straßen und<lb/> Plätze, durch die Kunstsammlungen und die antiken Ruinen Roms tragen<lb/> und sich höchstens am Abend vor der gntbesetzten Hoteltafel und im Restau¬<lb/> rant zum Gambrinus erhellen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das preßtreiben der letzten Zeit</head><lb/> <p xml:id="ID_1329" next="#ID_1330"> WZWs ist das Kennzeichen einer weisen Regierung, daß sie sich nicht<lb/> auf eine einseitige Parteirichtung stützt, souderu bestrebt ist, allen<lb/> berechtigten Strömungen des Volkslebens mit gleicher Fürsorge<lb/> entgegenzukommen, und in dem breiten Mittelstande den Unter-<lb/> grund für. ihren Bau sucht. Kaiser Wilhelm II. gegenüber hat<lb/> es von der Zeit an, wo er noch als Prinz Wilhelm in bescheidner Weise<lb/> dem ihm von seinem Großvater zugewiesenen militärischen Berufe mit Eifer<lb/> oblag, und namentlich von den Trauertagen des Jahres 1888 an, als in ihm<lb/> der bald zum Thron berufene Erbe hervortrat, nicht an Bestrebungen gefehlt,<lb/> ihn für eine ausschließliche Parteibewegung zu gewinnen. Eine gerechte Be¬<lb/> urteilung muß es ihm zum Verdienst anrechnen, daß er trotz seiner Erziehung,<lb/> Umgebung und Jugend aus eigner Überzeugung diesen Versuchungen wider¬<lb/> stand und von dem ersten Anfange seiner Regierung an nicht einen Augenblick<lb/> in seineu vorgesetzte» Absichten schwankte. Während schon die erregte öffent¬<lb/> liche Meinung den Einfluß des Hofpredigers Stöcker im Wachsen glaubte,<lb/> wurde der gelehrte aber liberale Theologe Harnack auf den wichtige» Lehrstuhl<lb/> der Kirchengeschichte an die Universität Berlin gerufen. Während eine gewisse<lb/> Presse aus Furcht vor dem kommenden Mann den Grafen Waldersee als den<lb/> künftigen leitenden Staatsmann mit der Kreuzzeitungspartei zu verquicken<lb/> bemüht war, wurde der anerkannte und erste Führer der nationallibernlen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Das Preßtreiben der letzten Zeit
Es ist wohl nicht nötig, noch besonders zu versichern, daß die Bädeker-
reisenden keinem, dem es ernst um die Dinge ist, dauernd den Genuß an der
ewigen Stadt und ihrer Herrlichkeiten trüben oder gar verleiden können. Doch
wenn sogar viel von Enttäuschungen die Rede ist, die Rom den Kommenden
bereitet haben soll, so möge man doch die heimkehrenden Pilger fragen, in
wessen Gesellschaft sie ihre Reise nach und ihre Wanderung durch Rom ge¬
macht haben. Es müßte seltsam zugehen, wenn man dabei nicht einer Reihe
von deutschen Gesichtern ansichtig werden sollte, die beständig abwechselnd,
Tag für Tag den Ausdruck geringschätzigen Ingrimms über die Straßen und
Plätze, durch die Kunstsammlungen und die antiken Ruinen Roms tragen
und sich höchstens am Abend vor der gntbesetzten Hoteltafel und im Restau¬
rant zum Gambrinus erhellen.
Das preßtreiben der letzten Zeit
WZWs ist das Kennzeichen einer weisen Regierung, daß sie sich nicht
auf eine einseitige Parteirichtung stützt, souderu bestrebt ist, allen
berechtigten Strömungen des Volkslebens mit gleicher Fürsorge
entgegenzukommen, und in dem breiten Mittelstande den Unter-
grund für. ihren Bau sucht. Kaiser Wilhelm II. gegenüber hat
es von der Zeit an, wo er noch als Prinz Wilhelm in bescheidner Weise
dem ihm von seinem Großvater zugewiesenen militärischen Berufe mit Eifer
oblag, und namentlich von den Trauertagen des Jahres 1888 an, als in ihm
der bald zum Thron berufene Erbe hervortrat, nicht an Bestrebungen gefehlt,
ihn für eine ausschließliche Parteibewegung zu gewinnen. Eine gerechte Be¬
urteilung muß es ihm zum Verdienst anrechnen, daß er trotz seiner Erziehung,
Umgebung und Jugend aus eigner Überzeugung diesen Versuchungen wider¬
stand und von dem ersten Anfange seiner Regierung an nicht einen Augenblick
in seineu vorgesetzte» Absichten schwankte. Während schon die erregte öffent¬
liche Meinung den Einfluß des Hofpredigers Stöcker im Wachsen glaubte,
wurde der gelehrte aber liberale Theologe Harnack auf den wichtige» Lehrstuhl
der Kirchengeschichte an die Universität Berlin gerufen. Während eine gewisse
Presse aus Furcht vor dem kommenden Mann den Grafen Waldersee als den
künftigen leitenden Staatsmann mit der Kreuzzeitungspartei zu verquicken
bemüht war, wurde der anerkannte und erste Führer der nationallibernlen
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