Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.parlamentarisches aus Österreich er österreichische Reichsrat ist vertagt. Mit frohen Hoffnungen Grenzboten II 18S0 55
parlamentarisches aus Österreich er österreichische Reichsrat ist vertagt. Mit frohen Hoffnungen Grenzboten II 18S0 55
<TEI> <text> <body> <div> <div type="corrigenda" n="1"> <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207736"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_207294/figures/grenzboten_341851_207294_207736_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> parlamentarisches aus Österreich</head><lb/> <p xml:id="ID_1210" next="#ID_1211"> er österreichische Reichsrat ist vertagt. Mit frohen Hoffnungen<lb/> hatten die deutschen Abgeordneten den Wiederbeginn der Sitzungen<lb/> im Januar begrüßt, denn in der Zwischenzeit war ja, unzweifelhaft<lb/> auf unmittelbaren Befehl des Kaisers, vom Ministerpräsidenten eine<lb/> vorläufige Verständigung zwischen Vertraueusmäuueru der Deutsch¬<lb/> böhmen und der Tschechen zuwege gebracht worden. Und wenn auch die schwer<lb/> begreiflichen Illusionen der Linken, die bereits zwei ihrer Führer an Stelle des<lb/> Polnischen Finanzministers und des klerikalen Ackerbauministers erblickte und die<lb/> Beseitigung des herrschenden Systems nur uoch als „Frage der Zeit" betrachtete,<lb/> sich rasch verflüchtigt hatten, so rechnete man doch mit Zuversicht darauf, daß<lb/> die klaffende böhmische Wunde sich endlich schließen und daß die eine An¬<lb/> erkennung der Bedeutung des Deutschtums für Österreich weitere nach sich<lb/> ziehen werde. Die deutschen wie die tschechischen Teilnehmer an den Beratungen<lb/> bemühten sich redlich, ihren Parteien klar zu machen, für sie sei so viel erreicht<lb/> worden, daß man andre Wünsche — auf deutscher Seite vor allem die An¬<lb/> erkennung des Deutschen als Staatssprache — wohl vor der Hand ruhen lassen<lb/> könne. Und die deutschen Wähler stimmten dem bei, wenn auch zum Teil mit<lb/> schwerem Herzen. Die Jungtschechen aber ließen sich nicht umsonst gesagt sein,<lb/> daß ihre letzten Wahlerfolge eigentlich den Anstoß zu der „Ausgleichsaktivn"<lb/> gegeben haben, da die Regierung und die Alttschechen selbst der deutschen Ab¬<lb/> geordneten im böhmischen Landtage bedurften, um diesen nicht gänzlich den<lb/> Radikalen auszuliefern. Eben jene Erfolge hatten ja gezeigt, welche Gewalt<lb/> skrnpelfrcie Demagogen auf die große Masse auch in B-odnen ausüben können,<lb/> der tattische Fehler, diese Partei von deu Konferenzen auszuschließen, lieferte<lb/> zu den abgebrauchter Redensarten von dem unfindbnren böhmischen<lb/> Staatsrechte, von der Unterdrückung der gebornen Herren des Landes dnrch</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 18S0 55</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0441]
[Abbildung]
parlamentarisches aus Österreich
er österreichische Reichsrat ist vertagt. Mit frohen Hoffnungen
hatten die deutschen Abgeordneten den Wiederbeginn der Sitzungen
im Januar begrüßt, denn in der Zwischenzeit war ja, unzweifelhaft
auf unmittelbaren Befehl des Kaisers, vom Ministerpräsidenten eine
vorläufige Verständigung zwischen Vertraueusmäuueru der Deutsch¬
böhmen und der Tschechen zuwege gebracht worden. Und wenn auch die schwer
begreiflichen Illusionen der Linken, die bereits zwei ihrer Führer an Stelle des
Polnischen Finanzministers und des klerikalen Ackerbauministers erblickte und die
Beseitigung des herrschenden Systems nur uoch als „Frage der Zeit" betrachtete,
sich rasch verflüchtigt hatten, so rechnete man doch mit Zuversicht darauf, daß
die klaffende böhmische Wunde sich endlich schließen und daß die eine An¬
erkennung der Bedeutung des Deutschtums für Österreich weitere nach sich
ziehen werde. Die deutschen wie die tschechischen Teilnehmer an den Beratungen
bemühten sich redlich, ihren Parteien klar zu machen, für sie sei so viel erreicht
worden, daß man andre Wünsche — auf deutscher Seite vor allem die An¬
erkennung des Deutschen als Staatssprache — wohl vor der Hand ruhen lassen
könne. Und die deutschen Wähler stimmten dem bei, wenn auch zum Teil mit
schwerem Herzen. Die Jungtschechen aber ließen sich nicht umsonst gesagt sein,
daß ihre letzten Wahlerfolge eigentlich den Anstoß zu der „Ausgleichsaktivn"
gegeben haben, da die Regierung und die Alttschechen selbst der deutschen Ab¬
geordneten im böhmischen Landtage bedurften, um diesen nicht gänzlich den
Radikalen auszuliefern. Eben jene Erfolge hatten ja gezeigt, welche Gewalt
skrnpelfrcie Demagogen auf die große Masse auch in B-odnen ausüben können,
der tattische Fehler, diese Partei von deu Konferenzen auszuschließen, lieferte
zu den abgebrauchter Redensarten von dem unfindbnren böhmischen
Staatsrechte, von der Unterdrückung der gebornen Herren des Landes dnrch
Grenzboten II 18S0 55
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |