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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Härte genommen. Wer sich zur Einziehung nicht meldet, soll allerdings auch
nicht befördert werden. In der Übung wiederholt der Reservearzt früher
gelerntes und prägt sich neues ein.

Zum Schluß möchte ich nur noch sagen, daß ich mir recht gut denken
kann, daß diese Wünsche schon an andrer Stelle empfunden worden sind, daß
es aber schwer sein wird, sie zu verwirklichen. Aber bei einer neuen Or-
gmüsiruug des Sanitätskorps, die ja doch über kurz oder lang einmal ein¬
treten wird, denke ich mir, wird auch von meinen Ansichten die eine oder die
andre zur Ausführung kommen.




Neue Romane

it nicht weniger als drei Werken, von denen zwei allerdings
schon älter und jetzt nur in zweiter Auflage gedruckt worden
sind, ist Wilhelm Raabe aus dem Büchermarkt des letzten
Jahres erschienen. Das jüngste Werk: Der Lnr, eine Oster-,
Psingst-, Weihnachts- und Neujahrsgeschichte (Bmuuschweig,
Westermann, 1890) ist räumlich das bescheidenste; die zwei andern Dichtungen:
Unsers Herrgotts Kanzlei (Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung,
1889) und Die Leute aus dem Walde, ihre Sterne, Wege und Schick¬
sale (2 Bände, Braunschweig, Westermann, 1890) sind weit umfänglicher und
stammen aus den Jahren 1862 und 1863, erleben also fast nach drei Jahr¬
zehnten noch eine neue Auflage. Sie sind auch in der That kaum mehr zu
sehen gewesen. Hat der Dichter wohl daran gethan, diese Erzählungen uns
wieder anzubieten? Diese Frage hat er durch die Neuausgabe selbst aufge¬
worfen, und sie haben wir hier zu beantworten.

"Unsers Herrgotts Kanzlei" ist eine historische Erzählung aus der Mitte des
sechzehnten Jahrhunderts, der Zeit der Religionskriege. "Unsers Herrgotts Kanz¬
lei," das ist der Ehrenname der Stadt Magdeburg, den sie sich in ihrer tapfern
Verteidigung des lutherisch gereinigten Glaubens gegen Papisten und Jnteri-
misten, gegen deu Kaiser und gegen die Landesfürsten von Mecklenburg und
Sachsen erworben hat. Der Schauplatz der Erzählung ist Magdeburg mit
seiner nächsten Umgebung, und zwar zur Zeit der Belagerung durch den wilden
Herzog Jörg von Mecklenburg, der die fleißigen Bürger um ihren Wohlstand
beneidete und die Wirren der Zeit dazu benutzen wollte, die feste Stadt zu


Grenzboten I 1890 70

Härte genommen. Wer sich zur Einziehung nicht meldet, soll allerdings auch
nicht befördert werden. In der Übung wiederholt der Reservearzt früher
gelerntes und prägt sich neues ein.

Zum Schluß möchte ich nur noch sagen, daß ich mir recht gut denken
kann, daß diese Wünsche schon an andrer Stelle empfunden worden sind, daß
es aber schwer sein wird, sie zu verwirklichen. Aber bei einer neuen Or-
gmüsiruug des Sanitätskorps, die ja doch über kurz oder lang einmal ein¬
treten wird, denke ich mir, wird auch von meinen Ansichten die eine oder die
andre zur Ausführung kommen.




Neue Romane

it nicht weniger als drei Werken, von denen zwei allerdings
schon älter und jetzt nur in zweiter Auflage gedruckt worden
sind, ist Wilhelm Raabe aus dem Büchermarkt des letzten
Jahres erschienen. Das jüngste Werk: Der Lnr, eine Oster-,
Psingst-, Weihnachts- und Neujahrsgeschichte (Bmuuschweig,
Westermann, 1890) ist räumlich das bescheidenste; die zwei andern Dichtungen:
Unsers Herrgotts Kanzlei (Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung,
1889) und Die Leute aus dem Walde, ihre Sterne, Wege und Schick¬
sale (2 Bände, Braunschweig, Westermann, 1890) sind weit umfänglicher und
stammen aus den Jahren 1862 und 1863, erleben also fast nach drei Jahr¬
zehnten noch eine neue Auflage. Sie sind auch in der That kaum mehr zu
sehen gewesen. Hat der Dichter wohl daran gethan, diese Erzählungen uns
wieder anzubieten? Diese Frage hat er durch die Neuausgabe selbst aufge¬
worfen, und sie haben wir hier zu beantworten.

„Unsers Herrgotts Kanzlei" ist eine historische Erzählung aus der Mitte des
sechzehnten Jahrhunderts, der Zeit der Religionskriege. „Unsers Herrgotts Kanz¬
lei," das ist der Ehrenname der Stadt Magdeburg, den sie sich in ihrer tapfern
Verteidigung des lutherisch gereinigten Glaubens gegen Papisten und Jnteri-
misten, gegen deu Kaiser und gegen die Landesfürsten von Mecklenburg und
Sachsen erworben hat. Der Schauplatz der Erzählung ist Magdeburg mit
seiner nächsten Umgebung, und zwar zur Zeit der Belagerung durch den wilden
Herzog Jörg von Mecklenburg, der die fleißigen Bürger um ihren Wohlstand
beneidete und die Wirren der Zeit dazu benutzen wollte, die feste Stadt zu


Grenzboten I 1890 70
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/561>, abgerufen am 22.07.2024.