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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Randglossen zum böhmischen Ausgleich

5^"WWs ist etwa ein Vierteljahr, daß wir an dieser Stelle Flugschriften
aus Osterreich anzeigte", die sich namentlich mit dem Verhältnis
der Deutschen zu den Slawen in Böhme" beschäftigten. Zwei
Richtungen traten dabei -- ma" wird sich eriuuer" -- hervor:
die eine zielte auf eine Verständigung mit der Regierung oder
besser mit den "permanenten Gewalten des Staates" ab, die nur durch ge¬
wisse Zugeständnisse zu Gunsten der Slawen zu erlangen sei, die andre forderte
einen rücksichtslosen, nur von nationalen Ideen geleiteten Kampf gegen Regie¬
rung und Slawen zugleich. Wir fanden die erstere Richtung den Bedürfnissen
der Gegenwart und der europäische" Stellung Österreich-Ungarns entsprechender.
Wirklich haben sich die Dinge nun in dieser Richtung entwickelt.

Zwar nicht ganz so, wie der Verfasser der "Neuen Bahnen" es gleichsam
vvrzeichnete. Nicht die deutschen Abgeordneten haben den ersten Schritt ge¬
than, was bei der Gereiztheit ihrer Wähler auch nicht leicht möglich gewesen
wäre, sondern die Regierung. Und nicht ein Abkommen zwischen der Re¬
gierung und der deutschen Partei ist zuerst geschlossen worden, sondern durch
Vermittlung der Regierung eines zwischen Deutschen und Slawen in Böhmen.
Es leuchtet ein, das; dieses auf eiuer festern Grundlage ruht, als es jeues
jemals gekonnt hätte.

Sehr merkwürdig ist, daß sich alles außerhalb des Reichsrates abgespielt
hat. Aber wenn mau seine Zusammensetzung und Partcigruppirung bedenkt,
doch begreiflich. Es handelte sich zunächst um die Herstellung eines leidliche"
Zustandes i" Böhmen. Im Reichsrat Hütten nun Polen und Slowenen,
Italiener und Deutschklerikale anzustimmen und mitzuentscheiden gehabt. Keine
Frage, das Verhältnis der Deutschen und der Slawen in Böhmen berührt


Gu'iizbvtc" I IttgN 5"


Randglossen zum böhmischen Ausgleich

5^«WWs ist etwa ein Vierteljahr, daß wir an dieser Stelle Flugschriften
aus Osterreich anzeigte», die sich namentlich mit dem Verhältnis
der Deutschen zu den Slawen in Böhme» beschäftigten. Zwei
Richtungen traten dabei — ma» wird sich eriuuer» — hervor:
die eine zielte auf eine Verständigung mit der Regierung oder
besser mit den „permanenten Gewalten des Staates" ab, die nur durch ge¬
wisse Zugeständnisse zu Gunsten der Slawen zu erlangen sei, die andre forderte
einen rücksichtslosen, nur von nationalen Ideen geleiteten Kampf gegen Regie¬
rung und Slawen zugleich. Wir fanden die erstere Richtung den Bedürfnissen
der Gegenwart und der europäische» Stellung Österreich-Ungarns entsprechender.
Wirklich haben sich die Dinge nun in dieser Richtung entwickelt.

Zwar nicht ganz so, wie der Verfasser der „Neuen Bahnen" es gleichsam
vvrzeichnete. Nicht die deutschen Abgeordneten haben den ersten Schritt ge¬
than, was bei der Gereiztheit ihrer Wähler auch nicht leicht möglich gewesen
wäre, sondern die Regierung. Und nicht ein Abkommen zwischen der Re¬
gierung und der deutschen Partei ist zuerst geschlossen worden, sondern durch
Vermittlung der Regierung eines zwischen Deutschen und Slawen in Böhmen.
Es leuchtet ein, das; dieses auf eiuer festern Grundlage ruht, als es jeues
jemals gekonnt hätte.

Sehr merkwürdig ist, daß sich alles außerhalb des Reichsrates abgespielt
hat. Aber wenn mau seine Zusammensetzung und Partcigruppirung bedenkt,
doch begreiflich. Es handelte sich zunächst um die Herstellung eines leidliche»
Zustandes i» Böhmen. Im Reichsrat Hütten nun Polen und Slowenen,
Italiener und Deutschklerikale anzustimmen und mitzuentscheiden gehabt. Keine
Frage, das Verhältnis der Deutschen und der Slawen in Böhmen berührt


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[0401] [Abbildung] Randglossen zum böhmischen Ausgleich 5^«WWs ist etwa ein Vierteljahr, daß wir an dieser Stelle Flugschriften aus Osterreich anzeigte», die sich namentlich mit dem Verhältnis der Deutschen zu den Slawen in Böhme» beschäftigten. Zwei Richtungen traten dabei — ma» wird sich eriuuer» — hervor: die eine zielte auf eine Verständigung mit der Regierung oder besser mit den „permanenten Gewalten des Staates" ab, die nur durch ge¬ wisse Zugeständnisse zu Gunsten der Slawen zu erlangen sei, die andre forderte einen rücksichtslosen, nur von nationalen Ideen geleiteten Kampf gegen Regie¬ rung und Slawen zugleich. Wir fanden die erstere Richtung den Bedürfnissen der Gegenwart und der europäische» Stellung Österreich-Ungarns entsprechender. Wirklich haben sich die Dinge nun in dieser Richtung entwickelt. Zwar nicht ganz so, wie der Verfasser der „Neuen Bahnen" es gleichsam vvrzeichnete. Nicht die deutschen Abgeordneten haben den ersten Schritt ge¬ than, was bei der Gereiztheit ihrer Wähler auch nicht leicht möglich gewesen wäre, sondern die Regierung. Und nicht ein Abkommen zwischen der Re¬ gierung und der deutschen Partei ist zuerst geschlossen worden, sondern durch Vermittlung der Regierung eines zwischen Deutschen und Slawen in Böhmen. Es leuchtet ein, das; dieses auf eiuer festern Grundlage ruht, als es jeues jemals gekonnt hätte. Sehr merkwürdig ist, daß sich alles außerhalb des Reichsrates abgespielt hat. Aber wenn mau seine Zusammensetzung und Partcigruppirung bedenkt, doch begreiflich. Es handelte sich zunächst um die Herstellung eines leidliche» Zustandes i» Böhmen. Im Reichsrat Hütten nun Polen und Slowenen, Italiener und Deutschklerikale anzustimmen und mitzuentscheiden gehabt. Keine Frage, das Verhältnis der Deutschen und der Slawen in Böhmen berührt Gu'iizbvtc» I IttgN 5«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/401>, abgerufen am 23.07.2024.