Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Nnmas;gel'liebes hatte wie dieser. Ellen konnte zwischen Himmel und Erde keinen Ort finden, Aber nach des Vaters, des alten Krens bald erfolgenden Tode versank (Forsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Zur Fremdwörterfrage. Mit Recht ist schon von verschleimen Seite" Maßgebliches und Nnmas;gel'liebes hatte wie dieser. Ellen konnte zwischen Himmel und Erde keinen Ort finden, Aber nach des Vaters, des alten Krens bald erfolgenden Tode versank (Forsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Zur Fremdwörterfrage. Mit Recht ist schon von verschleimen Seite» <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0061" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206060"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Nnmas;gel'liebes</fw><lb/> <p xml:id="ID_228" prev="#ID_227"> hatte wie dieser. Ellen konnte zwischen Himmel und Erde keinen Ort finden,<lb/> um ihre Sehnen und ihre Verzweiflung zu verbergen. Noch nach Monaten<lb/> hielt man sie nur mit Gewalt davon zurück, sich in den See zu stürzen, um<lb/> sich dort dem spöttischen Lächeln und den schadenfrohen Blicken zu entziehen,<lb/> die der früher so spröden Jungfer überall begegneten.</p><lb/> <p xml:id="ID_229"> Aber nach des Vaters, des alten Krens bald erfolgenden Tode versank<lb/> sie in eine Stumpfheit, in einen nachtwandlerischen Zustand, aus dem sie fast<lb/> nicht mehr erwachte, und dem sie sich von nun an mich ungestört hingeben<lb/> konnte, da gerade um diese Zeit die Brücke über den Bach geburt wurde.<lb/> Vorher war auch das Kind in der Dorfkirche getauft worden und hatte deu<lb/> Namen Martha erhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_230"> (Forsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Zur Fremdwörterfrage.</head> <p xml:id="ID_231" next="#ID_232"> Mit Recht ist schon von verschleimen Seite»<lb/> darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Fremdwörterfrage im Grunde eine<lb/> Bildungsfrage sei. Man kann geradezu mit Rücksicht auf den Gebrauch unnötiger<lb/> Fremdwörter — um solche handelt sichs ja immer nur — die Deutschen in drei<lb/> Bilduugstlasseu einteileni die unterste Klasse braucht die Fremdwörter falsch, die<lb/> nllttelste Klasse braucht sie richtig, die oberste Klasse braucht sie — gar nicht. Daneben<lb/> giebts natürlich allerhand Misch- und Zwischenklassen, aber die Hauptklassen sind doch<lb/> die drei genannten. Der gewöhnliche Mann aus dem Volke weiß in den meisten<lb/> Fällen gar nicht, daß er Fremdwörter braucht. Woher sollte ers auch wissen?<lb/> In eine fremde Sprache hat er nie hineingeblickt, über seinen Wortschatz macht er<lb/> sich keine Gedanken, er versteht entweder ein Wort oder er versteht es nicht — die<lb/> Fremdwörter versteht er meistens nicht —, ob die Wörter, die er braucht, deutsche<lb/> sind oder einer fremden Sprache angehören, vermag er nicht zu beurteilen. In<lb/> Leipzig ist z. B. dem Manu aus dem Volke, dem kleinen Handwerker und Geschäfts¬<lb/> mann, dem untern Beamten, dem Kutscher, den, Kellner, dem Packträger das Wort<lb/> zurück fast unbekannt. Wenn ers gedruckt liest, versteht ers wohl, aber seinem eignen<lb/> Wortschätze gehört es nicht an, er kennt nur das Wort retur (retour), das ist für ihn<lb/> deutsch! Er sagt: Ich kriege zehn Feuuche retur — schied emal de Karre<lb/> retur — um zehne fahrmer retur — Müller is in heilten Jeschäfte redurjekommeu.<lb/> Ebenso wenig braucht er z. B. die Wörter Wohnung und wohnen, gegenüber,<lb/> gerade oder dicht, er wohnt nicht dem Bahnhöfe gegenüber oder dicht am Bahn-<lb/> Hofe, sondern er loschirt dem Bahnhöfe wiesawieh oder direkt am Bahnhöfe.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
Maßgebliches und Nnmas;gel'liebes
hatte wie dieser. Ellen konnte zwischen Himmel und Erde keinen Ort finden,
um ihre Sehnen und ihre Verzweiflung zu verbergen. Noch nach Monaten
hielt man sie nur mit Gewalt davon zurück, sich in den See zu stürzen, um
sich dort dem spöttischen Lächeln und den schadenfrohen Blicken zu entziehen,
die der früher so spröden Jungfer überall begegneten.
Aber nach des Vaters, des alten Krens bald erfolgenden Tode versank
sie in eine Stumpfheit, in einen nachtwandlerischen Zustand, aus dem sie fast
nicht mehr erwachte, und dem sie sich von nun an mich ungestört hingeben
konnte, da gerade um diese Zeit die Brücke über den Bach geburt wurde.
Vorher war auch das Kind in der Dorfkirche getauft worden und hatte deu
Namen Martha erhalten.
(Forsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Zur Fremdwörterfrage. Mit Recht ist schon von verschleimen Seite»
darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Fremdwörterfrage im Grunde eine
Bildungsfrage sei. Man kann geradezu mit Rücksicht auf den Gebrauch unnötiger
Fremdwörter — um solche handelt sichs ja immer nur — die Deutschen in drei
Bilduugstlasseu einteileni die unterste Klasse braucht die Fremdwörter falsch, die
nllttelste Klasse braucht sie richtig, die oberste Klasse braucht sie — gar nicht. Daneben
giebts natürlich allerhand Misch- und Zwischenklassen, aber die Hauptklassen sind doch
die drei genannten. Der gewöhnliche Mann aus dem Volke weiß in den meisten
Fällen gar nicht, daß er Fremdwörter braucht. Woher sollte ers auch wissen?
In eine fremde Sprache hat er nie hineingeblickt, über seinen Wortschatz macht er
sich keine Gedanken, er versteht entweder ein Wort oder er versteht es nicht — die
Fremdwörter versteht er meistens nicht —, ob die Wörter, die er braucht, deutsche
sind oder einer fremden Sprache angehören, vermag er nicht zu beurteilen. In
Leipzig ist z. B. dem Manu aus dem Volke, dem kleinen Handwerker und Geschäfts¬
mann, dem untern Beamten, dem Kutscher, den, Kellner, dem Packträger das Wort
zurück fast unbekannt. Wenn ers gedruckt liest, versteht ers wohl, aber seinem eignen
Wortschätze gehört es nicht an, er kennt nur das Wort retur (retour), das ist für ihn
deutsch! Er sagt: Ich kriege zehn Feuuche retur — schied emal de Karre
retur — um zehne fahrmer retur — Müller is in heilten Jeschäfte redurjekommeu.
Ebenso wenig braucht er z. B. die Wörter Wohnung und wohnen, gegenüber,
gerade oder dicht, er wohnt nicht dem Bahnhöfe gegenüber oder dicht am Bahn-
Hofe, sondern er loschirt dem Bahnhöfe wiesawieh oder direkt am Bahnhöfe.
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