Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Deutschland bei den Deutschen im Auslande

is in der Sitzung des deutschen Reichstages vom 30. Oktober Herr
von Vennigsen äußerte, die Deutschen im Auslande seien stolz
ans ihr Vaterland, rief Herr Richter dazwischen: "Von außen
sieht sich das Hübsch an!" Und als er am folgenden Tage zum
Worte kam, warf er die Frage auf: "Warum sollen die im Aus¬
lande lebenden Deutschen dafür besonders kompetent sein? Sie tragen zu den
Lasten uicht bei, sie leiden nicht nnter den beschränkenden Maßnahmen der innern
Politik. Sie haben nur den Eindruck, daß das Ansehen Deutschlands im
Auslande gestiegen ist." Darauf erlaubt sich ein im Auslande wohnender
Deutscher einige Worte zu erwidern.

Vor allen Dingen glaube Herr Richter ja nicht, daß alles, was in unsrer
Heimat vorgeht, sich von außen hübsch ansehe. Am wenigsten gewinnt sein
und seiner politischen Freunde Treiben durch die Entfernung. Im Gegenteil,
dann und wann ergötzt uns wohl der Anblick, wie der Führer der "Freisinnigen"
(oder heißen sie vielleicht schon wieder anders? es ist schwer, in solchen Dingen
"auf dem Laufenden" zu bleiben) den Takt erbärmlich schön schlägt, und die
Herren Rickert und Bamberger sich quälen ihm beizustehen. Aber viel häufiger
ergreift uns doch Schamgefühl, wenn wir sehen müssen, daß Männer, die die
Ehre genießen, Vertreter des deutscheu Volkes zu heißen, es gar nicht vertragen
können, daß "das Ansehen Deutschlands im Auslande steigt," es vielmehr für
ihre Aufgabe halten, ihr Vaterland zu schmähen und verächtlich zu machen, wo
sie nur köunen. Wir sind empört bis ins Innerste, wenn gerade solche Männer,
so oft die deutschen Interessen sich mit fremden kreuzen, stets die Anwälte der
Fremden spielen, Deutschland verdächtigen, in ihren Anschuldigungen diejenigen
noch zu überbieten suchen, die sich dnrch deutschen Unternehmungsgeist und


Grenzlwten IV 1839 :>>'


Deutschland bei den Deutschen im Auslande

is in der Sitzung des deutschen Reichstages vom 30. Oktober Herr
von Vennigsen äußerte, die Deutschen im Auslande seien stolz
ans ihr Vaterland, rief Herr Richter dazwischen: „Von außen
sieht sich das Hübsch an!" Und als er am folgenden Tage zum
Worte kam, warf er die Frage auf: „Warum sollen die im Aus¬
lande lebenden Deutschen dafür besonders kompetent sein? Sie tragen zu den
Lasten uicht bei, sie leiden nicht nnter den beschränkenden Maßnahmen der innern
Politik. Sie haben nur den Eindruck, daß das Ansehen Deutschlands im
Auslande gestiegen ist." Darauf erlaubt sich ein im Auslande wohnender
Deutscher einige Worte zu erwidern.

Vor allen Dingen glaube Herr Richter ja nicht, daß alles, was in unsrer
Heimat vorgeht, sich von außen hübsch ansehe. Am wenigsten gewinnt sein
und seiner politischen Freunde Treiben durch die Entfernung. Im Gegenteil,
dann und wann ergötzt uns wohl der Anblick, wie der Führer der „Freisinnigen"
(oder heißen sie vielleicht schon wieder anders? es ist schwer, in solchen Dingen
„auf dem Laufenden" zu bleiben) den Takt erbärmlich schön schlägt, und die
Herren Rickert und Bamberger sich quälen ihm beizustehen. Aber viel häufiger
ergreift uns doch Schamgefühl, wenn wir sehen müssen, daß Männer, die die
Ehre genießen, Vertreter des deutscheu Volkes zu heißen, es gar nicht vertragen
können, daß „das Ansehen Deutschlands im Auslande steigt," es vielmehr für
ihre Aufgabe halten, ihr Vaterland zu schmähen und verächtlich zu machen, wo
sie nur köunen. Wir sind empört bis ins Innerste, wenn gerade solche Männer,
so oft die deutschen Interessen sich mit fremden kreuzen, stets die Anwälte der
Fremden spielen, Deutschland verdächtigen, in ihren Anschuldigungen diejenigen
noch zu überbieten suchen, die sich dnrch deutschen Unternehmungsgeist und


Grenzlwten IV 1839 :>>'
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206304"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341849_205998/figures/grenzboten_341849_205998_206304_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Deutschland bei den Deutschen im Auslande</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1030"> is in der Sitzung des deutschen Reichstages vom 30. Oktober Herr<lb/>
von Vennigsen äußerte, die Deutschen im Auslande seien stolz<lb/>
ans ihr Vaterland, rief Herr Richter dazwischen: &#x201E;Von außen<lb/>
sieht sich das Hübsch an!" Und als er am folgenden Tage zum<lb/>
Worte kam, warf er die Frage auf: &#x201E;Warum sollen die im Aus¬<lb/>
lande lebenden Deutschen dafür besonders kompetent sein? Sie tragen zu den<lb/>
Lasten uicht bei, sie leiden nicht nnter den beschränkenden Maßnahmen der innern<lb/>
Politik. Sie haben nur den Eindruck, daß das Ansehen Deutschlands im<lb/>
Auslande gestiegen ist." Darauf erlaubt sich ein im Auslande wohnender<lb/>
Deutscher einige Worte zu erwidern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1031" next="#ID_1032"> Vor allen Dingen glaube Herr Richter ja nicht, daß alles, was in unsrer<lb/>
Heimat vorgeht, sich von außen hübsch ansehe. Am wenigsten gewinnt sein<lb/>
und seiner politischen Freunde Treiben durch die Entfernung. Im Gegenteil,<lb/>
dann und wann ergötzt uns wohl der Anblick, wie der Führer der &#x201E;Freisinnigen"<lb/>
(oder heißen sie vielleicht schon wieder anders? es ist schwer, in solchen Dingen<lb/>
&#x201E;auf dem Laufenden" zu bleiben) den Takt erbärmlich schön schlägt, und die<lb/>
Herren Rickert und Bamberger sich quälen ihm beizustehen. Aber viel häufiger<lb/>
ergreift uns doch Schamgefühl, wenn wir sehen müssen, daß Männer, die die<lb/>
Ehre genießen, Vertreter des deutscheu Volkes zu heißen, es gar nicht vertragen<lb/>
können, daß &#x201E;das Ansehen Deutschlands im Auslande steigt," es vielmehr für<lb/>
ihre Aufgabe halten, ihr Vaterland zu schmähen und verächtlich zu machen, wo<lb/>
sie nur köunen. Wir sind empört bis ins Innerste, wenn gerade solche Männer,<lb/>
so oft die deutschen Interessen sich mit fremden kreuzen, stets die Anwälte der<lb/>
Fremden spielen, Deutschland verdächtigen, in ihren Anschuldigungen diejenigen<lb/>
noch zu überbieten suchen, die sich dnrch deutschen Unternehmungsgeist und</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzlwten IV 1839 :&gt;&gt;'</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0305] [Abbildung] Deutschland bei den Deutschen im Auslande is in der Sitzung des deutschen Reichstages vom 30. Oktober Herr von Vennigsen äußerte, die Deutschen im Auslande seien stolz ans ihr Vaterland, rief Herr Richter dazwischen: „Von außen sieht sich das Hübsch an!" Und als er am folgenden Tage zum Worte kam, warf er die Frage auf: „Warum sollen die im Aus¬ lande lebenden Deutschen dafür besonders kompetent sein? Sie tragen zu den Lasten uicht bei, sie leiden nicht nnter den beschränkenden Maßnahmen der innern Politik. Sie haben nur den Eindruck, daß das Ansehen Deutschlands im Auslande gestiegen ist." Darauf erlaubt sich ein im Auslande wohnender Deutscher einige Worte zu erwidern. Vor allen Dingen glaube Herr Richter ja nicht, daß alles, was in unsrer Heimat vorgeht, sich von außen hübsch ansehe. Am wenigsten gewinnt sein und seiner politischen Freunde Treiben durch die Entfernung. Im Gegenteil, dann und wann ergötzt uns wohl der Anblick, wie der Führer der „Freisinnigen" (oder heißen sie vielleicht schon wieder anders? es ist schwer, in solchen Dingen „auf dem Laufenden" zu bleiben) den Takt erbärmlich schön schlägt, und die Herren Rickert und Bamberger sich quälen ihm beizustehen. Aber viel häufiger ergreift uns doch Schamgefühl, wenn wir sehen müssen, daß Männer, die die Ehre genießen, Vertreter des deutscheu Volkes zu heißen, es gar nicht vertragen können, daß „das Ansehen Deutschlands im Auslande steigt," es vielmehr für ihre Aufgabe halten, ihr Vaterland zu schmähen und verächtlich zu machen, wo sie nur köunen. Wir sind empört bis ins Innerste, wenn gerade solche Männer, so oft die deutschen Interessen sich mit fremden kreuzen, stets die Anwälte der Fremden spielen, Deutschland verdächtigen, in ihren Anschuldigungen diejenigen noch zu überbieten suchen, die sich dnrch deutschen Unternehmungsgeist und Grenzlwten IV 1839 :>>'

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/305
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/305>, abgerufen am 23.06.2024.