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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Hriedenshoffnungen

eraume Zeit ist der Wunsch, das? es Friede bleiben möge, so
allgemein und so lebhaft er auch in den Nationen ist, die im Drei¬
bünde vereinigt sind, zusammengehalten mit den Beobachtungen
in andern Kreisen, mit denen zu rechnen war, wenig mehr als
ein frommer Wunsch gewesen, und mehr als einmal schien eS,
als ob bei seiner Erwägung die Gründe, die seine Erfüllung hoffen ließen,
leichter wogen als die Zweifel und Befürchtungen. Jetzt, wo das Jahr sich
dein Ende zuneigt, Null es scheinen, als ob sich die ^age der Dinge bedeutend
gebessert hätte und als ob unser Wunsch nach Erhaltung des Friedens be¬
rechtigt wäre, sich nicht bloß in Hoffnung, sondern in Zuversicht zu verwandeln,
und zwar nicht bloß für den Angenblick, sondern für längere Dauer. Das
liest sich zunächst aus der Thronrede heraus, mit der in voriger Woche der
deutsche Reichstag eröffnet worden ist. Kein Geringerer als unser Kaiser giebt
uns diese Bersichernng, wenn er ausdrücklich sagt, daß die befrenndeten Mon¬
archen nnter sich einig seien, den Frieden nach Kräften zu wahren, daß das
Vertrauen ans die ehrliche Friedensliebe Deutschlands befestigt sei, und daß er
sich für berechtigt halte, zu glauben, der Frieden werde auch im nächsten Jahre
fortdauern. Zwar ist mir von den Monarchen die Rede, und die Befestigung
des Vertrauens auf die Friedensliebe Deutschlands geht offenbar mir ans den
Besuch des Zaren, auch beschränkt sich die Thronrede mit ihrer Berechtigung
zu dem Glauben an Erhaltung des Friedens ans das nächste Jahr. Aber
wenn die Monarchen mit Einschluß des Zaren den Friede wolle", so wird
die Republik im Westen ihn nicht zu brechen wagen, und jedes Jahr, das
seiner Dauer hinzutritt, muß weitere Dauer wo nicht verbürgen, doch mit
größerer Zuversicht erwarten lassen.


Greilzbvwi IV ,889 Zi!


Hriedenshoffnungen

eraume Zeit ist der Wunsch, das? es Friede bleiben möge, so
allgemein und so lebhaft er auch in den Nationen ist, die im Drei¬
bünde vereinigt sind, zusammengehalten mit den Beobachtungen
in andern Kreisen, mit denen zu rechnen war, wenig mehr als
ein frommer Wunsch gewesen, und mehr als einmal schien eS,
als ob bei seiner Erwägung die Gründe, die seine Erfüllung hoffen ließen,
leichter wogen als die Zweifel und Befürchtungen. Jetzt, wo das Jahr sich
dein Ende zuneigt, Null es scheinen, als ob sich die ^age der Dinge bedeutend
gebessert hätte und als ob unser Wunsch nach Erhaltung des Friedens be¬
rechtigt wäre, sich nicht bloß in Hoffnung, sondern in Zuversicht zu verwandeln,
und zwar nicht bloß für den Angenblick, sondern für längere Dauer. Das
liest sich zunächst aus der Thronrede heraus, mit der in voriger Woche der
deutsche Reichstag eröffnet worden ist. Kein Geringerer als unser Kaiser giebt
uns diese Bersichernng, wenn er ausdrücklich sagt, daß die befrenndeten Mon¬
archen nnter sich einig seien, den Frieden nach Kräften zu wahren, daß das
Vertrauen ans die ehrliche Friedensliebe Deutschlands befestigt sei, und daß er
sich für berechtigt halte, zu glauben, der Frieden werde auch im nächsten Jahre
fortdauern. Zwar ist mir von den Monarchen die Rede, und die Befestigung
des Vertrauens auf die Friedensliebe Deutschlands geht offenbar mir ans den
Besuch des Zaren, auch beschränkt sich die Thronrede mit ihrer Berechtigung
zu dem Glauben an Erhaltung des Friedens ans das nächste Jahr. Aber
wenn die Monarchen mit Einschluß des Zaren den Friede wolle», so wird
die Republik im Westen ihn nicht zu brechen wagen, und jedes Jahr, das
seiner Dauer hinzutritt, muß weitere Dauer wo nicht verbürgen, doch mit
größerer Zuversicht erwarten lassen.


Greilzbvwi IV ,889 Zi!
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[0209] [Abbildung] Hriedenshoffnungen eraume Zeit ist der Wunsch, das? es Friede bleiben möge, so allgemein und so lebhaft er auch in den Nationen ist, die im Drei¬ bünde vereinigt sind, zusammengehalten mit den Beobachtungen in andern Kreisen, mit denen zu rechnen war, wenig mehr als ein frommer Wunsch gewesen, und mehr als einmal schien eS, als ob bei seiner Erwägung die Gründe, die seine Erfüllung hoffen ließen, leichter wogen als die Zweifel und Befürchtungen. Jetzt, wo das Jahr sich dein Ende zuneigt, Null es scheinen, als ob sich die ^age der Dinge bedeutend gebessert hätte und als ob unser Wunsch nach Erhaltung des Friedens be¬ rechtigt wäre, sich nicht bloß in Hoffnung, sondern in Zuversicht zu verwandeln, und zwar nicht bloß für den Angenblick, sondern für längere Dauer. Das liest sich zunächst aus der Thronrede heraus, mit der in voriger Woche der deutsche Reichstag eröffnet worden ist. Kein Geringerer als unser Kaiser giebt uns diese Bersichernng, wenn er ausdrücklich sagt, daß die befrenndeten Mon¬ archen nnter sich einig seien, den Frieden nach Kräften zu wahren, daß das Vertrauen ans die ehrliche Friedensliebe Deutschlands befestigt sei, und daß er sich für berechtigt halte, zu glauben, der Frieden werde auch im nächsten Jahre fortdauern. Zwar ist mir von den Monarchen die Rede, und die Befestigung des Vertrauens auf die Friedensliebe Deutschlands geht offenbar mir ans den Besuch des Zaren, auch beschränkt sich die Thronrede mit ihrer Berechtigung zu dem Glauben an Erhaltung des Friedens ans das nächste Jahr. Aber wenn die Monarchen mit Einschluß des Zaren den Friede wolle», so wird die Republik im Westen ihn nicht zu brechen wagen, und jedes Jahr, das seiner Dauer hinzutritt, muß weitere Dauer wo nicht verbürgen, doch mit größerer Zuversicht erwarten lassen. Greilzbvwi IV ,889 Zi!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/209>, abgerufen am 23.06.2024.