Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Litteratur den das Büchlein gefunden, angespornt hat, wird es auch anderwärts, wo Sinn Biblische Redensarten. Eine Studie über den Gebrauch und Mißbrauch der Bibel in der deutschen Volks- und Umgangssprache. Vou Paul Grünberg, Heilbronn, Gebr. Henninger, 1383 Goethe bezeugt ausdrücklich, daß er für seine gesamte Bildung keinem Buche Bei erneuter Durchsicht und Prüfung wird der Verfasser wohl selber Einzel¬ Litteratur den das Büchlein gefunden, angespornt hat, wird es auch anderwärts, wo Sinn Biblische Redensarten. Eine Studie über den Gebrauch und Mißbrauch der Bibel in der deutschen Volks- und Umgangssprache. Vou Paul Grünberg, Heilbronn, Gebr. Henninger, 1383 Goethe bezeugt ausdrücklich, daß er für seine gesamte Bildung keinem Buche Bei erneuter Durchsicht und Prüfung wird der Verfasser wohl selber Einzel¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0581" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205312"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1630" prev="#ID_1629"> den das Büchlein gefunden, angespornt hat, wird es auch anderwärts, wo Sinn<lb/> und Verständnis für alte deutsche Bolkssittc »ut Volksglauben noch lebendig sind,<lb/> willkommen sein. Da der Verfasser auch ältere Werke und Urkunden ausgenutzt<lb/> hat, so beanspruchen manche seiner Mitteilungen wissenschaftlichen Wert und dürfen<lb/> vielfach als eine Ergänzung zu Vilmars bekannten, „Idiotikon" gelten. Vom In¬<lb/> halte des Buches giebt das Verzeichnis eine Vorstellung: 1. Weihuachtsgebräuche;<lb/> 2. Neujahrsgebräuche; 3. Fastnnchtsgebräuche; 4. Ostergebriinche; 6. Gebräuche,<lb/> welche an einzelnen Tagen hasten: 1. um Dienstage- Gerichtsgebränche, 2. um<lb/> Donnerstage: landwirtschaftliche Gebräuche, 3. am Freitage: Hochzeitsgebräuche;<lb/> K. Besondre Opfergebräuche: 7. Heil- und Zaubergebräuche/. 8. Leichengebräuche.<lb/> Auch ein Register fehlt nicht.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Biblische Redensarten. Eine Studie über den Gebrauch und Mißbrauch der Bibel in<lb/> der deutschen Volks- und Umgangssprache. Vou Paul Grünberg, Heilbronn, Gebr.<lb/> Henninger, 1383</head><lb/> <p xml:id="ID_1631"> Goethe bezeugt ausdrücklich, daß er für seine gesamte Bildung keinem Buche<lb/> soviel verdanke, wie der Bibel. In Bezug auf die Sprache gilt dies von den<lb/> übrigen Dichtern unsrer zweiten klassischen Zeit nicht minder: man kann ohne Über¬<lb/> treibung sagen, daß sie als Sprachbildner und -Schöpfer alle, unbeschadet ihrer<lb/> Originalität, noch als unmittelbare Schüler Luthers gelten dürfen. Darum ist mit<lb/> Recht behauptet worden, daß derjenige Deutsche seine Muttersprache nur ungenügend<lb/> verstehe, dein die Luthersche Bibelübersetzung fremd sei. Wie gern Nur unsre Rede<lb/> mit biblischen Wendungen, Bildern, Sprichwörtern, Anspielungen aller Art schmücken,<lb/> zeigt el>, flüchtiger Blick in Büchmanns bekanntes Buch, dessen 1ö. Auflage etwa<lb/> 400 geflügelte Worte ans der Bibel enthält. Daß damit aber noch lange nicht<lb/> erschöpft ist, was unsre Alltagsrede überhaupt dorther entlehnt hat, erfährt mau in<lb/> kurzweiliger Plauderei aus dem hier angezeigten Schriftchen, womit die Muße eines<lb/> elsässischen Pfarrers die Sprach- und Bibelfreunde unter den Gebildeten beschenkt<lb/> hat. Es sind im ganzen 800 Entlehnungen und Anspielungen, aus der fertigen<lb/> Volks- und Umgangssprache geschöpft, die in einzelnen Gruppe» betrachtet werden:<lb/> t20 einfache Worte nud Begriffe, 200 zusammengesetzte Wendungen und Redens¬<lb/> arten, 150 Bilder und Gleichnisreden, 130 Typen aus der biblischen Geschichte,<lb/> 120 Citate und Sprichwörter, 30 biblische Witze, Parodien und Travestien.<lb/> Indem der Verfasser den Zusammenhang nachweist, der gegenwärtig zwischen der<lb/> Sprache des täglichen Verkehrs und der Bibel besteht, um dadurch weitern Kreisen<lb/> wieder zum Bewußtsein zu bringen, Inas wir in sprachlicher Beziehung in der Bibel,<lb/> aus der Bibel und an der Bibel haben, hofft er zugleich ernstere Leser anzulegen,<lb/> dem gedankenlosen, häßlichen und schädlichen Mißbrauch biblischer Weltbürgern. s. w.<lb/> nach Kräften entgegenzuwirken. Möchten die beredten und überzeugenden Ausfüh-<lb/> rungen, die durchaus nicht dilettautenhaft sind, dazu beitragen, daß die Sprache der<lb/> Bibel wieder für die Gebildeten den Adel, die Reinheit, Innigkeit und Tiefe ge¬<lb/> wönne, die sie für Goethe noch besaß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1632"> Bei erneuter Durchsicht und Prüfung wird der Verfasser wohl selber Einzel¬<lb/> heiten berichtigen und schärfer fassen; so bedarf, um ans weniges hinzuweisen, das<lb/> Verzeichnis auf Seite 11 einer Dnrchsiebuug, nicht ganz genau ist, was über das<lb/> Wort „Zeter" Seite 7 und über „ehrliches Begräbnis" Seite 15 gesagt wird;<lb/> dasselbe gilt von Redensarten wie „das alte Lied singen" Seite 16, „es kostet<lb/> den Hals nicht" Seite 17, „den Himmel voll Baßgeigen sehen" (vgl. hierüber<lb/> Hildebrand, Vom deutschen Sprachunterricht) n. a.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0581]
Litteratur
den das Büchlein gefunden, angespornt hat, wird es auch anderwärts, wo Sinn
und Verständnis für alte deutsche Bolkssittc »ut Volksglauben noch lebendig sind,
willkommen sein. Da der Verfasser auch ältere Werke und Urkunden ausgenutzt
hat, so beanspruchen manche seiner Mitteilungen wissenschaftlichen Wert und dürfen
vielfach als eine Ergänzung zu Vilmars bekannten, „Idiotikon" gelten. Vom In¬
halte des Buches giebt das Verzeichnis eine Vorstellung: 1. Weihuachtsgebräuche;
2. Neujahrsgebräuche; 3. Fastnnchtsgebräuche; 4. Ostergebriinche; 6. Gebräuche,
welche an einzelnen Tagen hasten: 1. um Dienstage- Gerichtsgebränche, 2. um
Donnerstage: landwirtschaftliche Gebräuche, 3. am Freitage: Hochzeitsgebräuche;
K. Besondre Opfergebräuche: 7. Heil- und Zaubergebräuche/. 8. Leichengebräuche.
Auch ein Register fehlt nicht.
Biblische Redensarten. Eine Studie über den Gebrauch und Mißbrauch der Bibel in
der deutschen Volks- und Umgangssprache. Vou Paul Grünberg, Heilbronn, Gebr.
Henninger, 1383
Goethe bezeugt ausdrücklich, daß er für seine gesamte Bildung keinem Buche
soviel verdanke, wie der Bibel. In Bezug auf die Sprache gilt dies von den
übrigen Dichtern unsrer zweiten klassischen Zeit nicht minder: man kann ohne Über¬
treibung sagen, daß sie als Sprachbildner und -Schöpfer alle, unbeschadet ihrer
Originalität, noch als unmittelbare Schüler Luthers gelten dürfen. Darum ist mit
Recht behauptet worden, daß derjenige Deutsche seine Muttersprache nur ungenügend
verstehe, dein die Luthersche Bibelübersetzung fremd sei. Wie gern Nur unsre Rede
mit biblischen Wendungen, Bildern, Sprichwörtern, Anspielungen aller Art schmücken,
zeigt el>, flüchtiger Blick in Büchmanns bekanntes Buch, dessen 1ö. Auflage etwa
400 geflügelte Worte ans der Bibel enthält. Daß damit aber noch lange nicht
erschöpft ist, was unsre Alltagsrede überhaupt dorther entlehnt hat, erfährt mau in
kurzweiliger Plauderei aus dem hier angezeigten Schriftchen, womit die Muße eines
elsässischen Pfarrers die Sprach- und Bibelfreunde unter den Gebildeten beschenkt
hat. Es sind im ganzen 800 Entlehnungen und Anspielungen, aus der fertigen
Volks- und Umgangssprache geschöpft, die in einzelnen Gruppe» betrachtet werden:
t20 einfache Worte nud Begriffe, 200 zusammengesetzte Wendungen und Redens¬
arten, 150 Bilder und Gleichnisreden, 130 Typen aus der biblischen Geschichte,
120 Citate und Sprichwörter, 30 biblische Witze, Parodien und Travestien.
Indem der Verfasser den Zusammenhang nachweist, der gegenwärtig zwischen der
Sprache des täglichen Verkehrs und der Bibel besteht, um dadurch weitern Kreisen
wieder zum Bewußtsein zu bringen, Inas wir in sprachlicher Beziehung in der Bibel,
aus der Bibel und an der Bibel haben, hofft er zugleich ernstere Leser anzulegen,
dem gedankenlosen, häßlichen und schädlichen Mißbrauch biblischer Weltbürgern. s. w.
nach Kräften entgegenzuwirken. Möchten die beredten und überzeugenden Ausfüh-
rungen, die durchaus nicht dilettautenhaft sind, dazu beitragen, daß die Sprache der
Bibel wieder für die Gebildeten den Adel, die Reinheit, Innigkeit und Tiefe ge¬
wönne, die sie für Goethe noch besaß.
Bei erneuter Durchsicht und Prüfung wird der Verfasser wohl selber Einzel¬
heiten berichtigen und schärfer fassen; so bedarf, um ans weniges hinzuweisen, das
Verzeichnis auf Seite 11 einer Dnrchsiebuug, nicht ganz genau ist, was über das
Wort „Zeter" Seite 7 und über „ehrliches Begräbnis" Seite 15 gesagt wird;
dasselbe gilt von Redensarten wie „das alte Lied singen" Seite 16, „es kostet
den Hals nicht" Seite 17, „den Himmel voll Baßgeigen sehen" (vgl. hierüber
Hildebrand, Vom deutschen Sprachunterricht) n. a.
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