Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.gebenden Versammlung las diese Notiz und erinnerte sich wieder an sie, als im Von den Dichtungen Goethes mußte, so meinen wir, keine die Franzosen So wie der mittelmäßige Geßner in der vorhergehenden Periode der deutsche 430 deutsche Vornamen als Mahnruf für das deutsche Volk zusammengestellt von Hermann Voll. Leipzig, Gustav Font, 1889 Der gute Gednuke, gegenwärtig ein Verzeichnis altdeutscher Vornamen mit gebenden Versammlung las diese Notiz und erinnerte sich wieder an sie, als im Von den Dichtungen Goethes mußte, so meinen wir, keine die Franzosen So wie der mittelmäßige Geßner in der vorhergehenden Periode der deutsche 430 deutsche Vornamen als Mahnruf für das deutsche Volk zusammengestellt von Hermann Voll. Leipzig, Gustav Font, 1889 Der gute Gednuke, gegenwärtig ein Verzeichnis altdeutscher Vornamen mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0485" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205216"/> <p xml:id="ID_1362" prev="#ID_1361"> gebenden Versammlung las diese Notiz und erinnerte sich wieder an sie, als im<lb/> August desselben Jahres Gürtel seinen Antrag auf Erteilung des Bürgerrechts<lb/> an Ausländer, die sich um die Freiheit verdient gemacht hätten, vorbrachte. Er<lb/> schlug den Dichter des Fiesko vor, und da sich kein Widerspruch erhob, so wurde<lb/> neben Wilberforce, Washington, Kosciusko, Campe und Anarcharsis Cloots auch<lb/> Schiller jener „Ehre" gewürdigt. Der Schreiber der Sitzungsberichte beging den<lb/> berüchtigten Fehler, den Namen Schiller in Gitter zu verändern, die Redaktion<lb/> des Uouitsur, der diese Schreibung zu wenig fremdartig erschien, druckte Gitters,<lb/> und das ZZnIIötin clos I>vis endlich nur Gille. Unter diesem Namen ging denn<lb/> auch am 10. Oktober das von Roland angefertigte, von Clavivre und Danton<lb/> gezeichnete Diplom nach Deutschland ab, gelangte aber erst fünf Jahre später an<lb/> seine Adresse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1363"> Von den Dichtungen Goethes mußte, so meinen wir, keine die Franzosen<lb/> so fremd anmuten wie der Götz. Gleichwohl wurde dieses Stück sieben Jahre<lb/> nach seinem Erscheinen das Vorbild für ein Schauspiel, dessen Stoff aus der<lb/> ältern elsässischen Geschichte entnommen war. Es ist gleichfalls in Prosa geschrieben<lb/> und führt den Titel: I^a. (-luorro ü'^l88.ce xouüimt, Is g'ra,na sobisms ä'OLLidout<lb/> torminv xa,r la, mort an vaillant, e-vno Hug'Ass 8urnomms 1<z solAa,t av 8-uut,-l?iorr<z.<lb/> Der Verfasser war ein junger Elsässer, Baron Ramon de Carbonnisres. Er hatte<lb/> sich in seiner Gcburtsstadt Straßburg zu derselben Zeit wie der um sechs Jahre<lb/> ältere Goethe aufgehalten und wurde, wie Süpfle sagt, „auf der dortigen Uni¬<lb/> versität von dem frischen Hauche des deutschen Denkens und Fühlens erfaßt."<lb/> Zu einem der bekanntesten Führer des „Sturm und Drang," zu Lenz, stand er<lb/> jedenfalls in näherer Beziehung, denn er hat diesem ein andres Werk seiner Feder<lb/> gewidmet. Als er die Kusrro et'^Isav-z herausgab (1780), war er geheimer Rat des<lb/> Fürstbischofs Robur. In der Vorrede sagt er ausdrücklich, daß er die geschichtlichen<lb/> Stücke von Shakespeare, die politischen Tragödien von Bodmer, deu Götz und<lb/> den Franz II. des Präsidenten Hvncmlt als Muster gewählt habe. Süpfle nennt<lb/> das Stück „stofflich überladen, schwerfällig und interesselos."</p><lb/> <p xml:id="ID_1364"> So wie der mittelmäßige Geßner in der vorhergehenden Periode der deutsche<lb/> Schriftsteller war, der in Frankreich am meisten gelesen und bewundert worden<lb/> ist, so waren es in dieser wieder zwei Schriftsteller, deren Ruhm heute gleichfalls<lb/> sehr zweifelhaft geworden ist: Kotzebue, dessen „Menschenhaß und Reue" sehr viele<lb/> Übersetzungen erfuhr und — wohl mit etwas mehr Recht -— E. T. A. Hoffmann.<lb/> Doch braucht man daraus kein geringschätziges Urteil über das französische Lese¬<lb/> publikum abzuleiten; anch bei uns in Deutschland haben diese beiden mehr Verehrer<lb/> gefunden als Goethe und Schiller. Nur daß die Kritik sich ihnen gegenüber etwas<lb/> kühler und scharfblickender gezeigt hat.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 430 deutsche Vornamen als Mahnruf für das deutsche Volk zusammengestellt von<lb/> Hermann Voll. Leipzig, Gustav Font, 1889</head><lb/> <p xml:id="ID_1365" next="#ID_1366"> Der gute Gednuke, gegenwärtig ein Verzeichnis altdeutscher Vornamen mit<lb/> beigedrucktcr Bcdeutuugsaugabc herauszugeben, wäre vielleicht wirkungsvoller ge¬<lb/> wesen, wenn statt der etwas hochtrabenden und ausschließlichen Empfehlung lieber<lb/> eine Geschichte und Würdigung der Namengebung im allgemeinen beigegeben worden<lb/> wäre. Dann hätte der Verfasser selbst eingesehen, daß eine Namengebung bloß nach ihrer<lb/> Bedeutung in der nationalen Sprache nur in der isolirten Jugend der einzelnen<lb/> Völker und ihrer Sprachen möglich und durchführbar war. Als mit dem Absterben<lb/> und den Neubildungen der Sprachen die Bedeutungen unsicher oder gar nicht</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0485]
gebenden Versammlung las diese Notiz und erinnerte sich wieder an sie, als im
August desselben Jahres Gürtel seinen Antrag auf Erteilung des Bürgerrechts
an Ausländer, die sich um die Freiheit verdient gemacht hätten, vorbrachte. Er
schlug den Dichter des Fiesko vor, und da sich kein Widerspruch erhob, so wurde
neben Wilberforce, Washington, Kosciusko, Campe und Anarcharsis Cloots auch
Schiller jener „Ehre" gewürdigt. Der Schreiber der Sitzungsberichte beging den
berüchtigten Fehler, den Namen Schiller in Gitter zu verändern, die Redaktion
des Uouitsur, der diese Schreibung zu wenig fremdartig erschien, druckte Gitters,
und das ZZnIIötin clos I>vis endlich nur Gille. Unter diesem Namen ging denn
auch am 10. Oktober das von Roland angefertigte, von Clavivre und Danton
gezeichnete Diplom nach Deutschland ab, gelangte aber erst fünf Jahre später an
seine Adresse.
Von den Dichtungen Goethes mußte, so meinen wir, keine die Franzosen
so fremd anmuten wie der Götz. Gleichwohl wurde dieses Stück sieben Jahre
nach seinem Erscheinen das Vorbild für ein Schauspiel, dessen Stoff aus der
ältern elsässischen Geschichte entnommen war. Es ist gleichfalls in Prosa geschrieben
und führt den Titel: I^a. (-luorro ü'^l88.ce xouüimt, Is g'ra,na sobisms ä'OLLidout
torminv xa,r la, mort an vaillant, e-vno Hug'Ass 8urnomms 1<z solAa,t av 8-uut,-l?iorr<z.
Der Verfasser war ein junger Elsässer, Baron Ramon de Carbonnisres. Er hatte
sich in seiner Gcburtsstadt Straßburg zu derselben Zeit wie der um sechs Jahre
ältere Goethe aufgehalten und wurde, wie Süpfle sagt, „auf der dortigen Uni¬
versität von dem frischen Hauche des deutschen Denkens und Fühlens erfaßt."
Zu einem der bekanntesten Führer des „Sturm und Drang," zu Lenz, stand er
jedenfalls in näherer Beziehung, denn er hat diesem ein andres Werk seiner Feder
gewidmet. Als er die Kusrro et'^Isav-z herausgab (1780), war er geheimer Rat des
Fürstbischofs Robur. In der Vorrede sagt er ausdrücklich, daß er die geschichtlichen
Stücke von Shakespeare, die politischen Tragödien von Bodmer, deu Götz und
den Franz II. des Präsidenten Hvncmlt als Muster gewählt habe. Süpfle nennt
das Stück „stofflich überladen, schwerfällig und interesselos."
So wie der mittelmäßige Geßner in der vorhergehenden Periode der deutsche
Schriftsteller war, der in Frankreich am meisten gelesen und bewundert worden
ist, so waren es in dieser wieder zwei Schriftsteller, deren Ruhm heute gleichfalls
sehr zweifelhaft geworden ist: Kotzebue, dessen „Menschenhaß und Reue" sehr viele
Übersetzungen erfuhr und — wohl mit etwas mehr Recht -— E. T. A. Hoffmann.
Doch braucht man daraus kein geringschätziges Urteil über das französische Lese¬
publikum abzuleiten; anch bei uns in Deutschland haben diese beiden mehr Verehrer
gefunden als Goethe und Schiller. Nur daß die Kritik sich ihnen gegenüber etwas
kühler und scharfblickender gezeigt hat.
430 deutsche Vornamen als Mahnruf für das deutsche Volk zusammengestellt von
Hermann Voll. Leipzig, Gustav Font, 1889
Der gute Gednuke, gegenwärtig ein Verzeichnis altdeutscher Vornamen mit
beigedrucktcr Bcdeutuugsaugabc herauszugeben, wäre vielleicht wirkungsvoller ge¬
wesen, wenn statt der etwas hochtrabenden und ausschließlichen Empfehlung lieber
eine Geschichte und Würdigung der Namengebung im allgemeinen beigegeben worden
wäre. Dann hätte der Verfasser selbst eingesehen, daß eine Namengebung bloß nach ihrer
Bedeutung in der nationalen Sprache nur in der isolirten Jugend der einzelnen
Völker und ihrer Sprachen möglich und durchführbar war. Als mit dem Absterben
und den Neubildungen der Sprachen die Bedeutungen unsicher oder gar nicht
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