Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches dabei notwendig sei, besondern Gesetzen vorbehalten sein solle. In ersterm war Das am meisten angefochtene Privilegium der deutschen Standesherren in Der Kunstwart bringt folgende Besprechung der bei dem Verleger dieser Blätter Maßgebliches und Unmaßgebliches dabei notwendig sei, besondern Gesetzen vorbehalten sein solle. In ersterm war Das am meisten angefochtene Privilegium der deutschen Standesherren in Der Kunstwart bringt folgende Besprechung der bei dem Verleger dieser Blätter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0245" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204976"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_633" prev="#ID_632"> dabei notwendig sei, besondern Gesetzen vorbehalten sein solle. In ersterm war<lb/> die Anwendbarkeit der Deklaration von 1854 als eines Verfassungsgesetzes ein¬<lb/> geschlossen; da diese jedoch ihrem Wortlaute nach sich nur auf die .1815 und 1350<lb/> mittelbar gewordenen Neichsunmittelbarcn von ehedem bezog, so fand 1868 im<lb/> Abgeordnetenhaus!) die Ansicht Vertreter, daß die Deklaration auf die 1866 zu<lb/> Preußen gewordenen Standesherren keine Anwendung finden könne und folglich die<lb/> früher in Hannover, Kurhessen und Nassau in Betreff der Standesherrlichen Häuser<lb/> ergangenen Gesetze und Verordnungen nur insoweit in Geltung geblieben seien,<lb/> als sie der Verfassungsurkunde von 1850 nicht zuwiderliefen. Diese Auffassung<lb/> beruhte indes ans Buchstabcureiterei, die ebensosehr gegen den gesunden Menschen¬<lb/> verstand als gegen die Billigkeit verstieß, und eine mit ihr verlangte ungleichartige<lb/> Behandlung der Standesherren in Preußen lief dem Sinn jener Deklaration schnur¬<lb/> stracks entgegen. Die Regierung eignete sich diese Ansicht daher auch nicht an,<lb/> und zwar um so weniger, als sie, soweit Verträge der früheren Regierungen mit<lb/> den Standesherren vorlagen, sich für gebunden halten mußte und in den neuen<lb/> Landesteilen einen Zustand vorfand, bei welchem wesentliche Vorrechte der Standes¬<lb/> herren schon aufgehoben waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_634"> Das am meisten angefochtene Privilegium der deutschen Standesherren in<lb/> Preußen, die Steuerfreiheit, beruht auf dem für ein unabänderliches Gesetz der<lb/> Monarchie erklärten Edikt vom 21. Juni 1815 und der Bestimmung der Bundes-<lb/> akte, daß die Standesherren als „die privilegirteste Klasse" auch hinsichtlich der<lb/> Besteuerung zu behandeln seien. Z 4 des Edikts lautet: „ . . . sollen sie seie<lb/> Mcdiatisirtenj für ihre Personen und Familien, desgleichen für ihre Domänen die<lb/> Freiheit von gewöhnlichen Personal- und Grundsteuern genießen, welches jedoch<lb/> nicht auf außerordentliche und Kriegsstenern zu beziehen ist, zu welchem sie ver¬<lb/> hältnismäßig mit beizutragen verbunden sind. Die indirekten Steuern, davon<lb/> niemand frei sein kann, zieht der Staat und läßt sie dnrch seine Behörden erheben."<lb/> Die zur Ausführung dieses Edikts erlassene Instruktion vom 30. Mai 1820 setzte<lb/> im einzelnen fest: „die Befreiung von ordentlichen Personalsteuern jeder Art, die<lb/> Befreiung vom Erbschaftsstempel und zwar bei Erbfolgen in der Standesherrschaft,<lb/> die in der Familie stattfinden, unbedingt, bei andern Erbschaften und Vermächtnissen<lb/> nur insofern, als diese den Standesherren innerhalb ihrer Standesherrschaft An¬<lb/> fällen," endlich „die gänzliche Befreiung von ordentlichen Grundsteuern bei ihren<lb/> Domänen, wenn diese schon vor der Auflösung des Deutschen Reiches zu ihrem<lb/> nunmehr Standesherrlichen Stamm- oder Familiengut gehört haben und von ihnen<lb/> steuerfrei besessen worden sind." Die Wiederherstellung der Steuerfreiheit uach<lb/> der demokratischen Gleichmacherei in Preußen erfolgte im allgemeinen durch die<lb/> Verordnung vom 12. November 1855, im besondern durch die Kabinetsordre<lb/> vom 16. März 1857. Die Grund- und Gebäudcsteuerfrage wurde in den Gesetzen<lb/> vom 21. Mai 1861 erledigt. Hier wie dort lagen aber Verzichte der Standes¬<lb/> herren vor, die natürlich in Geltung verblieben.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der Kunstwart </head> <p xml:id="ID_635" next="#ID_636"> bringt folgende Besprechung der bei dem Verleger dieser Blätter<lb/> erschienenen Anthologie „Sang und Klang." „Vom (l. Vou dem) Verlage des aus¬<lb/> gezeichneten Liederbuches für altmodische Leute »Als der Großvater die Großmutter<lb/> nahm« war keine schlechte Anthologie zu erwarten. Eine schlechte hat er auch nicht<lb/> gebracht, aber, wir gestehen es: wir hätten eine noch bessre erwartet. Handelte<lb/> sichs nur um die ältere deutsche Lhrik, für welche die Zeit die Verteilung der<lb/> Werturteile einigermaßen geregelt hat, so könnte freilich ein Tadel unterbleiben.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0245]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
dabei notwendig sei, besondern Gesetzen vorbehalten sein solle. In ersterm war
die Anwendbarkeit der Deklaration von 1854 als eines Verfassungsgesetzes ein¬
geschlossen; da diese jedoch ihrem Wortlaute nach sich nur auf die .1815 und 1350
mittelbar gewordenen Neichsunmittelbarcn von ehedem bezog, so fand 1868 im
Abgeordnetenhaus!) die Ansicht Vertreter, daß die Deklaration auf die 1866 zu
Preußen gewordenen Standesherren keine Anwendung finden könne und folglich die
früher in Hannover, Kurhessen und Nassau in Betreff der Standesherrlichen Häuser
ergangenen Gesetze und Verordnungen nur insoweit in Geltung geblieben seien,
als sie der Verfassungsurkunde von 1850 nicht zuwiderliefen. Diese Auffassung
beruhte indes ans Buchstabcureiterei, die ebensosehr gegen den gesunden Menschen¬
verstand als gegen die Billigkeit verstieß, und eine mit ihr verlangte ungleichartige
Behandlung der Standesherren in Preußen lief dem Sinn jener Deklaration schnur¬
stracks entgegen. Die Regierung eignete sich diese Ansicht daher auch nicht an,
und zwar um so weniger, als sie, soweit Verträge der früheren Regierungen mit
den Standesherren vorlagen, sich für gebunden halten mußte und in den neuen
Landesteilen einen Zustand vorfand, bei welchem wesentliche Vorrechte der Standes¬
herren schon aufgehoben waren.
Das am meisten angefochtene Privilegium der deutschen Standesherren in
Preußen, die Steuerfreiheit, beruht auf dem für ein unabänderliches Gesetz der
Monarchie erklärten Edikt vom 21. Juni 1815 und der Bestimmung der Bundes-
akte, daß die Standesherren als „die privilegirteste Klasse" auch hinsichtlich der
Besteuerung zu behandeln seien. Z 4 des Edikts lautet: „ . . . sollen sie seie
Mcdiatisirtenj für ihre Personen und Familien, desgleichen für ihre Domänen die
Freiheit von gewöhnlichen Personal- und Grundsteuern genießen, welches jedoch
nicht auf außerordentliche und Kriegsstenern zu beziehen ist, zu welchem sie ver¬
hältnismäßig mit beizutragen verbunden sind. Die indirekten Steuern, davon
niemand frei sein kann, zieht der Staat und läßt sie dnrch seine Behörden erheben."
Die zur Ausführung dieses Edikts erlassene Instruktion vom 30. Mai 1820 setzte
im einzelnen fest: „die Befreiung von ordentlichen Personalsteuern jeder Art, die
Befreiung vom Erbschaftsstempel und zwar bei Erbfolgen in der Standesherrschaft,
die in der Familie stattfinden, unbedingt, bei andern Erbschaften und Vermächtnissen
nur insofern, als diese den Standesherren innerhalb ihrer Standesherrschaft An¬
fällen," endlich „die gänzliche Befreiung von ordentlichen Grundsteuern bei ihren
Domänen, wenn diese schon vor der Auflösung des Deutschen Reiches zu ihrem
nunmehr Standesherrlichen Stamm- oder Familiengut gehört haben und von ihnen
steuerfrei besessen worden sind." Die Wiederherstellung der Steuerfreiheit uach
der demokratischen Gleichmacherei in Preußen erfolgte im allgemeinen durch die
Verordnung vom 12. November 1855, im besondern durch die Kabinetsordre
vom 16. März 1857. Die Grund- und Gebäudcsteuerfrage wurde in den Gesetzen
vom 21. Mai 1861 erledigt. Hier wie dort lagen aber Verzichte der Standes¬
herren vor, die natürlich in Geltung verblieben.
Der Kunstwart bringt folgende Besprechung der bei dem Verleger dieser Blätter
erschienenen Anthologie „Sang und Klang." „Vom (l. Vou dem) Verlage des aus¬
gezeichneten Liederbuches für altmodische Leute »Als der Großvater die Großmutter
nahm« war keine schlechte Anthologie zu erwarten. Eine schlechte hat er auch nicht
gebracht, aber, wir gestehen es: wir hätten eine noch bessre erwartet. Handelte
sichs nur um die ältere deutsche Lhrik, für welche die Zeit die Verteilung der
Werturteile einigermaßen geregelt hat, so könnte freilich ein Tadel unterbleiben.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |