Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Man geb?, außer den erwähnten Forderungen, allen Lehrern, die das Ober- Immer wieder. Es ist drollig, jedesmal wenn eine neue Zeitschrift Geschmacklosigkeit. Unsre Buchausstattung ist in der letzten Zeit in mancher Man geb?, außer den erwähnten Forderungen, allen Lehrern, die das Ober- Immer wieder. Es ist drollig, jedesmal wenn eine neue Zeitschrift Geschmacklosigkeit. Unsre Buchausstattung ist in der letzten Zeit in mancher <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204881"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_366"> Man geb?, außer den erwähnten Forderungen, allen Lehrern, die das Ober-<lb/> lehrcrzeugnis besitzen und angestellt sind, den Titel „Oberlehrer," wenn man<lb/> durchaus an dieser seltsamen Wortbildung festhalten will. Der Doktorgrad oder<lb/> Professortitel sollte aber nnr als besondre Auszeichnung den Lehrern verliehen<lb/> werde», die neben ihrer pädagogischen Tüchtigkeit wirklich hervorragende Leistungen<lb/> ans dem Gebiete der Wissenschaft auszuweisen haben.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Immer wieder.</head> <p xml:id="ID_367"> Es ist drollig, jedesmal wenn eine neue Zeitschrift<lb/> litterarischer oder schöngeistiger Art erscheint — und fast jeden Monat fällt so ein<lb/> Apfel vom Baume des Lebens —, so wiederholt sich das gleiche Schauspiel, das uns<lb/> anch an andrer Stelle ein gewisses anheimelndes Behagen verschafft. Mein Barbier<lb/> und mein Tapezier, beide brave Männer, die es mit ihrer Tagesarbeit ernst nehmen,<lb/> haben das Bedürfnis nach Höherem, Edleren, das sie für Stunden über das<lb/> nüchterne Alltagsleben hinweghcbt. Sie fröhnen in ihren Abendstunden der Kunst,<lb/> Thalien und den andern Pieriuueu, die über unsern Bühnen schweben. Der eine hat<lb/> Säbel-, der andre A-Beine. Und so marschieren sie jeden Abend, der Anlaß zu<lb/> Volks- oder Heeresversammlnngen und Auszügen giebt, als ehreuveste Degen mit<lb/> Schwert und Hclleparte oder als tänzelnde Schäfer über die Bretter, an der Spitze<lb/> einer Schaar von andern alten, guten Bekannten, von Bekannte», die mir zum Teil schon<lb/> in der Jugendzeit so vertraut waren, in allen Trachten aller Zeiten, alle mit ihren<lb/> krummen und gerade» Beinen, Buckeln und Bäuchen, lächelnden und finstern oder<lb/> wutschnaubenden Gesichtern — sie brachten so schön zur Erscheinung, daß die<lb/> Menschheit zu jeder Zeit dieselbe war. So ist es auch bei den neuen Zeitschriften.<lb/> Mit allen ihren schönen oder mißlichen, ach so bekannten Eigenschaften, nnr mehr<lb/> oder »veniger gut von der Redaktion dnrchkvrrigirt und zurecht geputzt, marschiert<lb/> da immer der nämliche Triumph- oder Trauerzug von Mitarbeitern auf, denn sie<lb/> alle bilden den eisernen Bestand unsrer Litteratnrbühne. Ob sie sie alle haben,<lb/> weil diese ehrenvesten Degen und tänzelnden Lyrikschäfcr nach jeder Gelegenheit<lb/> spähen, sich in Höheren: und Edleren bethätigen zu können, wozu ihnen die rauhe<lb/> Welt so wenig Gelegenheit bietet? Ach nein, sie ergreifen alle die sinnigen oder<lb/> unsinnigen Gelegenheiten, die sich jeden Monat neu bieten, um auch diesen grnn-<lb/> goidnen Baun, des Lebens so lange mit schütteln zu helfen, als ihm Verleger und<lb/> wechselnde Lanne des Publikums Dung zuführen. Man sehe sich den Zug um —<lb/> auch du, auch du? Ach ja, ich kenne an euch allen das gemeinsame Gebrechen.<lb/> Ihr wollt wohl Höheres und Edleres, aber alle drückt euch der Schuh an der<lb/> gleichen Stelle, und deshalb seid ihr bei jedem Schuster, der den Laden aufthut,<lb/> alle wieder beisammen. Aufgefordert? Ja, aufgefordert werdet ihr schon sein;<lb/> aber wo soll auch so eine blutjunge Redaktion ihre Mitarbeiter finden, wenn sie<lb/> sich nicht die Unterschriften aus allen andern Zeitschriften sammelt?</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Geschmacklosigkeit.</head> <p xml:id="ID_368" next="#ID_369"> Unsre Buchausstattung ist in der letzten Zeit in mancher<lb/> Beziehung sin mancher, nicht in jeder!) geschmackvoller geworden als früher.<lb/> Namentlich hat man anch angefangen, auf die Bücher, die neben den Schulbüchern<lb/> der Kinder, dein Kalender und irgend einer Familienzeitung oft den einzige»<lb/> liternrischen Hausrat der Familie bilden, ans Bibel und Gesangbuch, etwas mehr<lb/> Geschmack zu verwenden als früher. Der Druck der sächsischen Landesgesaugbücher<lb/> (sie werden bei Teubner in Leipzig gedruckt) sieht jetzt so hübsch aus, wie er bei<lb/> der häßlichen Anordnung der Liederstropheu, die in unsern Gesangbüchern der<lb/> leidige» Raumersparnis wegen üblich ist, nur aussehen kann, und die Leipziger</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0150]
Man geb?, außer den erwähnten Forderungen, allen Lehrern, die das Ober-
lehrcrzeugnis besitzen und angestellt sind, den Titel „Oberlehrer," wenn man
durchaus an dieser seltsamen Wortbildung festhalten will. Der Doktorgrad oder
Professortitel sollte aber nnr als besondre Auszeichnung den Lehrern verliehen
werde», die neben ihrer pädagogischen Tüchtigkeit wirklich hervorragende Leistungen
ans dem Gebiete der Wissenschaft auszuweisen haben.
Immer wieder. Es ist drollig, jedesmal wenn eine neue Zeitschrift
litterarischer oder schöngeistiger Art erscheint — und fast jeden Monat fällt so ein
Apfel vom Baume des Lebens —, so wiederholt sich das gleiche Schauspiel, das uns
anch an andrer Stelle ein gewisses anheimelndes Behagen verschafft. Mein Barbier
und mein Tapezier, beide brave Männer, die es mit ihrer Tagesarbeit ernst nehmen,
haben das Bedürfnis nach Höherem, Edleren, das sie für Stunden über das
nüchterne Alltagsleben hinweghcbt. Sie fröhnen in ihren Abendstunden der Kunst,
Thalien und den andern Pieriuueu, die über unsern Bühnen schweben. Der eine hat
Säbel-, der andre A-Beine. Und so marschieren sie jeden Abend, der Anlaß zu
Volks- oder Heeresversammlnngen und Auszügen giebt, als ehreuveste Degen mit
Schwert und Hclleparte oder als tänzelnde Schäfer über die Bretter, an der Spitze
einer Schaar von andern alten, guten Bekannten, von Bekannte», die mir zum Teil schon
in der Jugendzeit so vertraut waren, in allen Trachten aller Zeiten, alle mit ihren
krummen und gerade» Beinen, Buckeln und Bäuchen, lächelnden und finstern oder
wutschnaubenden Gesichtern — sie brachten so schön zur Erscheinung, daß die
Menschheit zu jeder Zeit dieselbe war. So ist es auch bei den neuen Zeitschriften.
Mit allen ihren schönen oder mißlichen, ach so bekannten Eigenschaften, nnr mehr
oder »veniger gut von der Redaktion dnrchkvrrigirt und zurecht geputzt, marschiert
da immer der nämliche Triumph- oder Trauerzug von Mitarbeitern auf, denn sie
alle bilden den eisernen Bestand unsrer Litteratnrbühne. Ob sie sie alle haben,
weil diese ehrenvesten Degen und tänzelnden Lyrikschäfcr nach jeder Gelegenheit
spähen, sich in Höheren: und Edleren bethätigen zu können, wozu ihnen die rauhe
Welt so wenig Gelegenheit bietet? Ach nein, sie ergreifen alle die sinnigen oder
unsinnigen Gelegenheiten, die sich jeden Monat neu bieten, um auch diesen grnn-
goidnen Baun, des Lebens so lange mit schütteln zu helfen, als ihm Verleger und
wechselnde Lanne des Publikums Dung zuführen. Man sehe sich den Zug um —
auch du, auch du? Ach ja, ich kenne an euch allen das gemeinsame Gebrechen.
Ihr wollt wohl Höheres und Edleres, aber alle drückt euch der Schuh an der
gleichen Stelle, und deshalb seid ihr bei jedem Schuster, der den Laden aufthut,
alle wieder beisammen. Aufgefordert? Ja, aufgefordert werdet ihr schon sein;
aber wo soll auch so eine blutjunge Redaktion ihre Mitarbeiter finden, wenn sie
sich nicht die Unterschriften aus allen andern Zeitschriften sammelt?
Geschmacklosigkeit. Unsre Buchausstattung ist in der letzten Zeit in mancher
Beziehung sin mancher, nicht in jeder!) geschmackvoller geworden als früher.
Namentlich hat man anch angefangen, auf die Bücher, die neben den Schulbüchern
der Kinder, dein Kalender und irgend einer Familienzeitung oft den einzige»
liternrischen Hausrat der Familie bilden, ans Bibel und Gesangbuch, etwas mehr
Geschmack zu verwenden als früher. Der Druck der sächsischen Landesgesaugbücher
(sie werden bei Teubner in Leipzig gedruckt) sieht jetzt so hübsch aus, wie er bei
der häßlichen Anordnung der Liederstropheu, die in unsern Gesangbüchern der
leidige» Raumersparnis wegen üblich ist, nur aussehen kann, und die Leipziger
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