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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Die Oarteigruppirung für das Abgeordnetenhaus.

le Erhaltung des Bündnisses der nationalgesinnten Parteien zur
Unterstützung einer gleichdenkenden und gleichstrebenden Regierung
und die Verhütung neuen Zusammengehens des rechten Flügels
der Konservativen mit dem Zentrum ist zunächst für Preußen,
dann unzweifelhaft auch für ganz Deutschland eine Frage von
solcher Wichtigkeit, daß sie nicht oft genug besprochen werden kann. Wir be¬
trachten sie daher noch einmal, und zwar zuvörderst nach den letzten Vorgängen
auf diesem Gebiete.

Fürst Bismarck hat die Mittelpartei, zusammengesetzt aus den Natwnal-
liberalcn, den Freikonservativen und den gemäßigten Altkonscrvativen, die er sich
seit zehn Jahren zur abschließenden Verwirklichung seines Regierungssystems
wünschte, im vorigen Jahre für die Volksvertretung des Reiches zu stände
kommen sehen und hofft, daß sie auch für die des preußischen Staates zusammen¬
halte, weil nur sie ihm die Mehrheit verbürgt, deren er bedarf. Die hoch¬
kirchlichen Konservativen dagegen fahren fort, an der Auflösung des Bündnisses
mit den Nationalliberalen zu arbeiten und den Zcntmmsmänneru, den Ver¬
tretern der "teuern Schwcsterkirche," die Hand zur Wiedervereinigung entgegen¬
zustrecken. Die Mehrheit der Altkonscrvativen ist offenbar nicht geneigt, sich
dabei zu beteiligen. Für die Freikonservativen hat vor kurzem Herr von Kar-
dorff das Wort ergriffen, um Festhalten am Kartell mit den gemäßigten und
reichstrcuen Liberalen zu empfehlen, und da er einer von den Führern dieser
Gruppe ist, dürfen wir annehmen, daß er im wesentlichen deren Auffassung der
Lage ausspricht. Er hält das Zusammenwirken der konservativen Partei mit
den Nationalliberalen für möglich und natürlich, weil die frühern schroffen
Gegensätze, die sie trennten, nicht mehr bestehen, die einen keinen Umsturz der


Grenzboten III. 1838. 4V


Die Oarteigruppirung für das Abgeordnetenhaus.

le Erhaltung des Bündnisses der nationalgesinnten Parteien zur
Unterstützung einer gleichdenkenden und gleichstrebenden Regierung
und die Verhütung neuen Zusammengehens des rechten Flügels
der Konservativen mit dem Zentrum ist zunächst für Preußen,
dann unzweifelhaft auch für ganz Deutschland eine Frage von
solcher Wichtigkeit, daß sie nicht oft genug besprochen werden kann. Wir be¬
trachten sie daher noch einmal, und zwar zuvörderst nach den letzten Vorgängen
auf diesem Gebiete.

Fürst Bismarck hat die Mittelpartei, zusammengesetzt aus den Natwnal-
liberalcn, den Freikonservativen und den gemäßigten Altkonscrvativen, die er sich
seit zehn Jahren zur abschließenden Verwirklichung seines Regierungssystems
wünschte, im vorigen Jahre für die Volksvertretung des Reiches zu stände
kommen sehen und hofft, daß sie auch für die des preußischen Staates zusammen¬
halte, weil nur sie ihm die Mehrheit verbürgt, deren er bedarf. Die hoch¬
kirchlichen Konservativen dagegen fahren fort, an der Auflösung des Bündnisses
mit den Nationalliberalen zu arbeiten und den Zcntmmsmänneru, den Ver¬
tretern der „teuern Schwcsterkirche," die Hand zur Wiedervereinigung entgegen¬
zustrecken. Die Mehrheit der Altkonscrvativen ist offenbar nicht geneigt, sich
dabei zu beteiligen. Für die Freikonservativen hat vor kurzem Herr von Kar-
dorff das Wort ergriffen, um Festhalten am Kartell mit den gemäßigten und
reichstrcuen Liberalen zu empfehlen, und da er einer von den Führern dieser
Gruppe ist, dürfen wir annehmen, daß er im wesentlichen deren Auffassung der
Lage ausspricht. Er hält das Zusammenwirken der konservativen Partei mit
den Nationalliberalen für möglich und natürlich, weil die frühern schroffen
Gegensätze, die sie trennten, nicht mehr bestehen, die einen keinen Umsturz der


Grenzboten III. 1838. 4V
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[0393] [Abbildung] Die Oarteigruppirung für das Abgeordnetenhaus. le Erhaltung des Bündnisses der nationalgesinnten Parteien zur Unterstützung einer gleichdenkenden und gleichstrebenden Regierung und die Verhütung neuen Zusammengehens des rechten Flügels der Konservativen mit dem Zentrum ist zunächst für Preußen, dann unzweifelhaft auch für ganz Deutschland eine Frage von solcher Wichtigkeit, daß sie nicht oft genug besprochen werden kann. Wir be¬ trachten sie daher noch einmal, und zwar zuvörderst nach den letzten Vorgängen auf diesem Gebiete. Fürst Bismarck hat die Mittelpartei, zusammengesetzt aus den Natwnal- liberalcn, den Freikonservativen und den gemäßigten Altkonscrvativen, die er sich seit zehn Jahren zur abschließenden Verwirklichung seines Regierungssystems wünschte, im vorigen Jahre für die Volksvertretung des Reiches zu stände kommen sehen und hofft, daß sie auch für die des preußischen Staates zusammen¬ halte, weil nur sie ihm die Mehrheit verbürgt, deren er bedarf. Die hoch¬ kirchlichen Konservativen dagegen fahren fort, an der Auflösung des Bündnisses mit den Nationalliberalen zu arbeiten und den Zcntmmsmänneru, den Ver¬ tretern der „teuern Schwcsterkirche," die Hand zur Wiedervereinigung entgegen¬ zustrecken. Die Mehrheit der Altkonscrvativen ist offenbar nicht geneigt, sich dabei zu beteiligen. Für die Freikonservativen hat vor kurzem Herr von Kar- dorff das Wort ergriffen, um Festhalten am Kartell mit den gemäßigten und reichstrcuen Liberalen zu empfehlen, und da er einer von den Führern dieser Gruppe ist, dürfen wir annehmen, daß er im wesentlichen deren Auffassung der Lage ausspricht. Er hält das Zusammenwirken der konservativen Partei mit den Nationalliberalen für möglich und natürlich, weil die frühern schroffen Gegensätze, die sie trennten, nicht mehr bestehen, die einen keinen Umsturz der Grenzboten III. 1838. 4V

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/393>, abgerufen am 22.07.2024.