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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die Frauenfrage des vierten Standes.

des Hauses Habsburg, 1687. Mit wechselndem Glück wurde der Krieg noch
viele Jahre fortgeführt, bis endlich "Prinz Eugen der edle Ritter" durch den
entscheidenden Sieg bei Zerda den Frieden zu Karlowitz (1699) erzwang. Erst
seit dieser Zeit befindet sich Ungarn thatsächlich im Besitze der österreichischen
Kaiser. An Aufständen hat es freilich auch später nicht gefehlt; am bekanntesten
ist der, an dessen Spitze Franz II. Ncikoczy stand, nach dem noch heute der
ungarische Nationalmarsch benannt wird. Im Jahre 1723 wurde durch die
pragmatische Sanction Karls VI. die Erbfolge auch auf die weibliche Linie des
Hauses Habsburg ausgedehnt, und der Friede von Belgrad, 1799, stellte die
Grenze zwischen Ungarn und der Türkei so fest, wie sie bis in die allerneueste
Zeit (Erwerbung von Bosnien und der Herzogowina) bestanden hat.

(Fortsetzung folgt.)




Die Frauenfrage des vierten Standes.
U. Frankenstein. von

cum
s man in Deutschland von Frauenfrage und Frauenbewegung
pricht, so Pflegt man in der Negel an jene mehr und mehr
an Boden gewinnende Bewegung zu denken, die den unversorgten
Frauen des Mittelstandes eine passende Verwendung ihrer Kräfte
und somit die Sicherung ihres Lebensunterhaltes zu verschaffen
bezweckt und zum nicht geringen Teile von einer Erwägung der Thatsachen aus¬
gegangen ist, daß das weibliche Geschlecht das männliche an Zahl übertrifft,
daß die Neigung und wirtschaftliche Fähigkeit der den mittlern und bessern Ständen
angehörenden Männer, Ehen zu schließen, in fortwährendem Abnehmen be¬
griffen ist und infolgedessen die Zahl der auf eignen Erwerb angewiesenen, un¬
verheiratet bleibenden Frauen immer größer wird. In dem Verlangen nach
Arbeitsgelegenheit liegt der Kernpunkt der in Deutschland fast ausschließlich
beachteten und geförderten Frauenfrage des dritten, des Mittelstandes.

Anders steht es um die Frauenfrage des vierten Standes. Weit weniger
haben die den untern Klassen angehörenden Frauen und Mädchen unter
Arbeitsmangel zu leiden. Im Gegenteil, Arbeitseinschränkung wäre durchaus
am Platze und würde von den Arbeiterinnen in jeder Beziehung dankbar em¬
pfunden werden, wenn mit dieser Einschränkung nicht eine weitere Herabsetzung
der heutigen Löhne, die mit vollem Rechte als "Hungerlöhne" bezeichnet werden
müssen, verknüpft sein würde. Damit ist gesagt, daß die Frauenfrage des
vierten Standes in erster Linie eine Lohnfrage ist.


Die Frauenfrage des vierten Standes.

des Hauses Habsburg, 1687. Mit wechselndem Glück wurde der Krieg noch
viele Jahre fortgeführt, bis endlich „Prinz Eugen der edle Ritter" durch den
entscheidenden Sieg bei Zerda den Frieden zu Karlowitz (1699) erzwang. Erst
seit dieser Zeit befindet sich Ungarn thatsächlich im Besitze der österreichischen
Kaiser. An Aufständen hat es freilich auch später nicht gefehlt; am bekanntesten
ist der, an dessen Spitze Franz II. Ncikoczy stand, nach dem noch heute der
ungarische Nationalmarsch benannt wird. Im Jahre 1723 wurde durch die
pragmatische Sanction Karls VI. die Erbfolge auch auf die weibliche Linie des
Hauses Habsburg ausgedehnt, und der Friede von Belgrad, 1799, stellte die
Grenze zwischen Ungarn und der Türkei so fest, wie sie bis in die allerneueste
Zeit (Erwerbung von Bosnien und der Herzogowina) bestanden hat.

(Fortsetzung folgt.)




Die Frauenfrage des vierten Standes.
U. Frankenstein. von

cum
s man in Deutschland von Frauenfrage und Frauenbewegung
pricht, so Pflegt man in der Negel an jene mehr und mehr
an Boden gewinnende Bewegung zu denken, die den unversorgten
Frauen des Mittelstandes eine passende Verwendung ihrer Kräfte
und somit die Sicherung ihres Lebensunterhaltes zu verschaffen
bezweckt und zum nicht geringen Teile von einer Erwägung der Thatsachen aus¬
gegangen ist, daß das weibliche Geschlecht das männliche an Zahl übertrifft,
daß die Neigung und wirtschaftliche Fähigkeit der den mittlern und bessern Ständen
angehörenden Männer, Ehen zu schließen, in fortwährendem Abnehmen be¬
griffen ist und infolgedessen die Zahl der auf eignen Erwerb angewiesenen, un¬
verheiratet bleibenden Frauen immer größer wird. In dem Verlangen nach
Arbeitsgelegenheit liegt der Kernpunkt der in Deutschland fast ausschließlich
beachteten und geförderten Frauenfrage des dritten, des Mittelstandes.

Anders steht es um die Frauenfrage des vierten Standes. Weit weniger
haben die den untern Klassen angehörenden Frauen und Mädchen unter
Arbeitsmangel zu leiden. Im Gegenteil, Arbeitseinschränkung wäre durchaus
am Platze und würde von den Arbeiterinnen in jeder Beziehung dankbar em¬
pfunden werden, wenn mit dieser Einschränkung nicht eine weitere Herabsetzung
der heutigen Löhne, die mit vollem Rechte als „Hungerlöhne" bezeichnet werden
müssen, verknüpft sein würde. Damit ist gesagt, daß die Frauenfrage des
vierten Standes in erster Linie eine Lohnfrage ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/86>, abgerufen am 22.07.2024.