Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands.

exklusiven Ansprüchen nicht durchgedrungen ist. Eins ihrer einflußreichsten
Organe hat angesichts dieses Ausganges die "positive" Theologie zur geistigen
Überwindung der "ungläubigen" Theologie aufgerufen. Wenn die erstere diesem
Rufe folgt und, anstatt zu denunzieren, zu widerlegen beginnt, so ist für die
Zukunft das Beste zu hoffen.




Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. pape. on
(Fortsetzung.)

er Bestand der österreichischen Erdtaube, die zum deutschen Reiche
gehörten, obgleich ihr Verband mit ihm zum Teil ziemlich lose
war, da Böhmen und seine Nebenländer bekanntlich von der
Kreiseinteilung ausgeschlossen waren, blieb unverändert von der
Regierungszeit Ferdinands I. bis zum Ausbruche des dreißig¬
jährigen Krieges. Spaltungen und Teilungen des ausgedehnten Gebiets
kamen allerdings vor, aber doch nur unter den Mitgliedern des ErzHauses.
So zwang Matthias seinen Bruder, Kaiser Rudolf II., den großen Gelehrten
und Pferdekenner, aber schlechten Regenten, ihm nicht nur Ungarn, Mähren
und Österreich, sondern schließlich, gegen Ende seines Lebens, auch noch Böhmen
zu überlassen. Solange dann Matthias regierte, standen Steiermark, Kärnthen
und Kram unter der Herrschaft seines Vetters, des Erzherzogs Ferdinand, des
nachmaligen Kaisers Ferdinand II. Dieser wurde endlich von dem kinderlosen
Matthias wieder zum Erben der gesamten österreichischen Erdtaube eingesetzt.

Wie der Versuch, beim Regierungsantritte dieses Fürsten, Böhmen mit
seinen Nebenländern, Mähren, Schlesien und der Lausitz, von dem österreichischen
Gesamtstaate loszureißen, mißlang und nur dazu führte, daß alle im Majestäts-
bricfe gewährten Freiheiten und Rechte aufgehoben wurden, ist schon oben
erwähnt worden. Dieser Aufstand der Böhmen bereitete aber dennoch den
dauernden Verlust einer Provinz vor, die mehrere Jahrhunderte lang unter der
Herrschaft der Könige von Böhmen gestanden hatte, nämlich der Lausitz, oder
genauer zu reden, der beiden Markgrafentümer Nieder- und Ober-Lausitz. Diese
Lande waren, nach verschiedenen Besitzwechseln in älterer Zeit, teils durch Heirat,
teils durch Kauf unter die Herrschaft der brandenburgischen Markgrafen aus
dem Hause Askanien gekommen. Nach dem Aussterben dieses Heldenge-


Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands.

exklusiven Ansprüchen nicht durchgedrungen ist. Eins ihrer einflußreichsten
Organe hat angesichts dieses Ausganges die „positive" Theologie zur geistigen
Überwindung der „ungläubigen" Theologie aufgerufen. Wenn die erstere diesem
Rufe folgt und, anstatt zu denunzieren, zu widerlegen beginnt, so ist für die
Zukunft das Beste zu hoffen.




Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.
v R. pape. on
(Fortsetzung.)

er Bestand der österreichischen Erdtaube, die zum deutschen Reiche
gehörten, obgleich ihr Verband mit ihm zum Teil ziemlich lose
war, da Böhmen und seine Nebenländer bekanntlich von der
Kreiseinteilung ausgeschlossen waren, blieb unverändert von der
Regierungszeit Ferdinands I. bis zum Ausbruche des dreißig¬
jährigen Krieges. Spaltungen und Teilungen des ausgedehnten Gebiets
kamen allerdings vor, aber doch nur unter den Mitgliedern des ErzHauses.
So zwang Matthias seinen Bruder, Kaiser Rudolf II., den großen Gelehrten
und Pferdekenner, aber schlechten Regenten, ihm nicht nur Ungarn, Mähren
und Österreich, sondern schließlich, gegen Ende seines Lebens, auch noch Böhmen
zu überlassen. Solange dann Matthias regierte, standen Steiermark, Kärnthen
und Kram unter der Herrschaft seines Vetters, des Erzherzogs Ferdinand, des
nachmaligen Kaisers Ferdinand II. Dieser wurde endlich von dem kinderlosen
Matthias wieder zum Erben der gesamten österreichischen Erdtaube eingesetzt.

Wie der Versuch, beim Regierungsantritte dieses Fürsten, Böhmen mit
seinen Nebenländern, Mähren, Schlesien und der Lausitz, von dem österreichischen
Gesamtstaate loszureißen, mißlang und nur dazu führte, daß alle im Majestäts-
bricfe gewährten Freiheiten und Rechte aufgehoben wurden, ist schon oben
erwähnt worden. Dieser Aufstand der Böhmen bereitete aber dennoch den
dauernden Verlust einer Provinz vor, die mehrere Jahrhunderte lang unter der
Herrschaft der Könige von Böhmen gestanden hatte, nämlich der Lausitz, oder
genauer zu reden, der beiden Markgrafentümer Nieder- und Ober-Lausitz. Diese
Lande waren, nach verschiedenen Besitzwechseln in älterer Zeit, teils durch Heirat,
teils durch Kauf unter die Herrschaft der brandenburgischen Markgrafen aus
dem Hause Askanien gekommen. Nach dem Aussterben dieses Heldenge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0112" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203547"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_245" prev="#ID_244"> exklusiven Ansprüchen nicht durchgedrungen ist. Eins ihrer einflußreichsten<lb/>
Organe hat angesichts dieses Ausganges die &#x201E;positive" Theologie zur geistigen<lb/>
Überwindung der &#x201E;ungläubigen" Theologie aufgerufen. Wenn die erstere diesem<lb/>
Rufe folgt und, anstatt zu denunzieren, zu widerlegen beginnt, so ist für die<lb/>
Zukunft das Beste zu hoffen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands.<lb/>
v<note type="byline"> R. pape.</note> on<lb/>
(Fortsetzung.) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_246"> er Bestand der österreichischen Erdtaube, die zum deutschen Reiche<lb/>
gehörten, obgleich ihr Verband mit ihm zum Teil ziemlich lose<lb/>
war, da Böhmen und seine Nebenländer bekanntlich von der<lb/>
Kreiseinteilung ausgeschlossen waren, blieb unverändert von der<lb/>
Regierungszeit Ferdinands I. bis zum Ausbruche des dreißig¬<lb/>
jährigen Krieges. Spaltungen und Teilungen des ausgedehnten Gebiets<lb/>
kamen allerdings vor, aber doch nur unter den Mitgliedern des ErzHauses.<lb/>
So zwang Matthias seinen Bruder, Kaiser Rudolf II., den großen Gelehrten<lb/>
und Pferdekenner, aber schlechten Regenten, ihm nicht nur Ungarn, Mähren<lb/>
und Österreich, sondern schließlich, gegen Ende seines Lebens, auch noch Böhmen<lb/>
zu überlassen. Solange dann Matthias regierte, standen Steiermark, Kärnthen<lb/>
und Kram unter der Herrschaft seines Vetters, des Erzherzogs Ferdinand, des<lb/>
nachmaligen Kaisers Ferdinand II. Dieser wurde endlich von dem kinderlosen<lb/>
Matthias wieder zum Erben der gesamten österreichischen Erdtaube eingesetzt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_247" next="#ID_248"> Wie der Versuch, beim Regierungsantritte dieses Fürsten, Böhmen mit<lb/>
seinen Nebenländern, Mähren, Schlesien und der Lausitz, von dem österreichischen<lb/>
Gesamtstaate loszureißen, mißlang und nur dazu führte, daß alle im Majestäts-<lb/>
bricfe gewährten Freiheiten und Rechte aufgehoben wurden, ist schon oben<lb/>
erwähnt worden. Dieser Aufstand der Böhmen bereitete aber dennoch den<lb/>
dauernden Verlust einer Provinz vor, die mehrere Jahrhunderte lang unter der<lb/>
Herrschaft der Könige von Böhmen gestanden hatte, nämlich der Lausitz, oder<lb/>
genauer zu reden, der beiden Markgrafentümer Nieder- und Ober-Lausitz. Diese<lb/>
Lande waren, nach verschiedenen Besitzwechseln in älterer Zeit, teils durch Heirat,<lb/>
teils durch Kauf unter die Herrschaft der brandenburgischen Markgrafen aus<lb/>
dem Hause Askanien gekommen.  Nach dem Aussterben dieses Heldenge-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0112] Die Gebietsentwicklung der Linzelstaaten Deutschlands. exklusiven Ansprüchen nicht durchgedrungen ist. Eins ihrer einflußreichsten Organe hat angesichts dieses Ausganges die „positive" Theologie zur geistigen Überwindung der „ungläubigen" Theologie aufgerufen. Wenn die erstere diesem Rufe folgt und, anstatt zu denunzieren, zu widerlegen beginnt, so ist für die Zukunft das Beste zu hoffen. Die Gebietsentwicklung der Ginzelstaaten Deutschlands. v R. pape. on (Fortsetzung.) er Bestand der österreichischen Erdtaube, die zum deutschen Reiche gehörten, obgleich ihr Verband mit ihm zum Teil ziemlich lose war, da Böhmen und seine Nebenländer bekanntlich von der Kreiseinteilung ausgeschlossen waren, blieb unverändert von der Regierungszeit Ferdinands I. bis zum Ausbruche des dreißig¬ jährigen Krieges. Spaltungen und Teilungen des ausgedehnten Gebiets kamen allerdings vor, aber doch nur unter den Mitgliedern des ErzHauses. So zwang Matthias seinen Bruder, Kaiser Rudolf II., den großen Gelehrten und Pferdekenner, aber schlechten Regenten, ihm nicht nur Ungarn, Mähren und Österreich, sondern schließlich, gegen Ende seines Lebens, auch noch Böhmen zu überlassen. Solange dann Matthias regierte, standen Steiermark, Kärnthen und Kram unter der Herrschaft seines Vetters, des Erzherzogs Ferdinand, des nachmaligen Kaisers Ferdinand II. Dieser wurde endlich von dem kinderlosen Matthias wieder zum Erben der gesamten österreichischen Erdtaube eingesetzt. Wie der Versuch, beim Regierungsantritte dieses Fürsten, Böhmen mit seinen Nebenländern, Mähren, Schlesien und der Lausitz, von dem österreichischen Gesamtstaate loszureißen, mißlang und nur dazu führte, daß alle im Majestäts- bricfe gewährten Freiheiten und Rechte aufgehoben wurden, ist schon oben erwähnt worden. Dieser Aufstand der Böhmen bereitete aber dennoch den dauernden Verlust einer Provinz vor, die mehrere Jahrhunderte lang unter der Herrschaft der Könige von Böhmen gestanden hatte, nämlich der Lausitz, oder genauer zu reden, der beiden Markgrafentümer Nieder- und Ober-Lausitz. Diese Lande waren, nach verschiedenen Besitzwechseln in älterer Zeit, teils durch Heirat, teils durch Kauf unter die Herrschaft der brandenburgischen Markgrafen aus dem Hause Askanien gekommen. Nach dem Aussterben dieses Heldenge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/112
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/112>, abgerufen am 22.07.2024.