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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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England in Angst.

chon seit längerer Zeit sind in England gelegentlich Stimmen laut
geworden, die -- wir erinnern an Dilkcs Aufsätze -- auf die
Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit der militärischen Einrich¬
tungen des Landes und auf die Gefahr aufmerksam machten, der
es ausgesetzt sei, wenn hier nicht bald gründlich Abhilfe geschafft
werde. In den letzten Wochen ist diese Erkenntnis allgemeiner, die mit ihr
verbundene Besorgnis zu unverkennbarer Angst geworden, und zwar durch einen
Aufschrei der Presse, der wie ein H^nnidg-I Weh xortgL wirkte, in allen Kreisen
der Hauptstadt wiederhallte und zuletzt auch das Oberhaus erreichte, wo er leb¬
hafte Erörterungen hervorrief. Es war ein Artikel des paix TÄkZravb., der
diese erschreckende Wirkung übte, da verlautete, er sei von höchster militärischer
Autorität -- die einen nannten den Herzog von Cambridge, die andern den
General Wolseley -- dem weitverbreiteten Blatte zugegangen. Das war zwar
ein Irrtum; da aber zu der öffentlichen Meinung über den Gegenstand noch
nie so rückhaltlos gesprochen worden war wie hier, so wirkt die Warnung noch
jetzt fort, nachdem jene Annahme, die übrigens ganz widersinnig war, von den
betreffenden Herren bündig in Abrede gestellt worden ist. Der Artikel des
D-ülzs ^slsgraxli behauptete "auf Grund von Äußerungen der höchsten militä¬
rischen Behörde" als unbestreitbare Wahrheit zunächst im allgemeinen, daß Eng¬
land "infolge der beklagenswerten Nachlässigkeit des Parlaments und des un¬
heilvollen Systems der Ministerien, dem Volke absichtlich die Wahrheit zu
verbergen, zuletzt mit Bekümmernis einzugestehen habe, es sei gänzlich unvor¬
bereitet für einen Krieg, wo nicht gar von der Gnade oder Ungnade eines euro¬
päischen Feindes abhängig, wenn nicht ohne Verzug energische Schritte gethan
würden, um das Königreich nud das ganze Machtgebiet desselben (Vmxirs) in


Grenzboten II. 1388. 57


England in Angst.

chon seit längerer Zeit sind in England gelegentlich Stimmen laut
geworden, die — wir erinnern an Dilkcs Aufsätze — auf die
Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit der militärischen Einrich¬
tungen des Landes und auf die Gefahr aufmerksam machten, der
es ausgesetzt sei, wenn hier nicht bald gründlich Abhilfe geschafft
werde. In den letzten Wochen ist diese Erkenntnis allgemeiner, die mit ihr
verbundene Besorgnis zu unverkennbarer Angst geworden, und zwar durch einen
Aufschrei der Presse, der wie ein H^nnidg-I Weh xortgL wirkte, in allen Kreisen
der Hauptstadt wiederhallte und zuletzt auch das Oberhaus erreichte, wo er leb¬
hafte Erörterungen hervorrief. Es war ein Artikel des paix TÄkZravb., der
diese erschreckende Wirkung übte, da verlautete, er sei von höchster militärischer
Autorität — die einen nannten den Herzog von Cambridge, die andern den
General Wolseley — dem weitverbreiteten Blatte zugegangen. Das war zwar
ein Irrtum; da aber zu der öffentlichen Meinung über den Gegenstand noch
nie so rückhaltlos gesprochen worden war wie hier, so wirkt die Warnung noch
jetzt fort, nachdem jene Annahme, die übrigens ganz widersinnig war, von den
betreffenden Herren bündig in Abrede gestellt worden ist. Der Artikel des
D-ülzs ^slsgraxli behauptete „auf Grund von Äußerungen der höchsten militä¬
rischen Behörde" als unbestreitbare Wahrheit zunächst im allgemeinen, daß Eng¬
land „infolge der beklagenswerten Nachlässigkeit des Parlaments und des un¬
heilvollen Systems der Ministerien, dem Volke absichtlich die Wahrheit zu
verbergen, zuletzt mit Bekümmernis einzugestehen habe, es sei gänzlich unvor¬
bereitet für einen Krieg, wo nicht gar von der Gnade oder Ungnade eines euro¬
päischen Feindes abhängig, wenn nicht ohne Verzug energische Schritte gethan
würden, um das Königreich nud das ganze Machtgebiet desselben (Vmxirs) in


Grenzboten II. 1388. 57
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[0457] [Abbildung] England in Angst. chon seit längerer Zeit sind in England gelegentlich Stimmen laut geworden, die — wir erinnern an Dilkcs Aufsätze — auf die Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit der militärischen Einrich¬ tungen des Landes und auf die Gefahr aufmerksam machten, der es ausgesetzt sei, wenn hier nicht bald gründlich Abhilfe geschafft werde. In den letzten Wochen ist diese Erkenntnis allgemeiner, die mit ihr verbundene Besorgnis zu unverkennbarer Angst geworden, und zwar durch einen Aufschrei der Presse, der wie ein H^nnidg-I Weh xortgL wirkte, in allen Kreisen der Hauptstadt wiederhallte und zuletzt auch das Oberhaus erreichte, wo er leb¬ hafte Erörterungen hervorrief. Es war ein Artikel des paix TÄkZravb., der diese erschreckende Wirkung übte, da verlautete, er sei von höchster militärischer Autorität — die einen nannten den Herzog von Cambridge, die andern den General Wolseley — dem weitverbreiteten Blatte zugegangen. Das war zwar ein Irrtum; da aber zu der öffentlichen Meinung über den Gegenstand noch nie so rückhaltlos gesprochen worden war wie hier, so wirkt die Warnung noch jetzt fort, nachdem jene Annahme, die übrigens ganz widersinnig war, von den betreffenden Herren bündig in Abrede gestellt worden ist. Der Artikel des D-ülzs ^slsgraxli behauptete „auf Grund von Äußerungen der höchsten militä¬ rischen Behörde" als unbestreitbare Wahrheit zunächst im allgemeinen, daß Eng¬ land „infolge der beklagenswerten Nachlässigkeit des Parlaments und des un¬ heilvollen Systems der Ministerien, dem Volke absichtlich die Wahrheit zu verbergen, zuletzt mit Bekümmernis einzugestehen habe, es sei gänzlich unvor¬ bereitet für einen Krieg, wo nicht gar von der Gnade oder Ungnade eines euro¬ päischen Feindes abhängig, wenn nicht ohne Verzug energische Schritte gethan würden, um das Königreich nud das ganze Machtgebiet desselben (Vmxirs) in Grenzboten II. 1388. 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/457>, abgerufen am 13.11.2024.