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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Furcht vor Rußland.

(MM
^MWM^nur Zahln: allein den Ausschlag gäben, so hätte allerdings Sir
Charles Dilke Recht, wenn er behauptet, daß Rußland so stark
wie Deutschland und Österreich zusammen und zwei- oder dreimal
so stark wie Österreich allein sei. I" dem gleichen Falle oder
vielmehr in noch weit größerm Mißverhältnis war, um nur ein
geschichtliches Beispiel zu nennen, das Übergewicht der Perser über die Griechen.

Rußlands Landmacht stellt sich in der Friedensstärke auf 25 330 Offiziere,
672285 Mannschaften und 85 553 Pferde mit 1538 bespannten Geschützen; im
Kriege schwellen dieselben zu der furchtbaren Gesamtstärke von 38288 Offizieren,
1734473 Mannschaften und 207 540 Pferden mit 3460 Feldgeschützen an. Und
damit scheint die Wehrkraft des russischen Reiches noch keineswegs erschöpft
zu sein, denn es treten dazu noch die Kosaken und die unregelmäßigen Truppen
fremder Völker. Mit andern Worten: wenn es einmal zur Mobilisirung der
gesamten waffenfähigen Mannschaft des weiten russischen Reiches käme, so wäre
das nichts anders, als eine Erneuerung der Völkerwanderung, der Kriegszüge
der Zeiten Attilas, Tschingiskans oder Timnrs. Aber der Ausgang wäre nicht
zweifelhaft: eine vorübergehende Verwüstung unsrer Ostgrenzcn, aber ein end¬
licher gründlicher Sieg über alle moskowitischen Horden, ein Sieg der Intelligenz
über die rohe Gewalt der Barbarei.ukowina

Die Besorgnis Dilkes. daß Österreich in Ostgalizien und der B
dem ersten Anprall Rußlands nicht widerstehen könne, daß die Festungen
Krakau und Przemysl nicht stark genug seien, Galizien gegen einen russischen
Angriff zu schützen, ist ganz selbstverständlich, und Österreich wird auch den
Fehler, den General Giulah 1859 in Oberitalien beging, nicht in Galizien


Grenzboten II. 1337. ^


Die Furcht vor Rußland.

(MM
^MWM^nur Zahln: allein den Ausschlag gäben, so hätte allerdings Sir
Charles Dilke Recht, wenn er behauptet, daß Rußland so stark
wie Deutschland und Österreich zusammen und zwei- oder dreimal
so stark wie Österreich allein sei. I» dem gleichen Falle oder
vielmehr in noch weit größerm Mißverhältnis war, um nur ein
geschichtliches Beispiel zu nennen, das Übergewicht der Perser über die Griechen.

Rußlands Landmacht stellt sich in der Friedensstärke auf 25 330 Offiziere,
672285 Mannschaften und 85 553 Pferde mit 1538 bespannten Geschützen; im
Kriege schwellen dieselben zu der furchtbaren Gesamtstärke von 38288 Offizieren,
1734473 Mannschaften und 207 540 Pferden mit 3460 Feldgeschützen an. Und
damit scheint die Wehrkraft des russischen Reiches noch keineswegs erschöpft
zu sein, denn es treten dazu noch die Kosaken und die unregelmäßigen Truppen
fremder Völker. Mit andern Worten: wenn es einmal zur Mobilisirung der
gesamten waffenfähigen Mannschaft des weiten russischen Reiches käme, so wäre
das nichts anders, als eine Erneuerung der Völkerwanderung, der Kriegszüge
der Zeiten Attilas, Tschingiskans oder Timnrs. Aber der Ausgang wäre nicht
zweifelhaft: eine vorübergehende Verwüstung unsrer Ostgrenzcn, aber ein end¬
licher gründlicher Sieg über alle moskowitischen Horden, ein Sieg der Intelligenz
über die rohe Gewalt der Barbarei.ukowina

Die Besorgnis Dilkes. daß Österreich in Ostgalizien und der B
dem ersten Anprall Rußlands nicht widerstehen könne, daß die Festungen
Krakau und Przemysl nicht stark genug seien, Galizien gegen einen russischen
Angriff zu schützen, ist ganz selbstverständlich, und Österreich wird auch den
Fehler, den General Giulah 1859 in Oberitalien beging, nicht in Galizien


Grenzboten II. 1337. ^
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[0153] [Abbildung] Die Furcht vor Rußland. (MM ^MWM^nur Zahln: allein den Ausschlag gäben, so hätte allerdings Sir Charles Dilke Recht, wenn er behauptet, daß Rußland so stark wie Deutschland und Österreich zusammen und zwei- oder dreimal so stark wie Österreich allein sei. I» dem gleichen Falle oder vielmehr in noch weit größerm Mißverhältnis war, um nur ein geschichtliches Beispiel zu nennen, das Übergewicht der Perser über die Griechen. Rußlands Landmacht stellt sich in der Friedensstärke auf 25 330 Offiziere, 672285 Mannschaften und 85 553 Pferde mit 1538 bespannten Geschützen; im Kriege schwellen dieselben zu der furchtbaren Gesamtstärke von 38288 Offizieren, 1734473 Mannschaften und 207 540 Pferden mit 3460 Feldgeschützen an. Und damit scheint die Wehrkraft des russischen Reiches noch keineswegs erschöpft zu sein, denn es treten dazu noch die Kosaken und die unregelmäßigen Truppen fremder Völker. Mit andern Worten: wenn es einmal zur Mobilisirung der gesamten waffenfähigen Mannschaft des weiten russischen Reiches käme, so wäre das nichts anders, als eine Erneuerung der Völkerwanderung, der Kriegszüge der Zeiten Attilas, Tschingiskans oder Timnrs. Aber der Ausgang wäre nicht zweifelhaft: eine vorübergehende Verwüstung unsrer Ostgrenzcn, aber ein end¬ licher gründlicher Sieg über alle moskowitischen Horden, ein Sieg der Intelligenz über die rohe Gewalt der Barbarei.ukowina Die Besorgnis Dilkes. daß Österreich in Ostgalizien und der B dem ersten Anprall Rußlands nicht widerstehen könne, daß die Festungen Krakau und Przemysl nicht stark genug seien, Galizien gegen einen russischen Angriff zu schützen, ist ganz selbstverständlich, und Österreich wird auch den Fehler, den General Giulah 1859 in Oberitalien beging, nicht in Galizien Grenzboten II. 1337. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/153>, abgerufen am 17.09.2024.