Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Kleinere Mitteilungen. Das ganze Dorf soll Teil nehmen an unsrer Freude, und der alte Jens soll Und es war, als nickte der Tod mit seinem ernsten Antlitz, als wäre er Am Abend wollen wir einmal wieder zusammen tanzen wie auf unsrer Jubelnd schloß er sie in seine Arme, und sie lächelte glückselig errötend wie Kleinere Mitteilungen. Ein Abriß der neuesten Kirchengeschichte. Es sind unter uns nicht Darum ist es allerseits ein willkommenes literarisches Ereignis, wenn ein *) Abriß der Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts (als Er-
gänzungsheft der Kirchengeschichte von I. I. Herzog), bearbeitet von I.lo. tnool. G. Koff- mane, Pastor in Kunitz. Erlangen, Besold, 1387. Kleinere Mitteilungen. Das ganze Dorf soll Teil nehmen an unsrer Freude, und der alte Jens soll Und es war, als nickte der Tod mit seinem ernsten Antlitz, als wäre er Am Abend wollen wir einmal wieder zusammen tanzen wie auf unsrer Jubelnd schloß er sie in seine Arme, und sie lächelte glückselig errötend wie Kleinere Mitteilungen. Ein Abriß der neuesten Kirchengeschichte. Es sind unter uns nicht Darum ist es allerseits ein willkommenes literarisches Ereignis, wenn ein *) Abriß der Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts (als Er-
gänzungsheft der Kirchengeschichte von I. I. Herzog), bearbeitet von I.lo. tnool. G. Koff- mane, Pastor in Kunitz. Erlangen, Besold, 1387. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201841"/> <fw type="header" place="top"> Kleinere Mitteilungen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1003" prev="#ID_1002"> Das ganze Dorf soll Teil nehmen an unsrer Freude, und der alte Jens soll<lb/> auch mit dabei sein, wenn er auch sonst niemals ausgeht. Es ist etwas so<lb/> Treuherziges in dem alten Burschen, das wird dem Kinde Glück bringen.<lb/> Aber den Knaben wollen wir ganz für uns behalten. Du sollst ihn über die<lb/> Taufe halten, und ich will unter den Gevattern stehen und selbst Patenstelle<lb/> bei ihm vertreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1004"> Und es war, als nickte der Tod mit seinem ernsten Antlitz, als wäre er<lb/> fest entschlossen, auch mit dabei zu sein. Aber die jungen Eheleute dachten<lb/> nicht an ihn! Wer würde auch in einem solchen Augenblicke an deu Tod denken?</p><lb/> <p xml:id="ID_1005"> Am Abend wollen wir einmal wieder zusammen tanzen wie auf unsrer<lb/> Hochzeit, mein geliebtes, teures Weib! sagte der Schulmeister. Wie können<lb/> wir dem Herrn nur danken für unser großes Glück!</p><lb/> <p xml:id="ID_1006"> Jubelnd schloß er sie in seine Arme, und sie lächelte glückselig errötend wie<lb/> eine junge Braut. Das war eine große Frende. Aber die stille Wehmut<lb/> im Antlitz des Todes schaute darauf herab! (Fortsetzung folgt.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Kleinere Mitteilungen.</head><lb/> <div n="2"> <head> Ein Abriß der neuesten Kirchengeschichte.</head> <p xml:id="ID_1007"> Es sind unter uns nicht<lb/> mehr viele, die mit klarern Bewußtsein die kirchengeschichtlichen Ereignisse auch nur<lb/> der Zeit von 1840 (Friedrich Wilhelm IV.) an, mit erlebt haben. Und unter<lb/> diesen werden ganz wenige noch die Meinung hegen, daß ihnen das, was sie s»<lb/> erlebt, zum Teil mit erregtem Gefühl erlebt, was sie in kirchlichen und politischen<lb/> Blättern sozusagen aktenmäßig gelesen und erörtert haben, nun umso fester im<lb/> Wissen und Erkennen aufbewahrt sei. Im Gegenteil, wohl giebt das eigne Er¬<lb/> leben den Vorteil, daß einige große Ereignisse mit leuchtenden Farben in der<lb/> Erinnerung haften, der Zusammenhang des Ganzen aber wird desto schmerzlicher<lb/> vermißt, je mehr wir fühlen, wie tief uns einst die ganze Kette der jetzt so lücken¬<lb/> haften Ereignisse interessirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1008" next="#ID_1009"> Darum ist es allerseits ein willkommenes literarisches Ereignis, wenn ein<lb/> kundiger Mann es unternimmt, uns an die kirchengeschichtlichen Thatsachen unsrer<lb/> Zeit in übersichtlicher Weise zu erinnern. Man kann es besonders seit dem<lb/> „Kulturkampf" merken, daß die Kirchengeschichte und die kirchenrechtlichen Studien<lb/> die Laienwelt mehr anziehen als je, und vielleicht ist dies der erheblichste und<lb/> dauerhafteste Gewinn, den der genannte Kampf gebracht hat. Der Verfasser einer<lb/> kürzlich erschienenen Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts,*) G. Koffmnne,<lb/> kann daher auf eine nicht geringe Teilnahme für sein Buch rechnen. Nicht als<lb/> ob er auf die bloße Neugier für die Dinge der jüngsten Vergangenheit gerechnet<lb/> hätte, nein, sein Werk ist von wissenschaftlichem Ernst erfüllt; und wiewohl er den<lb/> protestantischen Gesichtspunkt nie verleugnet, ist er weitherzig genug, vielem gerecht</p><lb/> <note xml:id="FID_45" place="foot"> *) Abriß der Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts (als Er-<lb/> gänzungsheft der Kirchengeschichte von I. I. Herzog), bearbeitet von I.lo. tnool. G. Koff-<lb/> mane, Pastor in Kunitz. Erlangen, Besold, 1387.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Kleinere Mitteilungen.
Das ganze Dorf soll Teil nehmen an unsrer Freude, und der alte Jens soll
auch mit dabei sein, wenn er auch sonst niemals ausgeht. Es ist etwas so
Treuherziges in dem alten Burschen, das wird dem Kinde Glück bringen.
Aber den Knaben wollen wir ganz für uns behalten. Du sollst ihn über die
Taufe halten, und ich will unter den Gevattern stehen und selbst Patenstelle
bei ihm vertreten.
Und es war, als nickte der Tod mit seinem ernsten Antlitz, als wäre er
fest entschlossen, auch mit dabei zu sein. Aber die jungen Eheleute dachten
nicht an ihn! Wer würde auch in einem solchen Augenblicke an deu Tod denken?
Am Abend wollen wir einmal wieder zusammen tanzen wie auf unsrer
Hochzeit, mein geliebtes, teures Weib! sagte der Schulmeister. Wie können
wir dem Herrn nur danken für unser großes Glück!
Jubelnd schloß er sie in seine Arme, und sie lächelte glückselig errötend wie
eine junge Braut. Das war eine große Frende. Aber die stille Wehmut
im Antlitz des Todes schaute darauf herab! (Fortsetzung folgt.)
Kleinere Mitteilungen.
Ein Abriß der neuesten Kirchengeschichte. Es sind unter uns nicht
mehr viele, die mit klarern Bewußtsein die kirchengeschichtlichen Ereignisse auch nur
der Zeit von 1840 (Friedrich Wilhelm IV.) an, mit erlebt haben. Und unter
diesen werden ganz wenige noch die Meinung hegen, daß ihnen das, was sie s»
erlebt, zum Teil mit erregtem Gefühl erlebt, was sie in kirchlichen und politischen
Blättern sozusagen aktenmäßig gelesen und erörtert haben, nun umso fester im
Wissen und Erkennen aufbewahrt sei. Im Gegenteil, wohl giebt das eigne Er¬
leben den Vorteil, daß einige große Ereignisse mit leuchtenden Farben in der
Erinnerung haften, der Zusammenhang des Ganzen aber wird desto schmerzlicher
vermißt, je mehr wir fühlen, wie tief uns einst die ganze Kette der jetzt so lücken¬
haften Ereignisse interessirte.
Darum ist es allerseits ein willkommenes literarisches Ereignis, wenn ein
kundiger Mann es unternimmt, uns an die kirchengeschichtlichen Thatsachen unsrer
Zeit in übersichtlicher Weise zu erinnern. Man kann es besonders seit dem
„Kulturkampf" merken, daß die Kirchengeschichte und die kirchenrechtlichen Studien
die Laienwelt mehr anziehen als je, und vielleicht ist dies der erheblichste und
dauerhafteste Gewinn, den der genannte Kampf gebracht hat. Der Verfasser einer
kürzlich erschienenen Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts,*) G. Koffmnne,
kann daher auf eine nicht geringe Teilnahme für sein Buch rechnen. Nicht als
ob er auf die bloße Neugier für die Dinge der jüngsten Vergangenheit gerechnet
hätte, nein, sein Werk ist von wissenschaftlichem Ernst erfüllt; und wiewohl er den
protestantischen Gesichtspunkt nie verleugnet, ist er weitherzig genug, vielem gerecht
*) Abriß der Kirchengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts (als Er-
gänzungsheft der Kirchengeschichte von I. I. Herzog), bearbeitet von I.lo. tnool. G. Koff-
mane, Pastor in Kunitz. Erlangen, Besold, 1387.
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