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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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spanische und englische Kolonialpolitik.

in Entwicklung der spanischen Kolonialpolitik hat sich, ebenso wie
die Portugals, ans der Grundlage der bekannten Bulle Papst
Alexanders VI, vom Jahre 1493 vollzogen, durch welche der
Meridian der Kanarischen Inseln als Grenzscheide des Wirkungs¬
kreises der beiden Reiche bezeichnet wurde. An Spanien fiel der
Westen, an Portugal der Osten, samt allen Entdeckungen, welche von den
genannten Ländern in ihren Kreisen in Zukunft gemacht werden würden.

Die Kolonialpolitik Spaniens beruhte, von der Entdeckung Amerikas durch
Kolumbus bis zum Ende des ersten Viertels des folgenden Jahrhunderts, auf
dem Rechte der Entdeckung und Eroberung, selbstverständlich innerhalb der von
der päpstlichen Bulle begrenzten Kreise. Erst unter der Negierung Kaiser
Karls V. wurde die spanische Kolonialpolitik auf eine neue Grundlage gestellt.
Die in Granada am 4. September 1526 erlassene Ordonnanz Kaiser Karls V.
vollzog diese Wendung. Die Vorkämpfer der letzteren waren Männer wie Las
Casas, Vitoria, Aeosta, Soto und andre. Der Bischof von Chiapas, Las Casas,
und der Bischof von Quevedo, Dorieu, gaben den ersten Anstoß zur Reform
der spanischen Kolonialpolitik. Der Bischof Las Casas trat zuerst gegen die
Anwendung von Gewalt gegenüber den Eingeborenen der entdeckten Länder
auf und rügte und bekämpfte vor allem die Sklaverei, selbst da, wo sie in
milderen Formen auftrat. Dorten nahm den entgegengesetzte" Standpunkt ein
und stützte sich dabei auf das dritte Kapitel der Schrift des Aristoteles über
die Staatswissenschaft. Die Ausführungen des griechischen Denkers dienten auch
denjenigen zur Stütze, welche auf der denkwürdigen Versammlung im Jahre 1520
in Gegenwart Kaiser Karls V. zu Molins de Reh gegen Las Casas auftraten.


Gronzboten I. 1887. 3"


spanische und englische Kolonialpolitik.

in Entwicklung der spanischen Kolonialpolitik hat sich, ebenso wie
die Portugals, ans der Grundlage der bekannten Bulle Papst
Alexanders VI, vom Jahre 1493 vollzogen, durch welche der
Meridian der Kanarischen Inseln als Grenzscheide des Wirkungs¬
kreises der beiden Reiche bezeichnet wurde. An Spanien fiel der
Westen, an Portugal der Osten, samt allen Entdeckungen, welche von den
genannten Ländern in ihren Kreisen in Zukunft gemacht werden würden.

Die Kolonialpolitik Spaniens beruhte, von der Entdeckung Amerikas durch
Kolumbus bis zum Ende des ersten Viertels des folgenden Jahrhunderts, auf
dem Rechte der Entdeckung und Eroberung, selbstverständlich innerhalb der von
der päpstlichen Bulle begrenzten Kreise. Erst unter der Negierung Kaiser
Karls V. wurde die spanische Kolonialpolitik auf eine neue Grundlage gestellt.
Die in Granada am 4. September 1526 erlassene Ordonnanz Kaiser Karls V.
vollzog diese Wendung. Die Vorkämpfer der letzteren waren Männer wie Las
Casas, Vitoria, Aeosta, Soto und andre. Der Bischof von Chiapas, Las Casas,
und der Bischof von Quevedo, Dorieu, gaben den ersten Anstoß zur Reform
der spanischen Kolonialpolitik. Der Bischof Las Casas trat zuerst gegen die
Anwendung von Gewalt gegenüber den Eingeborenen der entdeckten Länder
auf und rügte und bekämpfte vor allem die Sklaverei, selbst da, wo sie in
milderen Formen auftrat. Dorten nahm den entgegengesetzte» Standpunkt ein
und stützte sich dabei auf das dritte Kapitel der Schrift des Aristoteles über
die Staatswissenschaft. Die Ausführungen des griechischen Denkers dienten auch
denjenigen zur Stütze, welche auf der denkwürdigen Versammlung im Jahre 1520
in Gegenwart Kaiser Karls V. zu Molins de Reh gegen Las Casas auftraten.


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[0305] [Abbildung] spanische und englische Kolonialpolitik. in Entwicklung der spanischen Kolonialpolitik hat sich, ebenso wie die Portugals, ans der Grundlage der bekannten Bulle Papst Alexanders VI, vom Jahre 1493 vollzogen, durch welche der Meridian der Kanarischen Inseln als Grenzscheide des Wirkungs¬ kreises der beiden Reiche bezeichnet wurde. An Spanien fiel der Westen, an Portugal der Osten, samt allen Entdeckungen, welche von den genannten Ländern in ihren Kreisen in Zukunft gemacht werden würden. Die Kolonialpolitik Spaniens beruhte, von der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus bis zum Ende des ersten Viertels des folgenden Jahrhunderts, auf dem Rechte der Entdeckung und Eroberung, selbstverständlich innerhalb der von der päpstlichen Bulle begrenzten Kreise. Erst unter der Negierung Kaiser Karls V. wurde die spanische Kolonialpolitik auf eine neue Grundlage gestellt. Die in Granada am 4. September 1526 erlassene Ordonnanz Kaiser Karls V. vollzog diese Wendung. Die Vorkämpfer der letzteren waren Männer wie Las Casas, Vitoria, Aeosta, Soto und andre. Der Bischof von Chiapas, Las Casas, und der Bischof von Quevedo, Dorieu, gaben den ersten Anstoß zur Reform der spanischen Kolonialpolitik. Der Bischof Las Casas trat zuerst gegen die Anwendung von Gewalt gegenüber den Eingeborenen der entdeckten Länder auf und rügte und bekämpfte vor allem die Sklaverei, selbst da, wo sie in milderen Formen auftrat. Dorten nahm den entgegengesetzte» Standpunkt ein und stützte sich dabei auf das dritte Kapitel der Schrift des Aristoteles über die Staatswissenschaft. Die Ausführungen des griechischen Denkers dienten auch denjenigen zur Stütze, welche auf der denkwürdigen Versammlung im Jahre 1520 in Gegenwart Kaiser Karls V. zu Molins de Reh gegen Las Casas auftraten. Gronzboten I. 1887. 3«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/305>, abgerufen am 29.06.2024.