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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung.)
Zehntes Aapitel.

s giebt nichts trostloseres als einen feuerlosen Kamin, dachte
Georg. Er saß in dem Kabinet neben dem Saale und schaute
aufmerksam in die schwarze Höhlung eines kunstlos gemauerten
Kamins. Davor lag ein verblichener Teppich, alt und ehemals
kostbar wie die gesamte Einrichtung des Kabinets. Aber das
spärliche Licht, das von der Decke her eine langsam schwankende Hängelampe
verbreitete, ließ die ehemalige Schönheit mehr hervortreten als die jetzige Ab¬
genutztheit. Die Lampe goß ein interessantes Licht über alles, auch über die
feinen Züge Georgs und auf seine schlanke, weiße Hand, deren Finger sich be¬
wegten wie in innerer Unruhe.

Die Hängelampe brannte den Geschwistern Dusele zu Ehren, die heute
in Sicbenhofen waren. ^

Georg hatte einen Gang mit dem Oberförster hinter sich, von dem er sehr
ermüdet zurückgekehrt war. Sie wnreu in der Tannenhölzung gewesen, um
die Bäume zum Schlagen zu zeichnen. Der Schnee lag hoch, und die Eichen
am Waldrande sahen verödet aus. Der Wind fuhr wie verloren um die alten
Stämme und trug den fernen Laut der Axt unnatürlich weit. Der Oberförster
hatte rastlos geschwatzt, und es war Georg erschienen wie eine Entweihung
der Waldstille. Er wußte nicht, wie sehr seine Erregbarkeit während der letzten
Wochen zugenommen hatte.

Jetzt hatte er sich von der Gesellschaft zurückgezogen und hörte achtlos
auf das Durcheinander der Stimmen im anstoßenden Saale. Worüber diese
Menschen nur immer so eifrig reden mochten! Lag es denn wirklich an diesem


Grenzboten III. 1386. 60


Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung.)
Zehntes Aapitel.

s giebt nichts trostloseres als einen feuerlosen Kamin, dachte
Georg. Er saß in dem Kabinet neben dem Saale und schaute
aufmerksam in die schwarze Höhlung eines kunstlos gemauerten
Kamins. Davor lag ein verblichener Teppich, alt und ehemals
kostbar wie die gesamte Einrichtung des Kabinets. Aber das
spärliche Licht, das von der Decke her eine langsam schwankende Hängelampe
verbreitete, ließ die ehemalige Schönheit mehr hervortreten als die jetzige Ab¬
genutztheit. Die Lampe goß ein interessantes Licht über alles, auch über die
feinen Züge Georgs und auf seine schlanke, weiße Hand, deren Finger sich be¬
wegten wie in innerer Unruhe.

Die Hängelampe brannte den Geschwistern Dusele zu Ehren, die heute
in Sicbenhofen waren. ^

Georg hatte einen Gang mit dem Oberförster hinter sich, von dem er sehr
ermüdet zurückgekehrt war. Sie wnreu in der Tannenhölzung gewesen, um
die Bäume zum Schlagen zu zeichnen. Der Schnee lag hoch, und die Eichen
am Waldrande sahen verödet aus. Der Wind fuhr wie verloren um die alten
Stämme und trug den fernen Laut der Axt unnatürlich weit. Der Oberförster
hatte rastlos geschwatzt, und es war Georg erschienen wie eine Entweihung
der Waldstille. Er wußte nicht, wie sehr seine Erregbarkeit während der letzten
Wochen zugenommen hatte.

Jetzt hatte er sich von der Gesellschaft zurückgezogen und hörte achtlos
auf das Durcheinander der Stimmen im anstoßenden Saale. Worüber diese
Menschen nur immer so eifrig reden mochten! Lag es denn wirklich an diesem


Grenzboten III. 1386. 60
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[0481] [Abbildung] Aus der Chronik derer von Riffelshausen. E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von (Fortsetzung.) Zehntes Aapitel. s giebt nichts trostloseres als einen feuerlosen Kamin, dachte Georg. Er saß in dem Kabinet neben dem Saale und schaute aufmerksam in die schwarze Höhlung eines kunstlos gemauerten Kamins. Davor lag ein verblichener Teppich, alt und ehemals kostbar wie die gesamte Einrichtung des Kabinets. Aber das spärliche Licht, das von der Decke her eine langsam schwankende Hängelampe verbreitete, ließ die ehemalige Schönheit mehr hervortreten als die jetzige Ab¬ genutztheit. Die Lampe goß ein interessantes Licht über alles, auch über die feinen Züge Georgs und auf seine schlanke, weiße Hand, deren Finger sich be¬ wegten wie in innerer Unruhe. Die Hängelampe brannte den Geschwistern Dusele zu Ehren, die heute in Sicbenhofen waren. ^ Georg hatte einen Gang mit dem Oberförster hinter sich, von dem er sehr ermüdet zurückgekehrt war. Sie wnreu in der Tannenhölzung gewesen, um die Bäume zum Schlagen zu zeichnen. Der Schnee lag hoch, und die Eichen am Waldrande sahen verödet aus. Der Wind fuhr wie verloren um die alten Stämme und trug den fernen Laut der Axt unnatürlich weit. Der Oberförster hatte rastlos geschwatzt, und es war Georg erschienen wie eine Entweihung der Waldstille. Er wußte nicht, wie sehr seine Erregbarkeit während der letzten Wochen zugenommen hatte. Jetzt hatte er sich von der Gesellschaft zurückgezogen und hörte achtlos auf das Durcheinander der Stimmen im anstoßenden Saale. Worüber diese Menschen nur immer so eifrig reden mochten! Lag es denn wirklich an diesem Grenzboten III. 1386. 60

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/481>, abgerufen am 22.07.2024.