kurzem hat sich auch in Breslnn eine Burschenschaft gebildet, deren Anschluß wohl nur eine Frage der Zeit ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß bald alle Universitäten besehe sein werden, da die neuen Burschenschafter immer mehr erstarken und bis auf die Leipziger Burschenschaft an Zahl sehr stark siud. Daß in denselben fünfzig und mehr Prozent Juden seien oder gewesen seien, diese Behauptung schlagt gleichfalls der Wahrheit ins Gesicht. Die Neformburschenschaftcu haben sich gegen deu Antisemitismus erklärt und nehmen eines Juden als Mitglieder auf; dies geschieht jedoch nur vereinzelt und dies auch nur in den größern Universitäts¬ städten. Es sind im Anfange ebenso wie eine Reihe christlicher, so auch eine Reihe jüdischer unbrauchbarer Mitglieder entfernt worden, diejenigen Juden aber, welche als Mitglieder geblieben sind, haben sich durchaus als gediegen und brauchbar erwiesen. ,
Daß die Nefvrmburschenschaften jetzt noch keinen großen Einfluß auf die All¬ gemeinheit ausüben können, liegt wohl auf der Hand; und doch macht derselbe sich schon geltend. Die v. v.-Burschenschafter haben vor kurzem Satzungen ganz im Sinne der Neformburschenschafteu angenommen, wenn auch vorläufig nur mit dein Papiere. Daß das Erstarken der Ncformburschenschaften und die Furcht, von diesen Burscheuschafteu überholt zu werden mit zur Annahme dieser Satzungen geführt hat, ist unzweifelhaft. Auch das heftige Bekämpfen der Neformburschenschafteu dnrch die I). (".-Burscheuschafteu ist ein Zeichen, daß man das Emporkommen derselben fürchtet, "kümmerliche Existenzen" würde man garnicht beachten. Müssen es doch die v. V.-Burschenschnflen erleben, daß vielfach "alte Herren" und selbst studentische Mitglieder von ihnen zu den Reformbnrschenschaften übergehen.
Die Neformburschcnschafteu halten sich grundsätzlich stets zur Allgemeinheit; sie Wollen kein sich abschließendes Sonderdasein führen, sie kämpfen gegen Patent¬ simpelei und rein äußerliches Wesen; sie Wollen Mensuren nur zur Ausgleichung von Streitigkeiten gestatten, die von einem Schiedsgerichte nicht zum Ausgleich ge¬ bracht siud; unter dieser Voraussetzung sind sie bereit, jedem Studenten Genug¬ thuung zu geben, und halten sich frei von deu "wahnsinnigen" und "kindischen" Verrufs-, Ring- und Farbcnsimpelcien. Schwere Duelle werden notgedrungen unter den jetzige" Vcrrnfsverhältnissen noch geschlagen, es ist aber das Streben vor¬ handen, dieselben sobald als möglich ganz zu beseitigen. Endlich haben sie ein hervorragendes nationales Streben, sie sind es, welche von vornherein sich dein all¬ gemeinen deutschen Schulverein angeschlossen haben und bemüht sind, überall aka¬ demische Ortsgruppen zu bilden; sie sind es, welche sich zuerst auch für deu all¬ gemeinen deutschen Sprachverein geregt haben. Sie sind ferner die einzigen, welche großdeutsche Pläne verfolgen und die Verbindung mit österreichisch-deutschen stu¬ dentischen Körperschaften im Interesse des deutschen Nationalbewußtseins gesucht und gefunden haben. Dazu stehe" sie hier wie mich sonst jeder aktiven Politik, besonders jeder Parteipolitik, fern und unterscheiden sich dadurch hervorragend von den Ver¬ einen deutscher Studenten, welche sich aktiv an der Politik beteiligt haben oder doch zu beteilige" suchen.
Berlin.
<Lonr. Ujister.
Ungarisches.
Die Sprache der Magyaren steht allgemein in dem Rufe, besonders schwer zu erlernen zu sein, schon weil sie mit keiner der europäische" verwandt ist; daher läßt sich selbst von der Aussicht, die Verhandlungen des un¬ garischen Reichstages im Originale lesen zu können, selten jemand zum Studium des Magyarischen verlocken. Nach einer Note der offiziellen oder offiziösen "Buda-
Notizen.
kurzem hat sich auch in Breslnn eine Burschenschaft gebildet, deren Anschluß wohl nur eine Frage der Zeit ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß bald alle Universitäten besehe sein werden, da die neuen Burschenschafter immer mehr erstarken und bis auf die Leipziger Burschenschaft an Zahl sehr stark siud. Daß in denselben fünfzig und mehr Prozent Juden seien oder gewesen seien, diese Behauptung schlagt gleichfalls der Wahrheit ins Gesicht. Die Neformburschenschaftcu haben sich gegen deu Antisemitismus erklärt und nehmen eines Juden als Mitglieder auf; dies geschieht jedoch nur vereinzelt und dies auch nur in den größern Universitäts¬ städten. Es sind im Anfange ebenso wie eine Reihe christlicher, so auch eine Reihe jüdischer unbrauchbarer Mitglieder entfernt worden, diejenigen Juden aber, welche als Mitglieder geblieben sind, haben sich durchaus als gediegen und brauchbar erwiesen. ,
Daß die Nefvrmburschenschaften jetzt noch keinen großen Einfluß auf die All¬ gemeinheit ausüben können, liegt wohl auf der Hand; und doch macht derselbe sich schon geltend. Die v. v.-Burschenschafter haben vor kurzem Satzungen ganz im Sinne der Neformburschenschafteu angenommen, wenn auch vorläufig nur mit dein Papiere. Daß das Erstarken der Ncformburschenschaften und die Furcht, von diesen Burscheuschafteu überholt zu werden mit zur Annahme dieser Satzungen geführt hat, ist unzweifelhaft. Auch das heftige Bekämpfen der Neformburschenschafteu dnrch die I). (".-Burscheuschafteu ist ein Zeichen, daß man das Emporkommen derselben fürchtet, „kümmerliche Existenzen" würde man garnicht beachten. Müssen es doch die v. V.-Burschenschnflen erleben, daß vielfach „alte Herren" und selbst studentische Mitglieder von ihnen zu den Reformbnrschenschaften übergehen.
Die Neformburschcnschafteu halten sich grundsätzlich stets zur Allgemeinheit; sie Wollen kein sich abschließendes Sonderdasein führen, sie kämpfen gegen Patent¬ simpelei und rein äußerliches Wesen; sie Wollen Mensuren nur zur Ausgleichung von Streitigkeiten gestatten, die von einem Schiedsgerichte nicht zum Ausgleich ge¬ bracht siud; unter dieser Voraussetzung sind sie bereit, jedem Studenten Genug¬ thuung zu geben, und halten sich frei von deu „wahnsinnigen" und „kindischen" Verrufs-, Ring- und Farbcnsimpelcien. Schwere Duelle werden notgedrungen unter den jetzige» Vcrrnfsverhältnissen noch geschlagen, es ist aber das Streben vor¬ handen, dieselben sobald als möglich ganz zu beseitigen. Endlich haben sie ein hervorragendes nationales Streben, sie sind es, welche von vornherein sich dein all¬ gemeinen deutschen Schulverein angeschlossen haben und bemüht sind, überall aka¬ demische Ortsgruppen zu bilden; sie sind es, welche sich zuerst auch für deu all¬ gemeinen deutschen Sprachverein geregt haben. Sie sind ferner die einzigen, welche großdeutsche Pläne verfolgen und die Verbindung mit österreichisch-deutschen stu¬ dentischen Körperschaften im Interesse des deutschen Nationalbewußtseins gesucht und gefunden haben. Dazu stehe« sie hier wie mich sonst jeder aktiven Politik, besonders jeder Parteipolitik, fern und unterscheiden sich dadurch hervorragend von den Ver¬ einen deutscher Studenten, welche sich aktiv an der Politik beteiligt haben oder doch zu beteilige» suchen.
Berlin.
<Lonr. Ujister.
Ungarisches.
Die Sprache der Magyaren steht allgemein in dem Rufe, besonders schwer zu erlernen zu sein, schon weil sie mit keiner der europäische» verwandt ist; daher läßt sich selbst von der Aussicht, die Verhandlungen des un¬ garischen Reichstages im Originale lesen zu können, selten jemand zum Studium des Magyarischen verlocken. Nach einer Note der offiziellen oder offiziösen „Buda-
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Notizen.
kurzem hat sich auch in Breslnn eine Burschenschaft gebildet, deren Anschluß wohl
nur eine Frage der Zeit ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß bald alle Universitäten
besehe sein werden, da die neuen Burschenschafter immer mehr erstarken und
bis auf die Leipziger Burschenschaft an Zahl sehr stark siud. Daß in denselben
fünfzig und mehr Prozent Juden seien oder gewesen seien, diese Behauptung
schlagt gleichfalls der Wahrheit ins Gesicht. Die Neformburschenschaftcu haben sich
gegen deu Antisemitismus erklärt und nehmen eines Juden als Mitglieder auf;
dies geschieht jedoch nur vereinzelt und dies auch nur in den größern Universitäts¬
städten. Es sind im Anfange ebenso wie eine Reihe christlicher, so auch eine Reihe
jüdischer unbrauchbarer Mitglieder entfernt worden, diejenigen Juden aber, welche
als Mitglieder geblieben sind, haben sich durchaus als gediegen und brauchbar
erwiesen. ,
Daß die Nefvrmburschenschaften jetzt noch keinen großen Einfluß auf die All¬
gemeinheit ausüben können, liegt wohl auf der Hand; und doch macht derselbe sich
schon geltend. Die v. v.-Burschenschafter haben vor kurzem Satzungen ganz im
Sinne der Neformburschenschafteu angenommen, wenn auch vorläufig nur mit dein
Papiere. Daß das Erstarken der Ncformburschenschaften und die Furcht, von diesen
Burscheuschafteu überholt zu werden mit zur Annahme dieser Satzungen geführt
hat, ist unzweifelhaft. Auch das heftige Bekämpfen der Neformburschenschafteu
dnrch die I). (".-Burscheuschafteu ist ein Zeichen, daß man das Emporkommen
derselben fürchtet, „kümmerliche Existenzen" würde man garnicht beachten. Müssen
es doch die v. V.-Burschenschnflen erleben, daß vielfach „alte Herren" und selbst
studentische Mitglieder von ihnen zu den Reformbnrschenschaften übergehen.
Die Neformburschcnschafteu halten sich grundsätzlich stets zur Allgemeinheit;
sie Wollen kein sich abschließendes Sonderdasein führen, sie kämpfen gegen Patent¬
simpelei und rein äußerliches Wesen; sie Wollen Mensuren nur zur Ausgleichung
von Streitigkeiten gestatten, die von einem Schiedsgerichte nicht zum Ausgleich ge¬
bracht siud; unter dieser Voraussetzung sind sie bereit, jedem Studenten Genug¬
thuung zu geben, und halten sich frei von deu „wahnsinnigen" und „kindischen"
Verrufs-, Ring- und Farbcnsimpelcien. Schwere Duelle werden notgedrungen unter
den jetzige» Vcrrnfsverhältnissen noch geschlagen, es ist aber das Streben vor¬
handen, dieselben sobald als möglich ganz zu beseitigen. Endlich haben sie ein
hervorragendes nationales Streben, sie sind es, welche von vornherein sich dein all¬
gemeinen deutschen Schulverein angeschlossen haben und bemüht sind, überall aka¬
demische Ortsgruppen zu bilden; sie sind es, welche sich zuerst auch für deu all¬
gemeinen deutschen Sprachverein geregt haben. Sie sind ferner die einzigen, welche
großdeutsche Pläne verfolgen und die Verbindung mit österreichisch-deutschen stu¬
dentischen Körperschaften im Interesse des deutschen Nationalbewußtseins gesucht und
gefunden haben. Dazu stehe« sie hier wie mich sonst jeder aktiven Politik, besonders
jeder Parteipolitik, fern und unterscheiden sich dadurch hervorragend von den Ver¬
einen deutscher Studenten, welche sich aktiv an der Politik beteiligt haben oder doch
zu beteilige» suchen.
Berlin.
<Lonr. Ujister.
Ungarisches. Die Sprache der Magyaren steht allgemein in dem Rufe,
besonders schwer zu erlernen zu sein, schon weil sie mit keiner der europäische»
verwandt ist; daher läßt sich selbst von der Aussicht, die Verhandlungen des un¬
garischen Reichstages im Originale lesen zu können, selten jemand zum Studium
des Magyarischen verlocken. Nach einer Note der offiziellen oder offiziösen „Buda-
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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/342>, abgerufen am 23.01.2025.
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