Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Nach Kaisers Geburtstag. elbstverständlich kommen Sie doch zum Festessen? hieß es am Ich setzte meinen Weg in ebenso vergnügter Stimmung fort wie der Herr Grcnzlwwl II. 1836. 1
Nach Kaisers Geburtstag. elbstverständlich kommen Sie doch zum Festessen? hieß es am Ich setzte meinen Weg in ebenso vergnügter Stimmung fort wie der Herr Grcnzlwwl II. 1836. 1
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0009" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198075"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341843_198065/figures/grenzboten_341843_198065_198075_000.jpg"/><lb/> </div> </div> </div> <div n="1"> <head> Nach Kaisers Geburtstag.</head><lb/> <p xml:id="ID_2"> elbstverständlich kommen Sie doch zum Festessen? hieß es am<lb/> Tage vorher, und: Selbstverständlich gehen Sie doch zum Kommers<lb/> des Kriegcrvercins? am Tage selbst. — Warum denn selbstver¬<lb/> ständlich? antwortete ich. Nun, alle wohlgesinnten Bürger werden<lb/> doch aufgefordert, ihren Patriotismus an diesem Tage freudig zu<lb/> „mcinifestiren," wie es in der Einladung des Bürgermeisters heißt. — Die<lb/> Herren gingen kopfschüttelnd weiter. — Man möchte ihn für einen Sozial¬<lb/> demokraten halten, meinte der Assessor, wenn er nicht früher einmal schlechte<lb/> Verse ans Seine Majestät veröffentlicht hätte. — An seinem Patriotismus möchte<lb/> ich nicht gerade zweifeln, antwortete der Oberlehrer, anf dessen urdeutschen Durst<lb/> seine sekundärer in der „Tentvnia" und „Cheruskia" immer wieder als ans<lb/> ein leuchtendes Vorbild hinweisen, aber ein unbrauchbarer Duckmäuser und<lb/> Mäßigkcitsvercinler ist er, und wenn unsereins daran denkt, wo man „einen<lb/> Guten schenkt," reitet er auf irgendeinem Prinzip herum, wie weiland<lb/> Heinrich I.XXII. von Neuß-Lobenstein. — Und sie schüttelten noch einmal die<lb/> Häupter, als sie im Mehl as ?rü8so oder im Vak6 national — diese Kneipen<lb/> liegen nicht etwa in Frankreich, sondern in einer Kleinstadt im Herzen Deutsch¬<lb/> lands — beim Frühschoppen saßen. Und so wackelten wohl auch in, manchen<lb/> andern Städten wohlgesinnte Bürgerköpfe über einen, der sich ausschloß.' Denn<lb/> „Herrnhuter und Separatisten" giebt es ja überall, und Bierphilister erst recht,<lb/> so weit die deutsche Zunge klingt.</p><lb/> <p xml:id="ID_3" next="#ID_4"> Ich setzte meinen Weg in ebenso vergnügter Stimmung fort wie der Herr<lb/> Oberlehrer und der Herr Assessor, und zog ein Schreiben ans der Tasche von<lb/> dem Schatzmeister einer wohlthätigen Stiftung in Leipzig; der letzte Satz gefiel<lb/> mir am besten. „Mit Überreichung des Betrages mittels Postanweisung von</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzlwwl II. 1836. 1</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
[Abbildung]
Nach Kaisers Geburtstag.
elbstverständlich kommen Sie doch zum Festessen? hieß es am
Tage vorher, und: Selbstverständlich gehen Sie doch zum Kommers
des Kriegcrvercins? am Tage selbst. — Warum denn selbstver¬
ständlich? antwortete ich. Nun, alle wohlgesinnten Bürger werden
doch aufgefordert, ihren Patriotismus an diesem Tage freudig zu
„mcinifestiren," wie es in der Einladung des Bürgermeisters heißt. — Die
Herren gingen kopfschüttelnd weiter. — Man möchte ihn für einen Sozial¬
demokraten halten, meinte der Assessor, wenn er nicht früher einmal schlechte
Verse ans Seine Majestät veröffentlicht hätte. — An seinem Patriotismus möchte
ich nicht gerade zweifeln, antwortete der Oberlehrer, anf dessen urdeutschen Durst
seine sekundärer in der „Tentvnia" und „Cheruskia" immer wieder als ans
ein leuchtendes Vorbild hinweisen, aber ein unbrauchbarer Duckmäuser und
Mäßigkcitsvercinler ist er, und wenn unsereins daran denkt, wo man „einen
Guten schenkt," reitet er auf irgendeinem Prinzip herum, wie weiland
Heinrich I.XXII. von Neuß-Lobenstein. — Und sie schüttelten noch einmal die
Häupter, als sie im Mehl as ?rü8so oder im Vak6 national — diese Kneipen
liegen nicht etwa in Frankreich, sondern in einer Kleinstadt im Herzen Deutsch¬
lands — beim Frühschoppen saßen. Und so wackelten wohl auch in, manchen
andern Städten wohlgesinnte Bürgerköpfe über einen, der sich ausschloß.' Denn
„Herrnhuter und Separatisten" giebt es ja überall, und Bierphilister erst recht,
so weit die deutsche Zunge klingt.
Ich setzte meinen Weg in ebenso vergnügter Stimmung fort wie der Herr
Oberlehrer und der Herr Assessor, und zog ein Schreiben ans der Tasche von
dem Schatzmeister einer wohlthätigen Stiftung in Leipzig; der letzte Satz gefiel
mir am besten. „Mit Überreichung des Betrages mittels Postanweisung von
Grcnzlwwl II. 1836. 1
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |