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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Der Kampf der deutschen Nationalität mit fremden Kulturen.

längs der ganzen Ostgrenze der preußischen Monarchie bis nach Westpreußen
und Ostpreußen hin seine Fahne erhoben und ist durch seine ultramontanen und
fortschrittlichen Reserven zu einer drohenden Macht herangewachsen; es handelt
sich nicht mehr um die frühere oder spätere Assimilation einer Provinz, sondern
um die Sicherung unsers östlichen Staatsgebietes, aber die Provinz Posen ist
der Schlüssel der polnischen Stellung. Will deshalb die königliche Staats^
regierung gegen den Pvlonismus mit besonder" Maßregeln vorgehen, so muß
sie in der Provinz Posen anfangen. Statt aller mattherziger und unaufrichtigen
Verschleierungen durch die Parteien, welche den Willen bekunden, die preußische
Staatsregierung zu unterstützen, wäre es würdiger, offen zu bekennen, wie dies
Fürst Bismcirck gethan hat, daß es sich in der That um einen großen politischen
Kampf handelt, der auch von kirchlichen Gesichtspunkten leider nicht freizuhalten
ist, solange religiöse und kirchliche Interessen der politischen Agitation als
Vorspann dienen. Die polnische Gesellschaft führt gegen die preußische Staats¬
regierung seit dem Jahre 1830 auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens und
teilweise auch in rein wirtschaftlichen und kommunalen Fragen einen nnnblässigen,
durch unermüdliche finanzielle Opfer unterstützten Kampf; können deshalb die
Polen davon überrascht sein, wenn die preußische Staatsregierung endlich zu
dem Entschluß gedrängt wird, diesen unversöhnlichen Gegner politisch zu ent¬
waffnen? (Schluß folgt.)




Der Kampf der deutschen Nationalität
mit fremden Kulturen.
v Franz Pfalz. on

as bedeutsamste Moment in der Geschichte der Deutschen ist das
Aufbringen fremder Bildung und der Kampf gegen dasselbe für
das Nationale, sagte Rudolf Dietsch im Jahre .1866 in seinem
Lehrbuche der Geschichte bei Gelegenheit einer Aufzählung der
Verdienste Karls des Großen um Wissenschaft und Kunst. Dieser
Ausspruch berührt einen der schärfsten Gegensätze in der Entwicklung des deutschen
Volkslebens und hat in unsrer, an gegensätzlichen Strömungen überreichen Zeit
ein besondres Interesse. Auf den ersten Blick freilich könnte es scheinen, als
wiederholte der gewissenhafte Geschichtschreiber nur die alte Klage von dem


Der Kampf der deutschen Nationalität mit fremden Kulturen.

längs der ganzen Ostgrenze der preußischen Monarchie bis nach Westpreußen
und Ostpreußen hin seine Fahne erhoben und ist durch seine ultramontanen und
fortschrittlichen Reserven zu einer drohenden Macht herangewachsen; es handelt
sich nicht mehr um die frühere oder spätere Assimilation einer Provinz, sondern
um die Sicherung unsers östlichen Staatsgebietes, aber die Provinz Posen ist
der Schlüssel der polnischen Stellung. Will deshalb die königliche Staats^
regierung gegen den Pvlonismus mit besonder« Maßregeln vorgehen, so muß
sie in der Provinz Posen anfangen. Statt aller mattherziger und unaufrichtigen
Verschleierungen durch die Parteien, welche den Willen bekunden, die preußische
Staatsregierung zu unterstützen, wäre es würdiger, offen zu bekennen, wie dies
Fürst Bismcirck gethan hat, daß es sich in der That um einen großen politischen
Kampf handelt, der auch von kirchlichen Gesichtspunkten leider nicht freizuhalten
ist, solange religiöse und kirchliche Interessen der politischen Agitation als
Vorspann dienen. Die polnische Gesellschaft führt gegen die preußische Staats¬
regierung seit dem Jahre 1830 auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens und
teilweise auch in rein wirtschaftlichen und kommunalen Fragen einen nnnblässigen,
durch unermüdliche finanzielle Opfer unterstützten Kampf; können deshalb die
Polen davon überrascht sein, wenn die preußische Staatsregierung endlich zu
dem Entschluß gedrängt wird, diesen unversöhnlichen Gegner politisch zu ent¬
waffnen? (Schluß folgt.)




Der Kampf der deutschen Nationalität
mit fremden Kulturen.
v Franz Pfalz. on

as bedeutsamste Moment in der Geschichte der Deutschen ist das
Aufbringen fremder Bildung und der Kampf gegen dasselbe für
das Nationale, sagte Rudolf Dietsch im Jahre .1866 in seinem
Lehrbuche der Geschichte bei Gelegenheit einer Aufzählung der
Verdienste Karls des Großen um Wissenschaft und Kunst. Dieser
Ausspruch berührt einen der schärfsten Gegensätze in der Entwicklung des deutschen
Volkslebens und hat in unsrer, an gegensätzlichen Strömungen überreichen Zeit
ein besondres Interesse. Auf den ersten Blick freilich könnte es scheinen, als
wiederholte der gewissenhafte Geschichtschreiber nur die alte Klage von dem


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[0413] Der Kampf der deutschen Nationalität mit fremden Kulturen. längs der ganzen Ostgrenze der preußischen Monarchie bis nach Westpreußen und Ostpreußen hin seine Fahne erhoben und ist durch seine ultramontanen und fortschrittlichen Reserven zu einer drohenden Macht herangewachsen; es handelt sich nicht mehr um die frühere oder spätere Assimilation einer Provinz, sondern um die Sicherung unsers östlichen Staatsgebietes, aber die Provinz Posen ist der Schlüssel der polnischen Stellung. Will deshalb die königliche Staats^ regierung gegen den Pvlonismus mit besonder« Maßregeln vorgehen, so muß sie in der Provinz Posen anfangen. Statt aller mattherziger und unaufrichtigen Verschleierungen durch die Parteien, welche den Willen bekunden, die preußische Staatsregierung zu unterstützen, wäre es würdiger, offen zu bekennen, wie dies Fürst Bismcirck gethan hat, daß es sich in der That um einen großen politischen Kampf handelt, der auch von kirchlichen Gesichtspunkten leider nicht freizuhalten ist, solange religiöse und kirchliche Interessen der politischen Agitation als Vorspann dienen. Die polnische Gesellschaft führt gegen die preußische Staats¬ regierung seit dem Jahre 1830 auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens und teilweise auch in rein wirtschaftlichen und kommunalen Fragen einen nnnblässigen, durch unermüdliche finanzielle Opfer unterstützten Kampf; können deshalb die Polen davon überrascht sein, wenn die preußische Staatsregierung endlich zu dem Entschluß gedrängt wird, diesen unversöhnlichen Gegner politisch zu ent¬ waffnen? (Schluß folgt.) Der Kampf der deutschen Nationalität mit fremden Kulturen. v Franz Pfalz. on as bedeutsamste Moment in der Geschichte der Deutschen ist das Aufbringen fremder Bildung und der Kampf gegen dasselbe für das Nationale, sagte Rudolf Dietsch im Jahre .1866 in seinem Lehrbuche der Geschichte bei Gelegenheit einer Aufzählung der Verdienste Karls des Großen um Wissenschaft und Kunst. Dieser Ausspruch berührt einen der schärfsten Gegensätze in der Entwicklung des deutschen Volkslebens und hat in unsrer, an gegensätzlichen Strömungen überreichen Zeit ein besondres Interesse. Auf den ersten Blick freilich könnte es scheinen, als wiederholte der gewissenhafte Geschichtschreiber nur die alte Klage von dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/413>, abgerufen am 27.12.2024.