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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Karl Friedrich von Baden
als Neubegründer der Universität Heidelberg.
Arthur Aleinschmidt, von

n Karl Friedrich, dem letzten Markgrafen und ersten Großherzoge,
verehrt Badens Volk den größten, weisesten und gerechtesten seiner
Fürsten, Deutschland einen der wenigen Herrscher, für die selbst
Napoleon eine mit Ehrerbietung gemischte Achtung empfand, die
ehrwürdige Hochschule endlich, zu deren fünfhundertsten Geburts¬
tage wir alle, froher Ahnungen voll, uus rüsten, ihren Erneuerer, ihren dritten
Schöpfer, Den bescheidnen Erbländer des Zähringer Hauses hatte eine Hoch¬
schule gefehlt; Karl Friedrich empfing rin der Kurwürde 1803 durch Napoleon
die herrliche Pfalz und in ihr als köstlichste Perle die berühmte Universität,
nächst Prag und Wien die älteste des heiligen römischen Reichs deutscher Nution,
Sie war jedoch unter der Regierung des Hauses Pfalz-Neuburg wie unter der
Karl Theodors, dessen Standbild unsre Brücke ziert, völlig in die Hände der
Jesuiten geraten, mit denen die Lazaristen, freche und beutegierige Idioten, um
die Alleinherrschaft rangen; ganz unwissende Subjekte, meist auch charakterlose
Meuschen, saßen auf ihren Kathedern, jede freie wissenschaftliche Entfaltung
hemmend, und vererbten überdies häufig das akademische Amt in der Familie.
Wie das gesamte Schulwesen der Pfalz lag unsre Hochschule darnieder, der
Verlust ihrer linksrheinischen Besitzungen und Renten durch die französische
Revolution hatte ihre Finanzen furchtbar betroffen und belief sich auf mehr als
eine halbe Million Gulden; die Bibliothek war seit langen Jahren ohne Zuwachs
geblieben. Selbst der Fortbestand der Nnperta stand in Frage, vielfach sprach
man von ihrer Auflösung, und im Februar 1802 hatten sämtliche Zünfte der
Stadt den Kurfürsten Max Joseph um ihre Erhaltung angefleht. Karl Friedrich
trat nun mit dem innigen und andauernden Eifer seines der Wissenschaft zu¬
gewandten Geistes und Herzens als Reformator der Universität auf, die so sehr
der Pflege bedürfte, und Freiherr von Reitzenstein, der freisinnige Freund von
Wissen und Forschung, unterstützte ihn bei dieser Reformation mit Herz und
Hand, rastlos thätig und in ganz Deutschland Umschau nach belebenden Kräften
haltend. Fürst und Minister erblickten in der Universität das Juwel des Landes,
den Stütz- und Entwicklungspuukt geistiger Freiheit und das höchste Erziehungs-
institut der Menschheit; Karl Friedrichs Lieblingswunsch war die Erhöhung
Heidelbergs zu neuem Glänze, und Reitzenstein schwebte als Vorbild die Hoch¬
schule zu Göttingen vor Augen. Diesen Gesinnungen entsproß das hochwichtige


Karl Friedrich von Baden
als Neubegründer der Universität Heidelberg.
Arthur Aleinschmidt, von

n Karl Friedrich, dem letzten Markgrafen und ersten Großherzoge,
verehrt Badens Volk den größten, weisesten und gerechtesten seiner
Fürsten, Deutschland einen der wenigen Herrscher, für die selbst
Napoleon eine mit Ehrerbietung gemischte Achtung empfand, die
ehrwürdige Hochschule endlich, zu deren fünfhundertsten Geburts¬
tage wir alle, froher Ahnungen voll, uus rüsten, ihren Erneuerer, ihren dritten
Schöpfer, Den bescheidnen Erbländer des Zähringer Hauses hatte eine Hoch¬
schule gefehlt; Karl Friedrich empfing rin der Kurwürde 1803 durch Napoleon
die herrliche Pfalz und in ihr als köstlichste Perle die berühmte Universität,
nächst Prag und Wien die älteste des heiligen römischen Reichs deutscher Nution,
Sie war jedoch unter der Regierung des Hauses Pfalz-Neuburg wie unter der
Karl Theodors, dessen Standbild unsre Brücke ziert, völlig in die Hände der
Jesuiten geraten, mit denen die Lazaristen, freche und beutegierige Idioten, um
die Alleinherrschaft rangen; ganz unwissende Subjekte, meist auch charakterlose
Meuschen, saßen auf ihren Kathedern, jede freie wissenschaftliche Entfaltung
hemmend, und vererbten überdies häufig das akademische Amt in der Familie.
Wie das gesamte Schulwesen der Pfalz lag unsre Hochschule darnieder, der
Verlust ihrer linksrheinischen Besitzungen und Renten durch die französische
Revolution hatte ihre Finanzen furchtbar betroffen und belief sich auf mehr als
eine halbe Million Gulden; die Bibliothek war seit langen Jahren ohne Zuwachs
geblieben. Selbst der Fortbestand der Nnperta stand in Frage, vielfach sprach
man von ihrer Auflösung, und im Februar 1802 hatten sämtliche Zünfte der
Stadt den Kurfürsten Max Joseph um ihre Erhaltung angefleht. Karl Friedrich
trat nun mit dem innigen und andauernden Eifer seines der Wissenschaft zu¬
gewandten Geistes und Herzens als Reformator der Universität auf, die so sehr
der Pflege bedürfte, und Freiherr von Reitzenstein, der freisinnige Freund von
Wissen und Forschung, unterstützte ihn bei dieser Reformation mit Herz und
Hand, rastlos thätig und in ganz Deutschland Umschau nach belebenden Kräften
haltend. Fürst und Minister erblickten in der Universität das Juwel des Landes,
den Stütz- und Entwicklungspuukt geistiger Freiheit und das höchste Erziehungs-
institut der Menschheit; Karl Friedrichs Lieblingswunsch war die Erhöhung
Heidelbergs zu neuem Glänze, und Reitzenstein schwebte als Vorbild die Hoch¬
schule zu Göttingen vor Augen. Diesen Gesinnungen entsproß das hochwichtige


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[0120] Karl Friedrich von Baden als Neubegründer der Universität Heidelberg. Arthur Aleinschmidt, von n Karl Friedrich, dem letzten Markgrafen und ersten Großherzoge, verehrt Badens Volk den größten, weisesten und gerechtesten seiner Fürsten, Deutschland einen der wenigen Herrscher, für die selbst Napoleon eine mit Ehrerbietung gemischte Achtung empfand, die ehrwürdige Hochschule endlich, zu deren fünfhundertsten Geburts¬ tage wir alle, froher Ahnungen voll, uus rüsten, ihren Erneuerer, ihren dritten Schöpfer, Den bescheidnen Erbländer des Zähringer Hauses hatte eine Hoch¬ schule gefehlt; Karl Friedrich empfing rin der Kurwürde 1803 durch Napoleon die herrliche Pfalz und in ihr als köstlichste Perle die berühmte Universität, nächst Prag und Wien die älteste des heiligen römischen Reichs deutscher Nution, Sie war jedoch unter der Regierung des Hauses Pfalz-Neuburg wie unter der Karl Theodors, dessen Standbild unsre Brücke ziert, völlig in die Hände der Jesuiten geraten, mit denen die Lazaristen, freche und beutegierige Idioten, um die Alleinherrschaft rangen; ganz unwissende Subjekte, meist auch charakterlose Meuschen, saßen auf ihren Kathedern, jede freie wissenschaftliche Entfaltung hemmend, und vererbten überdies häufig das akademische Amt in der Familie. Wie das gesamte Schulwesen der Pfalz lag unsre Hochschule darnieder, der Verlust ihrer linksrheinischen Besitzungen und Renten durch die französische Revolution hatte ihre Finanzen furchtbar betroffen und belief sich auf mehr als eine halbe Million Gulden; die Bibliothek war seit langen Jahren ohne Zuwachs geblieben. Selbst der Fortbestand der Nnperta stand in Frage, vielfach sprach man von ihrer Auflösung, und im Februar 1802 hatten sämtliche Zünfte der Stadt den Kurfürsten Max Joseph um ihre Erhaltung angefleht. Karl Friedrich trat nun mit dem innigen und andauernden Eifer seines der Wissenschaft zu¬ gewandten Geistes und Herzens als Reformator der Universität auf, die so sehr der Pflege bedürfte, und Freiherr von Reitzenstein, der freisinnige Freund von Wissen und Forschung, unterstützte ihn bei dieser Reformation mit Herz und Hand, rastlos thätig und in ganz Deutschland Umschau nach belebenden Kräften haltend. Fürst und Minister erblickten in der Universität das Juwel des Landes, den Stütz- und Entwicklungspuukt geistiger Freiheit und das höchste Erziehungs- institut der Menschheit; Karl Friedrichs Lieblingswunsch war die Erhöhung Heidelbergs zu neuem Glänze, und Reitzenstein schwebte als Vorbild die Hoch¬ schule zu Göttingen vor Augen. Diesen Gesinnungen entsproß das hochwichtige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/120>, abgerufen am 27.06.2024.