Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Literatur. stellungswesen sich bereits völlig überlebt habe, ist eine Uebertreibung; aber wenn Literatur. Bayard Taylor. Ein Lebensbild aus Briefen zusammengestellt von Marie Hansen- Diese Uebersetzung der Lebensgeschichte Bayard Taylors ins Deutsche hat ihre Der Biograph bemerkt einmal mit Recht: "Bayard Taylors Energie und Bayard Taylor muß eine ganz ungewöhnlich begabte und liebenswürdige Er¬ Literatur. stellungswesen sich bereits völlig überlebt habe, ist eine Uebertreibung; aber wenn Literatur. Bayard Taylor. Ein Lebensbild aus Briefen zusammengestellt von Marie Hansen- Diese Uebersetzung der Lebensgeschichte Bayard Taylors ins Deutsche hat ihre Der Biograph bemerkt einmal mit Recht: „Bayard Taylors Energie und Bayard Taylor muß eine ganz ungewöhnlich begabte und liebenswürdige Er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197479"/> <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_151" prev="#ID_150"> stellungswesen sich bereits völlig überlebt habe, ist eine Uebertreibung; aber wenn<lb/> man fortfährt, es als Sport zu betreiben, wird es in der That bald zu Tode gehetzt<lb/> sein. Um es davor zu bewahren, konnte vielleicht eine Steuer (aber eine hohe!)<lb/> von denen erhoben werden, die der Geschäftswelt einreden wollen, sie müsse aus<lb/> Patriotismus, aus Liberalismus, zum Besten, der Zivilisation n, s, w. in den sauern<lb/> Apfel beißen, nicht minder von denen, die als General- oder Abteilungsdirektoren<lb/> oder als Mitglieder der beliebten „großen Kommission" eine Rolle zu spielen wünschen,<lb/> und der doppelte Betrag, wenn sie auf Orden speiüliren, Irren wir nicht, so würde<lb/> sich dadurch die Zahl der Enthusiasten, welche immer bereit sind, andre ins Feuer<lb/> zu schicken, erheblich vermindern.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_152"> Bayard Taylor. Ein Lebensbild aus Briefen zusammengestellt von Marie Hansen-<lb/> Taylor und Hornen E. Scuddcr, Uebersetzt und bearbeitet von Anna M, Koch. Mit<lb/> Porträt. Gotha, F. A. Perthes, 1885.</p><lb/> <p xml:id="ID_153"> Diese Uebersetzung der Lebensgeschichte Bayard Taylors ins Deutsche hat ihre<lb/> volle innere Berechtigung in den mannichfaltigen und innigen Beziehungen, die der<lb/> amerikanische Schriftsteller und Staatsmann zu Deutschland hatte. Schon von<lb/> frühester Jugend auf schwärmte er für alles Deutsche; die erste seiner vielen Reisen<lb/> war zu uns gerichtet. Den Winter von 1844 auf 45 verbrachte der neuuzehn-<lb/> jährige Korrespondent des Newyorker ^tiburo in Frankfurt n. M., günz dem Studium<lb/> der deutschen Literatur ergeben. Auf einer Reise in Aegypten lernte er 1851 seinen<lb/> liebsten Freund Bufleb, einen Deutschen aus Thüringen, kennen, in dessen Hause er<lb/> mit seiner spätern Gattin bekannt wurde, einer Deutschen, der Tochter des Astro¬<lb/> nomen Hansen in Petersburg. Seine Vertrautheit mit der deutschen Sprache er¬<lb/> möglichte ihm die berühmte Uebersetzung von Goethes „Faust" ins Englische, die<lb/> seine Lnndslcnte der meisterhaften Uebertragung Dantes durch Longfellow an die<lb/> Seite setzen. Jahrzehntelang trug sich Taylor mit dem Plane und den Vorberei¬<lb/> tungen zu einer umfassenden Lebensbeschreibung Goethes und Schillers zugleich;<lb/> aber als er in seiner Stellung als Botschafter der Vereinigten Staaten am deutschen<lb/> Kaiserhofe endlich seinen Plan verwirklichen zu können hoffte, dn rief den über-<lb/> angestrengteu Mann ein früher Tod (19. Dezember 1878) ab, und all die Arbeit<lb/> blieb resultatlos.</p><lb/> <p xml:id="ID_154"> Der Biograph bemerkt einmal mit Recht: „Bayard Taylors Energie und<lb/> Schaffenskraft überstieg das gewöhnliche Maß europäischer Begriffe um ein Be¬<lb/> deutendes"; die Geschichte seines arbeitsvollen Lebens und schließlich tragisch er¬<lb/> greifenden Schicksals bezeugt es. Es kauu als vorbildlich für das vieler Schrift¬<lb/> steller unsrer Zeit gelten, die deu Streit zwischen Kunst- und journalistischer Produktion<lb/> in sich auszumachen haben, und über dem Drange der materiellen Ansprüche des<lb/> Lebens nicht zur Befriedigung ihres eigentlichen höhern Berufs gelangen: vorbildlich<lb/> deswegen, weil Bayard Taylor ganz außerordentliche Erfolge und dementsprechend!!<lb/> Einnahmen als Journalist hatte, und bei alledem sich nach der Stille des Poeten¬<lb/> winkels vergebens sehnte, und als er sie endlich doch fand, so erschöpft und über¬<lb/> arbeitet war, daß er sterben mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_155" next="#ID_156"> Bayard Taylor muß eine ganz ungewöhnlich begabte und liebenswürdige Er¬<lb/> scheinung gewesen sein. Er hatte u. a. ein seltenes Spracheutalent: er besucht<lb/> Schweden und lernt in Kürze schwedisch; er kommt nach Griechenland und beherrscht<lb/> bald das Neugriechische; in Petersburg, die Geschäfte der Botschaft versehend,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
Literatur.
stellungswesen sich bereits völlig überlebt habe, ist eine Uebertreibung; aber wenn
man fortfährt, es als Sport zu betreiben, wird es in der That bald zu Tode gehetzt
sein. Um es davor zu bewahren, konnte vielleicht eine Steuer (aber eine hohe!)
von denen erhoben werden, die der Geschäftswelt einreden wollen, sie müsse aus
Patriotismus, aus Liberalismus, zum Besten, der Zivilisation n, s, w. in den sauern
Apfel beißen, nicht minder von denen, die als General- oder Abteilungsdirektoren
oder als Mitglieder der beliebten „großen Kommission" eine Rolle zu spielen wünschen,
und der doppelte Betrag, wenn sie auf Orden speiüliren, Irren wir nicht, so würde
sich dadurch die Zahl der Enthusiasten, welche immer bereit sind, andre ins Feuer
zu schicken, erheblich vermindern.
Literatur.
Bayard Taylor. Ein Lebensbild aus Briefen zusammengestellt von Marie Hansen-
Taylor und Hornen E. Scuddcr, Uebersetzt und bearbeitet von Anna M, Koch. Mit
Porträt. Gotha, F. A. Perthes, 1885.
Diese Uebersetzung der Lebensgeschichte Bayard Taylors ins Deutsche hat ihre
volle innere Berechtigung in den mannichfaltigen und innigen Beziehungen, die der
amerikanische Schriftsteller und Staatsmann zu Deutschland hatte. Schon von
frühester Jugend auf schwärmte er für alles Deutsche; die erste seiner vielen Reisen
war zu uns gerichtet. Den Winter von 1844 auf 45 verbrachte der neuuzehn-
jährige Korrespondent des Newyorker ^tiburo in Frankfurt n. M., günz dem Studium
der deutschen Literatur ergeben. Auf einer Reise in Aegypten lernte er 1851 seinen
liebsten Freund Bufleb, einen Deutschen aus Thüringen, kennen, in dessen Hause er
mit seiner spätern Gattin bekannt wurde, einer Deutschen, der Tochter des Astro¬
nomen Hansen in Petersburg. Seine Vertrautheit mit der deutschen Sprache er¬
möglichte ihm die berühmte Uebersetzung von Goethes „Faust" ins Englische, die
seine Lnndslcnte der meisterhaften Uebertragung Dantes durch Longfellow an die
Seite setzen. Jahrzehntelang trug sich Taylor mit dem Plane und den Vorberei¬
tungen zu einer umfassenden Lebensbeschreibung Goethes und Schillers zugleich;
aber als er in seiner Stellung als Botschafter der Vereinigten Staaten am deutschen
Kaiserhofe endlich seinen Plan verwirklichen zu können hoffte, dn rief den über-
angestrengteu Mann ein früher Tod (19. Dezember 1878) ab, und all die Arbeit
blieb resultatlos.
Der Biograph bemerkt einmal mit Recht: „Bayard Taylors Energie und
Schaffenskraft überstieg das gewöhnliche Maß europäischer Begriffe um ein Be¬
deutendes"; die Geschichte seines arbeitsvollen Lebens und schließlich tragisch er¬
greifenden Schicksals bezeugt es. Es kauu als vorbildlich für das vieler Schrift¬
steller unsrer Zeit gelten, die deu Streit zwischen Kunst- und journalistischer Produktion
in sich auszumachen haben, und über dem Drange der materiellen Ansprüche des
Lebens nicht zur Befriedigung ihres eigentlichen höhern Berufs gelangen: vorbildlich
deswegen, weil Bayard Taylor ganz außerordentliche Erfolge und dementsprechend!!
Einnahmen als Journalist hatte, und bei alledem sich nach der Stille des Poeten¬
winkels vergebens sehnte, und als er sie endlich doch fand, so erschöpft und über¬
arbeitet war, daß er sterben mußte.
Bayard Taylor muß eine ganz ungewöhnlich begabte und liebenswürdige Er¬
scheinung gewesen sein. Er hatte u. a. ein seltenes Spracheutalent: er besucht
Schweden und lernt in Kürze schwedisch; er kommt nach Griechenland und beherrscht
bald das Neugriechische; in Petersburg, die Geschäfte der Botschaft versehend,
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