Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Teopold von Ranke. in vielen Fällen den Ausschlag giebt, indem es sich je nach Gefallen bald mit Leopold von Ranke. Zum s war im Jahre 1795, als Herder die Frage aufwarf, warum Teopold von Ranke. in vielen Fällen den Ausschlag giebt, indem es sich je nach Gefallen bald mit Leopold von Ranke. Zum s war im Jahre 1795, als Herder die Frage aufwarf, warum <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0573" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197307"/> <fw type="header" place="top"> Teopold von Ranke.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1897" prev="#ID_1896"> in vielen Fällen den Ausschlag giebt, indem es sich je nach Gefallen bald mit<lb/> den Freisinnigen, bald mit den Konservativen zu unnatürlichem Bunde eint. Die<lb/> letzte Wahlbewegung in Preußen hat gezeigt, daß die extremen Elemente immer<lb/> mehr Boden im Volke verlieren, und daß die Mittelparteien, wenn sie sich auf<lb/> die sozialpolitische Seite der Regierung schlagen und die frühern Fehler vermeiden,<lb/> erheblich erstarken und es zu einer regierungsfähigen Stellung bringen können.<lb/> Die Zeit liegt also nicht fern, daß das Zentrum wieder wie früher ganz auf sich<lb/> selbst angewiesen sein und keinen Einfluß auf die parlamentarische Abstimmung<lb/> haben wird. Es wird dann vielleicht noch in der ersten Periode mit seinen soge¬<lb/> nannten angestammten Sitzen zurückkommen, aber, wenn es sich zur Unfrucht-<lb/> barkeit verurteilt sieht, auch seinen Anhang schwinden sehen. Vom nationalen<lb/> Standpunkte kann man aber nicht unzufrieden sein, daß Herr Windthorst in<lb/> seiner Partei diejenige Rolle übernimmt, durch welche Herr Richter den Freisinn<lb/> bereits dem Ruin so nahe gebracht hat, daß der völlige Zusammenbruch nur<lb/> noch eine Frage der Zeit ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Leopold von Ranke.<lb/> Zum</head><lb/> <p xml:id="ID_1898" next="#ID_1899"> s war im Jahre 1795, als Herder die Frage aufwarf, warum<lb/> wir noch keine Geschichte der Deutschen hätten. Was ihm vorlag,<lb/> war nicht das, was er unter einer solchen verstand; er tröstete<lb/> sich jedoch mit der Erwägung: „Was noch nicht geschrieben ist,<lb/> zeigt durch sich genügsam, daß es bis dahin noch nicht geschrieben<lb/> werden konnte. Wie dies geschehen kann, wird's werden." Gerade in dem<lb/> Jahre, wo Herder sich so ausdrückte, wurde der geboren, dem wir Deutsche es<lb/> verdanken sollten, daß unser Name in der Historiographie einen so geachteten<lb/> Klang erhalten hat, und daß alles, was im Auslande sonst den Griffel Klios<lb/> geführt hatte, hinter diesem einen verschwand. Denn wenn auch England in<lb/> Macaulay, Frankreich in Guizot und Thiers diejenigen verehrt, welche die Ge¬<lb/> schichte des Vaterlandes in kunstvoller Form zur Darstellung brachten, Leopold<lb/> von Ranke überragt sie doch alle, schon um seiner universellen Auffassung<lb/> willen. Er hat sich nicht damit begnügt, Deutschen die Geschichte der<lb/> deutschen Heimat in ihrem Gesamtverlauf oder in einzelnen epochemachenden<lb/> Katastrophen vor die Augen zu führen, sondern nach dem Geständnis des Aus¬<lb/> landes war es seine englische, seine französische Geschichte, welche dort erst die<lb/> Forschung in die richtigen Bahnen wies. Wenn nun schon bei dieser Vielseitig-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0573]
Teopold von Ranke.
in vielen Fällen den Ausschlag giebt, indem es sich je nach Gefallen bald mit
den Freisinnigen, bald mit den Konservativen zu unnatürlichem Bunde eint. Die
letzte Wahlbewegung in Preußen hat gezeigt, daß die extremen Elemente immer
mehr Boden im Volke verlieren, und daß die Mittelparteien, wenn sie sich auf
die sozialpolitische Seite der Regierung schlagen und die frühern Fehler vermeiden,
erheblich erstarken und es zu einer regierungsfähigen Stellung bringen können.
Die Zeit liegt also nicht fern, daß das Zentrum wieder wie früher ganz auf sich
selbst angewiesen sein und keinen Einfluß auf die parlamentarische Abstimmung
haben wird. Es wird dann vielleicht noch in der ersten Periode mit seinen soge¬
nannten angestammten Sitzen zurückkommen, aber, wenn es sich zur Unfrucht-
barkeit verurteilt sieht, auch seinen Anhang schwinden sehen. Vom nationalen
Standpunkte kann man aber nicht unzufrieden sein, daß Herr Windthorst in
seiner Partei diejenige Rolle übernimmt, durch welche Herr Richter den Freisinn
bereits dem Ruin so nahe gebracht hat, daß der völlige Zusammenbruch nur
noch eine Frage der Zeit ist.
Leopold von Ranke.
Zum
s war im Jahre 1795, als Herder die Frage aufwarf, warum
wir noch keine Geschichte der Deutschen hätten. Was ihm vorlag,
war nicht das, was er unter einer solchen verstand; er tröstete
sich jedoch mit der Erwägung: „Was noch nicht geschrieben ist,
zeigt durch sich genügsam, daß es bis dahin noch nicht geschrieben
werden konnte. Wie dies geschehen kann, wird's werden." Gerade in dem
Jahre, wo Herder sich so ausdrückte, wurde der geboren, dem wir Deutsche es
verdanken sollten, daß unser Name in der Historiographie einen so geachteten
Klang erhalten hat, und daß alles, was im Auslande sonst den Griffel Klios
geführt hatte, hinter diesem einen verschwand. Denn wenn auch England in
Macaulay, Frankreich in Guizot und Thiers diejenigen verehrt, welche die Ge¬
schichte des Vaterlandes in kunstvoller Form zur Darstellung brachten, Leopold
von Ranke überragt sie doch alle, schon um seiner universellen Auffassung
willen. Er hat sich nicht damit begnügt, Deutschen die Geschichte der
deutschen Heimat in ihrem Gesamtverlauf oder in einzelnen epochemachenden
Katastrophen vor die Augen zu führen, sondern nach dem Geständnis des Aus¬
landes war es seine englische, seine französische Geschichte, welche dort erst die
Forschung in die richtigen Bahnen wies. Wenn nun schon bei dieser Vielseitig-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |