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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Auf dem Stilfser ^och.
Von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.)

ach etwa vierzehn Tagen empfing er von der Geliebten einige
Zeilen, die nur eine Mahnung an seinen versprochenen Besuch
enthielten. Harald entsprach mit Freuden dieser Einladung, traf
es aber nicht glücklich, denn gleichzeitig mit ihm waren Guts-
nnchbar nangekommen, und es fand sich für ihn keine Gelegenheit,
mit Vroni ohne Zeugen zu sprechen. Im Laufe der nächsten Wochen brach ein
starkes Hagelwetter über die Gegend herein, welches fast nur das Kellersche
Gut verschonte, im übrigen aber in der Nachbarschaft schlimme Verwüstungen
anrichtete. Als Harald einige Tage nach dem Unwetter wieder auf dem Gute
eintraf, fand er dort ein sehr geschäftiges Treiben. Es wurde ein aus
den angesehenern Nachbarn zusammenbcrufencs Komitee erwartet, welches
darüber beraten sollte, wie man durch reichlichere Mittel, als sie bisher ge¬
flossen waren, die Not der armen, um ihre Erntehoffnnng gebrachten Landleute
lindern konnte. Es kamen verschiedne Gutsbesitzer mit ihren Familien, der
Landrat des Kreises, auch einige Pastoren, und Vroni hatte alle Hände voll
zu thun, um die erforderlichen Honneurs des Hanfes zu machen. Der Vater
war immer nur mit seinen Verbrechcrkindern beschäftigt und so sehr von seinen
Ideen eingenommen, daß er für andre Dinge kaum noch zugänglich war und
nur zerstreut andern Gesprächen zuhörte.

Bei Tische beriet man die Hebung des Notstandes; der Landrat Freiherr
von Lilienstein wies darauf hin, daß Ende Juni in der Kreishanptstadt Woll¬
markt abgehalten werden sollte und man diese Gelegenheit, zu welcher ein sehr
zahlreiches Publikum zusammenströmen würde, zur Veranstaltung eines Festes
für die Verunglückten benutzen könnte. Vroni griff diesen Gedanken sehr lebhaft
auf und entwarf mit solchem Eifer und in solcher Begeisterung das Programm




Auf dem Stilfser ^och.
Von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.)

ach etwa vierzehn Tagen empfing er von der Geliebten einige
Zeilen, die nur eine Mahnung an seinen versprochenen Besuch
enthielten. Harald entsprach mit Freuden dieser Einladung, traf
es aber nicht glücklich, denn gleichzeitig mit ihm waren Guts-
nnchbar nangekommen, und es fand sich für ihn keine Gelegenheit,
mit Vroni ohne Zeugen zu sprechen. Im Laufe der nächsten Wochen brach ein
starkes Hagelwetter über die Gegend herein, welches fast nur das Kellersche
Gut verschonte, im übrigen aber in der Nachbarschaft schlimme Verwüstungen
anrichtete. Als Harald einige Tage nach dem Unwetter wieder auf dem Gute
eintraf, fand er dort ein sehr geschäftiges Treiben. Es wurde ein aus
den angesehenern Nachbarn zusammenbcrufencs Komitee erwartet, welches
darüber beraten sollte, wie man durch reichlichere Mittel, als sie bisher ge¬
flossen waren, die Not der armen, um ihre Erntehoffnnng gebrachten Landleute
lindern konnte. Es kamen verschiedne Gutsbesitzer mit ihren Familien, der
Landrat des Kreises, auch einige Pastoren, und Vroni hatte alle Hände voll
zu thun, um die erforderlichen Honneurs des Hanfes zu machen. Der Vater
war immer nur mit seinen Verbrechcrkindern beschäftigt und so sehr von seinen
Ideen eingenommen, daß er für andre Dinge kaum noch zugänglich war und
nur zerstreut andern Gesprächen zuhörte.

Bei Tische beriet man die Hebung des Notstandes; der Landrat Freiherr
von Lilienstein wies darauf hin, daß Ende Juni in der Kreishanptstadt Woll¬
markt abgehalten werden sollte und man diese Gelegenheit, zu welcher ein sehr
zahlreiches Publikum zusammenströmen würde, zur Veranstaltung eines Festes
für die Verunglückten benutzen könnte. Vroni griff diesen Gedanken sehr lebhaft
auf und entwarf mit solchem Eifer und in solcher Begeisterung das Programm


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[0359] [Abbildung] Auf dem Stilfser ^och. Von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.) ach etwa vierzehn Tagen empfing er von der Geliebten einige Zeilen, die nur eine Mahnung an seinen versprochenen Besuch enthielten. Harald entsprach mit Freuden dieser Einladung, traf es aber nicht glücklich, denn gleichzeitig mit ihm waren Guts- nnchbar nangekommen, und es fand sich für ihn keine Gelegenheit, mit Vroni ohne Zeugen zu sprechen. Im Laufe der nächsten Wochen brach ein starkes Hagelwetter über die Gegend herein, welches fast nur das Kellersche Gut verschonte, im übrigen aber in der Nachbarschaft schlimme Verwüstungen anrichtete. Als Harald einige Tage nach dem Unwetter wieder auf dem Gute eintraf, fand er dort ein sehr geschäftiges Treiben. Es wurde ein aus den angesehenern Nachbarn zusammenbcrufencs Komitee erwartet, welches darüber beraten sollte, wie man durch reichlichere Mittel, als sie bisher ge¬ flossen waren, die Not der armen, um ihre Erntehoffnnng gebrachten Landleute lindern konnte. Es kamen verschiedne Gutsbesitzer mit ihren Familien, der Landrat des Kreises, auch einige Pastoren, und Vroni hatte alle Hände voll zu thun, um die erforderlichen Honneurs des Hanfes zu machen. Der Vater war immer nur mit seinen Verbrechcrkindern beschäftigt und so sehr von seinen Ideen eingenommen, daß er für andre Dinge kaum noch zugänglich war und nur zerstreut andern Gesprächen zuhörte. Bei Tische beriet man die Hebung des Notstandes; der Landrat Freiherr von Lilienstein wies darauf hin, daß Ende Juni in der Kreishanptstadt Woll¬ markt abgehalten werden sollte und man diese Gelegenheit, zu welcher ein sehr zahlreiches Publikum zusammenströmen würde, zur Veranstaltung eines Festes für die Verunglückten benutzen könnte. Vroni griff diesen Gedanken sehr lebhaft auf und entwarf mit solchem Eifer und in solcher Begeisterung das Programm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/359>, abgerufen am 15.01.2025.