Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Auf dem Stilfser Joch. Piearde" gespielt werden sollte und dabei noch eine besondre Überraschung vor¬ Sechstes Kapitel. Am nächsten Tage sollte Vroni zum Malnnterricht kommen, statt ihrer Auf dem Stilfser Joch. Piearde" gespielt werden sollte und dabei noch eine besondre Überraschung vor¬ Sechstes Kapitel. Am nächsten Tage sollte Vroni zum Malnnterricht kommen, statt ihrer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0271" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197005"/> <fw type="header" place="top"> Auf dem Stilfser Joch.</fw><lb/> <p xml:id="ID_863" prev="#ID_862"> Piearde" gespielt werden sollte und dabei noch eine besondre Überraschung vor¬<lb/> behalten sei. Vroni schien plötzlich für die darstellende Kunst in einer Über-<lb/> schwänglichteit begeistert zu sein, die Harald umso auffälliger wurde, als er vorher<lb/> davon keine Ahnung gehabt hatte. Die ganze Unterhaltung drehte sich um Bühne<lb/> und Kulissen, und Vroni bemerkte, daß sie demnächst in einer Theaterschulc<lb/> Unterricht nehmen würde. Als hiergegen Harald die Bemerkung einwarf, daß<lb/> bei Übung sovieler Künste jede einzelne leiden müsse, erwiederte Vroni scharf:<lb/> Dann giebt man die minder angenehme ans. Harald geriet dadurch in eine<lb/> keineswegs bessere Stimmung, und auch an der Unterhaltung mit seiner andern<lb/> Nachbarin erlebte er keine Freude. Alice konnte auch nicht den gleichgiltigsten<lb/> Satz mit wahrer Empfindung aussprechen; alles, was sie sagte, hatte einen<lb/> bittern oder salzigen Geschmack. Als sich Harald nach einer Mitschülerin er¬<lb/> kundigte, die er sonst täglich getroffen habe, jetzt aber nicht mehr sehe, antwortete<lb/> Alice: Die braucht nicht mehr in die langweilige Abendgesellschaft zu gehen, sie<lb/> ist jetzt verheiratet und hat es nicht mehr nötig. Harald wurde zuletzt ganz<lb/> einsilbig und wollte sich gleich nach der Tafel entfernen. Als er aber wiederum<lb/> Vroni gegenüber diese Absicht aussprach, fühlte diese sich darüber verletzt, daß<lb/> der Maler fortgehen wollte, ohne ihr erstes künstlerisches Debüt gesehen zu<lb/> haben. Harald entschuldigte sich, daß er in der Schauspielkunst nicht genügend<lb/> bewandert sei, um Leistungen auf diesem Gebiete nach Gebühr würdigen zu<lb/> können. Dennoch hätte er sich vielleicht bewegen lassen zu bleiben, wenn ihm<lb/> uicht zuletzt Vroni auch die geplanten Überraschung entdeckt und ihm mitgeteilt<lb/> Hütte, daß der kleine, eben dem Kadettenkorps entlassene Leutnant die Piearde<lb/> und sie selbst den Kurmärker darstellen würde. Ich finde, daß mir die Männer¬<lb/> tracht viel besser steht, und freue mich eine Gelegenheit zu haben, bei der ich<lb/> mich nach meinem Geschmack und nicht nach der Tyrannei der Männer und der<lb/> Mode kleiden kann. Harald batie keine Neigung, auf dieses Thema näher ein¬<lb/> zugehen, er verbeugte sich, verabschiedete sich mit wenigen Worten bei dem Herrn<lb/> des Hauses und verschwand. Als er aus dein Hause trat, begegnete er noch<lb/> seinem Freunde Hettner, der eben aus der dritten Gesellschaft kommend noch<lb/> zu Kellers wollte. Du gehst schon, rief er dem Fceundc entgegen; ist also der<lb/> Theatcrzauber schon vorüber? — Im Gegenteil, er soll erst anfangen; doch ich<lb/> bin von dem Übrigen schon befriedigt. — So schnell, mein Lieber! Aber dn<lb/> thust Unrecht; in dieser Narretei des Lebens muß man nicht der weinende,<lb/> sondern der lachende Philosoph sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Sechstes Kapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_864"> Am nächsten Tage sollte Vroni zum Malnnterricht kommen, statt ihrer<lb/> erschien jedoch ein Brief, in welchem sie Harald bat, die von dem gestrigen Abend<lb/> herrührende Müdigkeit als Entschuldigung gelten lassen zu wollen. Dann folgte<lb/> das bekannte ?. L.: Ich habe einen stürmischen Beifall geerntet.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0271]
Auf dem Stilfser Joch.
Piearde" gespielt werden sollte und dabei noch eine besondre Überraschung vor¬
behalten sei. Vroni schien plötzlich für die darstellende Kunst in einer Über-
schwänglichteit begeistert zu sein, die Harald umso auffälliger wurde, als er vorher
davon keine Ahnung gehabt hatte. Die ganze Unterhaltung drehte sich um Bühne
und Kulissen, und Vroni bemerkte, daß sie demnächst in einer Theaterschulc
Unterricht nehmen würde. Als hiergegen Harald die Bemerkung einwarf, daß
bei Übung sovieler Künste jede einzelne leiden müsse, erwiederte Vroni scharf:
Dann giebt man die minder angenehme ans. Harald geriet dadurch in eine
keineswegs bessere Stimmung, und auch an der Unterhaltung mit seiner andern
Nachbarin erlebte er keine Freude. Alice konnte auch nicht den gleichgiltigsten
Satz mit wahrer Empfindung aussprechen; alles, was sie sagte, hatte einen
bittern oder salzigen Geschmack. Als sich Harald nach einer Mitschülerin er¬
kundigte, die er sonst täglich getroffen habe, jetzt aber nicht mehr sehe, antwortete
Alice: Die braucht nicht mehr in die langweilige Abendgesellschaft zu gehen, sie
ist jetzt verheiratet und hat es nicht mehr nötig. Harald wurde zuletzt ganz
einsilbig und wollte sich gleich nach der Tafel entfernen. Als er aber wiederum
Vroni gegenüber diese Absicht aussprach, fühlte diese sich darüber verletzt, daß
der Maler fortgehen wollte, ohne ihr erstes künstlerisches Debüt gesehen zu
haben. Harald entschuldigte sich, daß er in der Schauspielkunst nicht genügend
bewandert sei, um Leistungen auf diesem Gebiete nach Gebühr würdigen zu
können. Dennoch hätte er sich vielleicht bewegen lassen zu bleiben, wenn ihm
uicht zuletzt Vroni auch die geplanten Überraschung entdeckt und ihm mitgeteilt
Hütte, daß der kleine, eben dem Kadettenkorps entlassene Leutnant die Piearde
und sie selbst den Kurmärker darstellen würde. Ich finde, daß mir die Männer¬
tracht viel besser steht, und freue mich eine Gelegenheit zu haben, bei der ich
mich nach meinem Geschmack und nicht nach der Tyrannei der Männer und der
Mode kleiden kann. Harald batie keine Neigung, auf dieses Thema näher ein¬
zugehen, er verbeugte sich, verabschiedete sich mit wenigen Worten bei dem Herrn
des Hauses und verschwand. Als er aus dein Hause trat, begegnete er noch
seinem Freunde Hettner, der eben aus der dritten Gesellschaft kommend noch
zu Kellers wollte. Du gehst schon, rief er dem Fceundc entgegen; ist also der
Theatcrzauber schon vorüber? — Im Gegenteil, er soll erst anfangen; doch ich
bin von dem Übrigen schon befriedigt. — So schnell, mein Lieber! Aber dn
thust Unrecht; in dieser Narretei des Lebens muß man nicht der weinende,
sondern der lachende Philosoph sein.
Sechstes Kapitel.
Am nächsten Tage sollte Vroni zum Malnnterricht kommen, statt ihrer
erschien jedoch ein Brief, in welchem sie Harald bat, die von dem gestrigen Abend
herrührende Müdigkeit als Entschuldigung gelten lassen zu wollen. Dann folgte
das bekannte ?. L.: Ich habe einen stürmischen Beifall geerntet.
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