Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Goethiana. ^. Zu Goethes Verhältnis zu cLarlyle. Lwald Flügel. von in Frühjahr 1819 hatte Carlyle angefangen, sich mit dem Stu¬ Sehr bezeichnend drückt sich Edward Irving, damals Carlyles nächster Während das "Leben Schillers" zunächst noch unveröffentlicht blieb, lie¬ Goethiana. ^. Zu Goethes Verhältnis zu cLarlyle. Lwald Flügel. von in Frühjahr 1819 hatte Carlyle angefangen, sich mit dem Stu¬ Sehr bezeichnend drückt sich Edward Irving, damals Carlyles nächster Während das „Leben Schillers" zunächst noch unveröffentlicht blieb, lie¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0566" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196666"/> </div> <div n="1"> <head> Goethiana.</head><lb/> <div n="2"> <head> ^. Zu Goethes Verhältnis zu cLarlyle.<lb/><note type="byline"> Lwald Flügel.</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_2133"> in Frühjahr 1819 hatte Carlyle angefangen, sich mit dem Stu¬<lb/> dium der deutschen Literatur zu beschäftigen, und zunächst war<lb/> es Schiller, der ihn vollständig „erfüllte," wie er damals selbst<lb/> einmal sagte. Körperlich und geistig erschöpft, hatte er im<lb/> Winter des folgenden Jahres — mit Stundengeben fristete er<lb/> damals sein Leben — die erste Bekanntschaft mit Goethes Werken gemacht, die<lb/> für seine ganze Entwicklung von größter Bedeutung werden sollte. Er hatte<lb/> bald gesehen, daß Goethe „vor ihm den Dornenweg gewandelt war," und mit<lb/> Goethe, durch Goethe wollte er seinen Geist zur Klarheit hindurchringen. Er<lb/> plante, um zunächst Existenzmittel zu bekommen, ein „Leben Schillers," aber da¬<lb/> mals konnte er noch keinen Verleger unternehmend genug dazu finden, denn die<lb/> ganze Stimmung Englands und noch mehr Schottlands der deutschen Literatur<lb/> gegenüber, die so berüchtigten Ausdruck in Jeffreys Artikeln in der Mindui-Kb.<lb/> Iisvi«zö gefunden hatte, war noch die alte geblieben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2134"> Sehr bezeichnend drückt sich Edward Irving, damals Carlyles nächster<lb/> Freund, in einem Briefe an ihn aus (24. Juli 1821): „All unsre Literatur,<lb/> die unter Deutschlands Einflüsse steht, hat eine höchst gefährliche Wirkung auf<lb/> alles gehabt, was wir hierzulande unter Sittlichkeit verstehen, und noch schlimmer<lb/> auf die religiösen Anschauungen gewirkt." „Die Herren von Goethe und von<lb/> Schiller und die übrigen Aristokraten der deutschen Literatur" (wie es in dem¬<lb/> selben Briefe heißt) wurden damals im allgemeinen eben von diesem Stand¬<lb/> punkte aus betrachtet. Erst ganz allmählich änderte sich das Urteil des eng¬<lb/> lischen Volkes über die deutsche Literatur, und der Umschwung wurde jedenfalls<lb/> mit in erster Linie durch Carlyles Bemühungen herbeigeführt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2135" next="#ID_2136"> Während das „Leben Schillers" zunächst noch unveröffentlicht blieb, lie¬<lb/> ferte Carlyle verschiedne Aufsätze über Gegenstände der deutschen Literatur in<lb/> Zeitschriften, beschäftigte sich fleißig besonders mit Kant, und durch den Namen,<lb/> welchen er als „Apostel des Deutschtums" allmählich erlangt hatte, erreichte<lb/> er wenigstens soviel, daß sein „armer Schiller," wie er selbst sagt, schließlich<lb/> in den Spalten des I^onäon (1823—1824) kapitelweise veröffentlicht<lb/> wurde. Für seine Übersetzung des „Wilhelm Meister" hatte er merkwürdiger¬<lb/> weise bald einen Verleger gefunden, und 1824 lag das Werk dem englischen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0566]
Goethiana.
^. Zu Goethes Verhältnis zu cLarlyle.
Lwald Flügel. von
in Frühjahr 1819 hatte Carlyle angefangen, sich mit dem Stu¬
dium der deutschen Literatur zu beschäftigen, und zunächst war
es Schiller, der ihn vollständig „erfüllte," wie er damals selbst
einmal sagte. Körperlich und geistig erschöpft, hatte er im
Winter des folgenden Jahres — mit Stundengeben fristete er
damals sein Leben — die erste Bekanntschaft mit Goethes Werken gemacht, die
für seine ganze Entwicklung von größter Bedeutung werden sollte. Er hatte
bald gesehen, daß Goethe „vor ihm den Dornenweg gewandelt war," und mit
Goethe, durch Goethe wollte er seinen Geist zur Klarheit hindurchringen. Er
plante, um zunächst Existenzmittel zu bekommen, ein „Leben Schillers," aber da¬
mals konnte er noch keinen Verleger unternehmend genug dazu finden, denn die
ganze Stimmung Englands und noch mehr Schottlands der deutschen Literatur
gegenüber, die so berüchtigten Ausdruck in Jeffreys Artikeln in der Mindui-Kb.
Iisvi«zö gefunden hatte, war noch die alte geblieben.
Sehr bezeichnend drückt sich Edward Irving, damals Carlyles nächster
Freund, in einem Briefe an ihn aus (24. Juli 1821): „All unsre Literatur,
die unter Deutschlands Einflüsse steht, hat eine höchst gefährliche Wirkung auf
alles gehabt, was wir hierzulande unter Sittlichkeit verstehen, und noch schlimmer
auf die religiösen Anschauungen gewirkt." „Die Herren von Goethe und von
Schiller und die übrigen Aristokraten der deutschen Literatur" (wie es in dem¬
selben Briefe heißt) wurden damals im allgemeinen eben von diesem Stand¬
punkte aus betrachtet. Erst ganz allmählich änderte sich das Urteil des eng¬
lischen Volkes über die deutsche Literatur, und der Umschwung wurde jedenfalls
mit in erster Linie durch Carlyles Bemühungen herbeigeführt.
Während das „Leben Schillers" zunächst noch unveröffentlicht blieb, lie¬
ferte Carlyle verschiedne Aufsätze über Gegenstände der deutschen Literatur in
Zeitschriften, beschäftigte sich fleißig besonders mit Kant, und durch den Namen,
welchen er als „Apostel des Deutschtums" allmählich erlangt hatte, erreichte
er wenigstens soviel, daß sein „armer Schiller," wie er selbst sagt, schließlich
in den Spalten des I^onäon (1823—1824) kapitelweise veröffentlicht
wurde. Für seine Übersetzung des „Wilhelm Meister" hatte er merkwürdiger¬
weise bald einen Verleger gefunden, und 1824 lag das Werk dem englischen
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