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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Trieft.

so wirken sämtliche Verkehrserleichteruugen auf ein Industrieland zu gunsten
der Landwirtschaft in weitentfernten Gegenden, indem sie die Entfernung be¬
siegen, jene Gegenden gleichsam näherrücken. Da aber andrerseits die begün¬
stigte Industrie wieder belebend und mächtig fördernd auf die Landwirtschaft
einwirkt, so kaun in diesem Falle nur durch Schutzzölle eine übermüßige Kon¬
kurrenz vorteilhaft ausgeglichen werden. Letztere konnte die Landwirtschaft auf
Grund der ausgleichenden Gerechtigkeit verlangen und hat sie in reichlichem
Maße erreicht. Man warte doch nun einmal deren wohlthätige Wirkung ab
und rüttle uicht an dem wohlgeordneten Münz-, Währungs- und Kreditwesen
unsers Reiches!


Adolf pfannstiol.


Trieft.

le Dampfervorlage im deutscheu Reichstage hat in letzter Zeit die
allgemeine Aufmerksamkeit mehr und nachdrücklicher als bisher
auf das große österreichische Handelsemporium an der Adria ge¬
lenkt. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß trotz des Welt¬
verkehrs Triests die eigentümlichen Verhältnisse der Stadt und
ihres kleinen Gebiets nicht nnr in Deutschland, sondern auch in Osterreich doch
nur unzureichend bekannt sind. Der Grund hiervon dürfte darin liegen, daß,
wenn Handelsstädte überhaupt für den Touristen und für touristische Neise-
schilderer des Anziehenden nur wenig bieten, bei Triest noch der besondre Um¬
stand hinzutritt, daß der Ort für das Gros des Reisepublikums nur die Be¬
deutung eines Absteigequartiers hat. Wer aus dem Norden kommt, pflegt den
Sehenswürdigkeiten der Stadt einen, höchstens zwei Tage zu widmen. Hat
man sich Miramar, das Lloyd-Arsenal, die auf der Adria schaukelnden riesigen
Orient- und Jndienfahrer, vielleicht auch uoch Winckelmanns Grab bei San
Ginsto angesehen und, der Kuriosität halber, in einer italienischen Osteria zu
einem in Öl gebackenen Seefische ein Viertelliter sauern Karstwein hinabgewürgt,
so glaubt man mit Triest fertig zu sein und setzt den Stab ruhig weiter
nach dem ersehnten Italien oder sichert sich seinen Platz auf dem Dampfer zur
Fahrt nach dem Süden. Eine weitere Ursache der unzulänglichen Kenntnis mag


Trieft.

so wirken sämtliche Verkehrserleichteruugen auf ein Industrieland zu gunsten
der Landwirtschaft in weitentfernten Gegenden, indem sie die Entfernung be¬
siegen, jene Gegenden gleichsam näherrücken. Da aber andrerseits die begün¬
stigte Industrie wieder belebend und mächtig fördernd auf die Landwirtschaft
einwirkt, so kaun in diesem Falle nur durch Schutzzölle eine übermüßige Kon¬
kurrenz vorteilhaft ausgeglichen werden. Letztere konnte die Landwirtschaft auf
Grund der ausgleichenden Gerechtigkeit verlangen und hat sie in reichlichem
Maße erreicht. Man warte doch nun einmal deren wohlthätige Wirkung ab
und rüttle uicht an dem wohlgeordneten Münz-, Währungs- und Kreditwesen
unsers Reiches!


Adolf pfannstiol.


Trieft.

le Dampfervorlage im deutscheu Reichstage hat in letzter Zeit die
allgemeine Aufmerksamkeit mehr und nachdrücklicher als bisher
auf das große österreichische Handelsemporium an der Adria ge¬
lenkt. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß trotz des Welt¬
verkehrs Triests die eigentümlichen Verhältnisse der Stadt und
ihres kleinen Gebiets nicht nnr in Deutschland, sondern auch in Osterreich doch
nur unzureichend bekannt sind. Der Grund hiervon dürfte darin liegen, daß,
wenn Handelsstädte überhaupt für den Touristen und für touristische Neise-
schilderer des Anziehenden nur wenig bieten, bei Triest noch der besondre Um¬
stand hinzutritt, daß der Ort für das Gros des Reisepublikums nur die Be¬
deutung eines Absteigequartiers hat. Wer aus dem Norden kommt, pflegt den
Sehenswürdigkeiten der Stadt einen, höchstens zwei Tage zu widmen. Hat
man sich Miramar, das Lloyd-Arsenal, die auf der Adria schaukelnden riesigen
Orient- und Jndienfahrer, vielleicht auch uoch Winckelmanns Grab bei San
Ginsto angesehen und, der Kuriosität halber, in einer italienischen Osteria zu
einem in Öl gebackenen Seefische ein Viertelliter sauern Karstwein hinabgewürgt,
so glaubt man mit Triest fertig zu sein und setzt den Stab ruhig weiter
nach dem ersehnten Italien oder sichert sich seinen Platz auf dem Dampfer zur
Fahrt nach dem Süden. Eine weitere Ursache der unzulänglichen Kenntnis mag


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[0461] Trieft. so wirken sämtliche Verkehrserleichteruugen auf ein Industrieland zu gunsten der Landwirtschaft in weitentfernten Gegenden, indem sie die Entfernung be¬ siegen, jene Gegenden gleichsam näherrücken. Da aber andrerseits die begün¬ stigte Industrie wieder belebend und mächtig fördernd auf die Landwirtschaft einwirkt, so kaun in diesem Falle nur durch Schutzzölle eine übermüßige Kon¬ kurrenz vorteilhaft ausgeglichen werden. Letztere konnte die Landwirtschaft auf Grund der ausgleichenden Gerechtigkeit verlangen und hat sie in reichlichem Maße erreicht. Man warte doch nun einmal deren wohlthätige Wirkung ab und rüttle uicht an dem wohlgeordneten Münz-, Währungs- und Kreditwesen unsers Reiches! Adolf pfannstiol. Trieft. le Dampfervorlage im deutscheu Reichstage hat in letzter Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit mehr und nachdrücklicher als bisher auf das große österreichische Handelsemporium an der Adria ge¬ lenkt. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß trotz des Welt¬ verkehrs Triests die eigentümlichen Verhältnisse der Stadt und ihres kleinen Gebiets nicht nnr in Deutschland, sondern auch in Osterreich doch nur unzureichend bekannt sind. Der Grund hiervon dürfte darin liegen, daß, wenn Handelsstädte überhaupt für den Touristen und für touristische Neise- schilderer des Anziehenden nur wenig bieten, bei Triest noch der besondre Um¬ stand hinzutritt, daß der Ort für das Gros des Reisepublikums nur die Be¬ deutung eines Absteigequartiers hat. Wer aus dem Norden kommt, pflegt den Sehenswürdigkeiten der Stadt einen, höchstens zwei Tage zu widmen. Hat man sich Miramar, das Lloyd-Arsenal, die auf der Adria schaukelnden riesigen Orient- und Jndienfahrer, vielleicht auch uoch Winckelmanns Grab bei San Ginsto angesehen und, der Kuriosität halber, in einer italienischen Osteria zu einem in Öl gebackenen Seefische ein Viertelliter sauern Karstwein hinabgewürgt, so glaubt man mit Triest fertig zu sein und setzt den Stab ruhig weiter nach dem ersehnten Italien oder sichert sich seinen Platz auf dem Dampfer zur Fahrt nach dem Süden. Eine weitere Ursache der unzulänglichen Kenntnis mag

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/461>, abgerufen am 22.07.2024.