Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
George Sand im Rrieg5jahro ^370,

daß Wir geduldig noch ferner die Entwicklung der Dinge abwarten wollen," so
faßt N. das Ergebnis zusammen.

Die nächsten Tage schon sollten die Unmöglichkeit, auf diesem Wege vorwärts
zu kommen, klar erweisen. Schon am 26. April wurde dem Hause eine
bairische Note (vom 23. April) des Inhalts mitgeteilt, daß die Regierung,
gestützt auf das frühere Votum ihrer beiden Kammern, die Reichsverfassung,
besonders soweit sie das preußische Erbkaisertum und die Ausschließung Österreichs
betreffe, nicht anerkenne. An demselben Tage kam die Nachricht, der König von
Preußen habe definitiv abgelehnt. Das war zwar formell verfrüht -- die be¬
treffende Erklärung datirt erst vom 28. April --, aber thatsächlich vollkommen
richtig, denn auch Beckeraths Versuch, ihn umzustimmen, war vergeblich gewesen.*)
Dann langten die Meldungen von der Auflösung der Kammer" in Hannover
(25. April) und Berlin (27. April) an, und auch in Sachsen drängten die Dinge
zur Krisis: bereits am 24. hörte man in Frankfurt, das dortige Ministerium
sei gestürzt. Thatsächlich wich es dem Mißtrauensvotum beider Kammern be¬
kanntlich nicht, vielmehr wurde am 28. April auch hier die Auflösung des
Landtages ausgesprochen. Die Regierungen der meisten größern Staaten thaten
also eben das Gegenteil dessen, was die Nationalversammlung von ihnen ge¬
fordert hatte.

(Schluß folgt.)




George Acad im Kriegsjahre ^870.

le Sammlung der Briefe George Sands (Lioorg'ö LW,ä, (üorr"
LponÄmioo 1812--4876. Paris, Callmann Levy), welche mit dem
sechsten Bande zum Abschluß gediehen ist, muß ohne Frage den
interessantesten und gehaltreichsten französischen Publikationen
des letzten Jahrzehnts zugezählt werden und verdient eine weit
größere Verbreitung als die "sensationellen" Erscheinungen, mit denen man uns
von Paris her zu beglücken Pflegt. Daß die Sammlung solche Verbreitung
bisher nicht gefunden, dünkt uns nur zu gewiß, denn selbst diejenigen Briefe
der großen Schriftstellerin, die, wie es im barbarischen Zeitnngsstil heißt, "das
volle Interesse der Aktualität" haben, haben wir selten besprochen nud erwähnt
gefunden. Welch eine Fülle interessanter Einzelheiten, nicht nur zur Charakteristik



*) Am 26. April. Vgl. G. Freytag, Karl Mathy, S. 306.
George Sand im Rrieg5jahro ^370,

daß Wir geduldig noch ferner die Entwicklung der Dinge abwarten wollen," so
faßt N. das Ergebnis zusammen.

Die nächsten Tage schon sollten die Unmöglichkeit, auf diesem Wege vorwärts
zu kommen, klar erweisen. Schon am 26. April wurde dem Hause eine
bairische Note (vom 23. April) des Inhalts mitgeteilt, daß die Regierung,
gestützt auf das frühere Votum ihrer beiden Kammern, die Reichsverfassung,
besonders soweit sie das preußische Erbkaisertum und die Ausschließung Österreichs
betreffe, nicht anerkenne. An demselben Tage kam die Nachricht, der König von
Preußen habe definitiv abgelehnt. Das war zwar formell verfrüht — die be¬
treffende Erklärung datirt erst vom 28. April —, aber thatsächlich vollkommen
richtig, denn auch Beckeraths Versuch, ihn umzustimmen, war vergeblich gewesen.*)
Dann langten die Meldungen von der Auflösung der Kammer» in Hannover
(25. April) und Berlin (27. April) an, und auch in Sachsen drängten die Dinge
zur Krisis: bereits am 24. hörte man in Frankfurt, das dortige Ministerium
sei gestürzt. Thatsächlich wich es dem Mißtrauensvotum beider Kammern be¬
kanntlich nicht, vielmehr wurde am 28. April auch hier die Auflösung des
Landtages ausgesprochen. Die Regierungen der meisten größern Staaten thaten
also eben das Gegenteil dessen, was die Nationalversammlung von ihnen ge¬
fordert hatte.

(Schluß folgt.)




George Acad im Kriegsjahre ^870.

le Sammlung der Briefe George Sands (Lioorg'ö LW,ä, (üorr»
LponÄmioo 1812—4876. Paris, Callmann Levy), welche mit dem
sechsten Bande zum Abschluß gediehen ist, muß ohne Frage den
interessantesten und gehaltreichsten französischen Publikationen
des letzten Jahrzehnts zugezählt werden und verdient eine weit
größere Verbreitung als die „sensationellen" Erscheinungen, mit denen man uns
von Paris her zu beglücken Pflegt. Daß die Sammlung solche Verbreitung
bisher nicht gefunden, dünkt uns nur zu gewiß, denn selbst diejenigen Briefe
der großen Schriftstellerin, die, wie es im barbarischen Zeitnngsstil heißt, „das
volle Interesse der Aktualität" haben, haben wir selten besprochen nud erwähnt
gefunden. Welch eine Fülle interessanter Einzelheiten, nicht nur zur Charakteristik



*) Am 26. April. Vgl. G. Freytag, Karl Mathy, S. 306.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195640"/>
          <fw type="header" place="top"> George Sand im Rrieg5jahro ^370,</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_871" prev="#ID_870"> daß Wir geduldig noch ferner die Entwicklung der Dinge abwarten wollen," so<lb/>
faßt N. das Ergebnis zusammen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_872"> Die nächsten Tage schon sollten die Unmöglichkeit, auf diesem Wege vorwärts<lb/>
zu kommen, klar erweisen. Schon am 26. April wurde dem Hause eine<lb/>
bairische Note (vom 23. April) des Inhalts mitgeteilt, daß die Regierung,<lb/>
gestützt auf das frühere Votum ihrer beiden Kammern, die Reichsverfassung,<lb/>
besonders soweit sie das preußische Erbkaisertum und die Ausschließung Österreichs<lb/>
betreffe, nicht anerkenne. An demselben Tage kam die Nachricht, der König von<lb/>
Preußen habe definitiv abgelehnt. Das war zwar formell verfrüht &#x2014; die be¬<lb/>
treffende Erklärung datirt erst vom 28. April &#x2014;, aber thatsächlich vollkommen<lb/>
richtig, denn auch Beckeraths Versuch, ihn umzustimmen, war vergeblich gewesen.*)<lb/>
Dann langten die Meldungen von der Auflösung der Kammer» in Hannover<lb/>
(25. April) und Berlin (27. April) an, und auch in Sachsen drängten die Dinge<lb/>
zur Krisis: bereits am 24. hörte man in Frankfurt, das dortige Ministerium<lb/>
sei gestürzt. Thatsächlich wich es dem Mißtrauensvotum beider Kammern be¬<lb/>
kanntlich nicht, vielmehr wurde am 28. April auch hier die Auflösung des<lb/>
Landtages ausgesprochen. Die Regierungen der meisten größern Staaten thaten<lb/>
also eben das Gegenteil dessen, was die Nationalversammlung von ihnen ge¬<lb/>
fordert hatte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_873"> (Schluß folgt.)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> George Acad im Kriegsjahre ^870.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_874" next="#ID_875"> le Sammlung der Briefe George Sands (Lioorg'ö LW,ä, (üorr»<lb/>
LponÄmioo 1812&#x2014;4876. Paris, Callmann Levy), welche mit dem<lb/>
sechsten Bande zum Abschluß gediehen ist, muß ohne Frage den<lb/>
interessantesten und gehaltreichsten französischen Publikationen<lb/>
des letzten Jahrzehnts zugezählt werden und verdient eine weit<lb/>
größere Verbreitung als die &#x201E;sensationellen" Erscheinungen, mit denen man uns<lb/>
von Paris her zu beglücken Pflegt. Daß die Sammlung solche Verbreitung<lb/>
bisher nicht gefunden, dünkt uns nur zu gewiß, denn selbst diejenigen Briefe<lb/>
der großen Schriftstellerin, die, wie es im barbarischen Zeitnngsstil heißt, &#x201E;das<lb/>
volle Interesse der Aktualität" haben, haben wir selten besprochen nud erwähnt<lb/>
gefunden. Welch eine Fülle interessanter Einzelheiten, nicht nur zur Charakteristik</p><lb/>
          <note xml:id="FID_19" place="foot"> *) Am 26. April.  Vgl. G. Freytag, Karl Mathy, S. 306.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0251] George Sand im Rrieg5jahro ^370, daß Wir geduldig noch ferner die Entwicklung der Dinge abwarten wollen," so faßt N. das Ergebnis zusammen. Die nächsten Tage schon sollten die Unmöglichkeit, auf diesem Wege vorwärts zu kommen, klar erweisen. Schon am 26. April wurde dem Hause eine bairische Note (vom 23. April) des Inhalts mitgeteilt, daß die Regierung, gestützt auf das frühere Votum ihrer beiden Kammern, die Reichsverfassung, besonders soweit sie das preußische Erbkaisertum und die Ausschließung Österreichs betreffe, nicht anerkenne. An demselben Tage kam die Nachricht, der König von Preußen habe definitiv abgelehnt. Das war zwar formell verfrüht — die be¬ treffende Erklärung datirt erst vom 28. April —, aber thatsächlich vollkommen richtig, denn auch Beckeraths Versuch, ihn umzustimmen, war vergeblich gewesen.*) Dann langten die Meldungen von der Auflösung der Kammer» in Hannover (25. April) und Berlin (27. April) an, und auch in Sachsen drängten die Dinge zur Krisis: bereits am 24. hörte man in Frankfurt, das dortige Ministerium sei gestürzt. Thatsächlich wich es dem Mißtrauensvotum beider Kammern be¬ kanntlich nicht, vielmehr wurde am 28. April auch hier die Auflösung des Landtages ausgesprochen. Die Regierungen der meisten größern Staaten thaten also eben das Gegenteil dessen, was die Nationalversammlung von ihnen ge¬ fordert hatte. (Schluß folgt.) George Acad im Kriegsjahre ^870. le Sammlung der Briefe George Sands (Lioorg'ö LW,ä, (üorr» LponÄmioo 1812—4876. Paris, Callmann Levy), welche mit dem sechsten Bande zum Abschluß gediehen ist, muß ohne Frage den interessantesten und gehaltreichsten französischen Publikationen des letzten Jahrzehnts zugezählt werden und verdient eine weit größere Verbreitung als die „sensationellen" Erscheinungen, mit denen man uns von Paris her zu beglücken Pflegt. Daß die Sammlung solche Verbreitung bisher nicht gefunden, dünkt uns nur zu gewiß, denn selbst diejenigen Briefe der großen Schriftstellerin, die, wie es im barbarischen Zeitnngsstil heißt, „das volle Interesse der Aktualität" haben, haben wir selten besprochen nud erwähnt gefunden. Welch eine Fülle interessanter Einzelheiten, nicht nur zur Charakteristik *) Am 26. April. Vgl. G. Freytag, Karl Mathy, S. 306.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/251
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/251>, abgerufen am 22.07.2024.