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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Englands Mittel zur Verteidigung Indiens.

le militärischen Kräfte, welche den Engländern zur Verfügung
stehen würden, wenn der seit Jahrzehnten schon unvermeid-
liche und in letzter Zeit dem Anscheine nach bereits am Horizonte
der Tagesfragen aufgetauchte Fall eintritt, den Russen gegenüber
ihren indischen Besitz verteidigen zu müssen, zerfallen in verschiedne
Gruppen, die nicht gleichen Wertes sind, ja unter Umständen sich zum Teil un¬
zuverlässig zeigen und selbst zu einer Gefahr für England werden können. Sie
bestehen aus Abteilungen der europäischen Armee Großbritanniens, die auf
einige Jahre nach Indien abgegeben und dann von andern abgelöst werden,
aus Regimentern, die ihre Mannschaft unter den dortigen Eingebornen werben,
und aus Kontingenten indischer Fürsten.

Die europäischen Truppen, über welche der Vizekönig von Indien verfügt,
setzen sich zusammen aus 50 Infanterie- und 9 Kavallerieregimenter", ferner
aus 43 Feld- und 15 reitenden Batterien Artillerie mit zusammen 342 Feld¬
geschützen, wozu noch 28 Batterien Fcstnngsartillcric kommen, endlich aus
4 Kompagnien Genie. Das Infanterieregiment ist in 8 Kompagnien eingeteilt
und etwa 900 Mann stark. Dieselben sind durchgehend" mit Hinterladern von
guter Konstruktion bewaffnet. Die Kavallerieregimenter (Dragoner, Ulanen und
Husaren) haben eine Stärke von je 480 Pferden, die sich ans drei Schwadronen ver¬
teilen. Bei der Feldartillerie haben die Batterien je 6 Kanonen, und zwar
3 neunpfündige und 3 scchspfündigc Woolwichgeschütze. Die gesamte europäische
Armee Großbritanniens in Indien zählt gegenwärtig etwa 62 000 Mann, die
sämtlich geworbene Leute und zu zwölfjährigem Dienste verpflichtet sind.

Der aus Eingebornen rekrutirte Teil des Heeres der augloindischen Re¬
gierung (die Sipvhstrnvpen) zerfällt in die Armee von Bengalen, die von
Madras und die von Bombay und hat eine Gesamtstürke von rund 128 000
Mann, von denen 102 000 ans die Infanterie und 22 000 vns die Kavallerie
kommen. Die drei genannten Armeen haben zusammen 120 Infanterie- und
30 Kavallerieregimenter, 25 Kompagnien Sappeurs und Mineurs und nur
2 Artillerielvmpagnien. Das Infanterieregiment zählt nicht mehr als 700 Mann,
schleppt aber ans Märschen, da die Leute meist verheiratet sind, eine Menge
von Weibern und Kindern mit sich, deren Zahl bisweilen doppelt so groß ist
als die der Mannschaften. Die Kavallerieregimenter haben durchschnittlich 450
Pferde. Während die europäischen Regimenter aller Waffengattungen durchweg


Englands Mittel zur Verteidigung Indiens.

le militärischen Kräfte, welche den Engländern zur Verfügung
stehen würden, wenn der seit Jahrzehnten schon unvermeid-
liche und in letzter Zeit dem Anscheine nach bereits am Horizonte
der Tagesfragen aufgetauchte Fall eintritt, den Russen gegenüber
ihren indischen Besitz verteidigen zu müssen, zerfallen in verschiedne
Gruppen, die nicht gleichen Wertes sind, ja unter Umständen sich zum Teil un¬
zuverlässig zeigen und selbst zu einer Gefahr für England werden können. Sie
bestehen aus Abteilungen der europäischen Armee Großbritanniens, die auf
einige Jahre nach Indien abgegeben und dann von andern abgelöst werden,
aus Regimentern, die ihre Mannschaft unter den dortigen Eingebornen werben,
und aus Kontingenten indischer Fürsten.

Die europäischen Truppen, über welche der Vizekönig von Indien verfügt,
setzen sich zusammen aus 50 Infanterie- und 9 Kavallerieregimenter», ferner
aus 43 Feld- und 15 reitenden Batterien Artillerie mit zusammen 342 Feld¬
geschützen, wozu noch 28 Batterien Fcstnngsartillcric kommen, endlich aus
4 Kompagnien Genie. Das Infanterieregiment ist in 8 Kompagnien eingeteilt
und etwa 900 Mann stark. Dieselben sind durchgehend» mit Hinterladern von
guter Konstruktion bewaffnet. Die Kavallerieregimenter (Dragoner, Ulanen und
Husaren) haben eine Stärke von je 480 Pferden, die sich ans drei Schwadronen ver¬
teilen. Bei der Feldartillerie haben die Batterien je 6 Kanonen, und zwar
3 neunpfündige und 3 scchspfündigc Woolwichgeschütze. Die gesamte europäische
Armee Großbritanniens in Indien zählt gegenwärtig etwa 62 000 Mann, die
sämtlich geworbene Leute und zu zwölfjährigem Dienste verpflichtet sind.

Der aus Eingebornen rekrutirte Teil des Heeres der augloindischen Re¬
gierung (die Sipvhstrnvpen) zerfällt in die Armee von Bengalen, die von
Madras und die von Bombay und hat eine Gesamtstürke von rund 128 000
Mann, von denen 102 000 ans die Infanterie und 22 000 vns die Kavallerie
kommen. Die drei genannten Armeen haben zusammen 120 Infanterie- und
30 Kavallerieregimenter, 25 Kompagnien Sappeurs und Mineurs und nur
2 Artillerielvmpagnien. Das Infanterieregiment zählt nicht mehr als 700 Mann,
schleppt aber ans Märschen, da die Leute meist verheiratet sind, eine Menge
von Weibern und Kindern mit sich, deren Zahl bisweilen doppelt so groß ist
als die der Mannschaften. Die Kavallerieregimenter haben durchschnittlich 450
Pferde. Während die europäischen Regimenter aller Waffengattungen durchweg


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[0170] Englands Mittel zur Verteidigung Indiens. le militärischen Kräfte, welche den Engländern zur Verfügung stehen würden, wenn der seit Jahrzehnten schon unvermeid- liche und in letzter Zeit dem Anscheine nach bereits am Horizonte der Tagesfragen aufgetauchte Fall eintritt, den Russen gegenüber ihren indischen Besitz verteidigen zu müssen, zerfallen in verschiedne Gruppen, die nicht gleichen Wertes sind, ja unter Umständen sich zum Teil un¬ zuverlässig zeigen und selbst zu einer Gefahr für England werden können. Sie bestehen aus Abteilungen der europäischen Armee Großbritanniens, die auf einige Jahre nach Indien abgegeben und dann von andern abgelöst werden, aus Regimentern, die ihre Mannschaft unter den dortigen Eingebornen werben, und aus Kontingenten indischer Fürsten. Die europäischen Truppen, über welche der Vizekönig von Indien verfügt, setzen sich zusammen aus 50 Infanterie- und 9 Kavallerieregimenter», ferner aus 43 Feld- und 15 reitenden Batterien Artillerie mit zusammen 342 Feld¬ geschützen, wozu noch 28 Batterien Fcstnngsartillcric kommen, endlich aus 4 Kompagnien Genie. Das Infanterieregiment ist in 8 Kompagnien eingeteilt und etwa 900 Mann stark. Dieselben sind durchgehend» mit Hinterladern von guter Konstruktion bewaffnet. Die Kavallerieregimenter (Dragoner, Ulanen und Husaren) haben eine Stärke von je 480 Pferden, die sich ans drei Schwadronen ver¬ teilen. Bei der Feldartillerie haben die Batterien je 6 Kanonen, und zwar 3 neunpfündige und 3 scchspfündigc Woolwichgeschütze. Die gesamte europäische Armee Großbritanniens in Indien zählt gegenwärtig etwa 62 000 Mann, die sämtlich geworbene Leute und zu zwölfjährigem Dienste verpflichtet sind. Der aus Eingebornen rekrutirte Teil des Heeres der augloindischen Re¬ gierung (die Sipvhstrnvpen) zerfällt in die Armee von Bengalen, die von Madras und die von Bombay und hat eine Gesamtstürke von rund 128 000 Mann, von denen 102 000 ans die Infanterie und 22 000 vns die Kavallerie kommen. Die drei genannten Armeen haben zusammen 120 Infanterie- und 30 Kavallerieregimenter, 25 Kompagnien Sappeurs und Mineurs und nur 2 Artillerielvmpagnien. Das Infanterieregiment zählt nicht mehr als 700 Mann, schleppt aber ans Märschen, da die Leute meist verheiratet sind, eine Menge von Weibern und Kindern mit sich, deren Zahl bisweilen doppelt so groß ist als die der Mannschaften. Die Kavallerieregimenter haben durchschnittlich 450 Pferde. Während die europäischen Regimenter aller Waffengattungen durchweg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/170>, abgerufen am 22.07.2024.