Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.Nie Aommilitonen. Archimedes mußte selbst hervortreten und sein Verzeichnis vorlesen, ein 9. Dieser Zwischenfall wirkte unangenehm störend und hob die erforderliche ernste Der Vortrag des Vormittags, begann er, habe die Ergebnisse unsrer Bei den Worten: Einer der wichtigsten Lebensabschnitte für uns alle! hob (Fortsetzung folgt.) Nie Aommilitonen. Archimedes mußte selbst hervortreten und sein Verzeichnis vorlesen, ein 9. Dieser Zwischenfall wirkte unangenehm störend und hob die erforderliche ernste Der Vortrag des Vormittags, begann er, habe die Ergebnisse unsrer Bei den Worten: Einer der wichtigsten Lebensabschnitte für uns alle! hob (Fortsetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0377" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195053"/> <fw type="header" place="top"> Nie Aommilitonen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1368"> Archimedes mußte selbst hervortreten und sein Verzeichnis vorlesen, ein<lb/> Geschäft, das er mit ängstlichem Gebühren und unsicherer Stimme zur Aus¬<lb/> führung brachte, während über ihm der Direktor ragte und sich ungeduldig<lb/> geberdete wie ein Kosakenpnlk, der für die Prozession eine Straße bahnfrei<lb/> machen will.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> 9.</head><lb/> <p xml:id="ID_1369"> Dieser Zwischenfall wirkte unangenehm störend und hob die erforderliche ernste<lb/> Stimmung auf. Unter so ungünstigen Umständen trat um auf den Wink des<lb/> Festordners der „blasse Heinrich" vor. Er begann aber mit einem Ausdruck<lb/> und einer Stimme, die alsbald deu sattelfesten Fachmann erkennen ließen und<lb/> Achtung heisesten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1370"> Der Vortrag des Vormittags, begann er, habe die Ergebnisse unsrer<lb/> Kulturarbeit der letzten fünfzig Jahre zum Gegenstände gehabt, jetzt sei mit<lb/> Anknüpfung an den sachlichen Befund das Persönliche der Kultnrarbciterschaft<lb/> ins Ange zu fassen, es sei den Kommilitonen näher zu treten in den Abschnitten<lb/> ihrer Entwicklung, einzublicken in unsre geistige Werkstatt, in unser Inneres,<lb/> in uns selbst. Der Vortrag, welcher die Gymnasialbildung als Mittel zur<lb/> höhern allgemeinen Bildung voraussetze, gehe nicht ein auf die Darlegung des<lb/> allmählichen Hcranschnlens der Jugend durch die einzelnen Schulklassen hindurch,<lb/> sondern er gehe ans von dein Abschnitt, in welchem die Schulklassen zurück¬<lb/> gelegt seien, das Abiturientenexamen bestanden sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1371"> Bei den Worten: Einer der wichtigsten Lebensabschnitte für uns alle! hob<lb/> er die Stimme, hielt ein wenig an und fuhr dann fort: Also Kommilitonen,<lb/> jüngere und ältere, versetzen wir uns an den Lebensabschnitt zurück, wo wir<lb/> zur Hochschule überzugehen berufen waren, in die schöne Zeit der jungen Triebe,<lb/> um das Schillersche geflügelte Wort parodisch anzuwenden. Der Jüngling ist<lb/> der Schnlzucht entwachsen und tritt in das Gebiet freier Entwicklung. Sein<lb/> Geist und sein Gemüt sind erfüllt mit den Segnungen, die Hans und Schule<lb/> in ihn gepflanzt haben. Vor ihm breitet sich das Leben weit aus wie das<lb/> Meer; zur Ausfahrt hat er den Kahn zur Hand, alle Gebiete scheinen ihm<lb/> erreichbar. Er fühlt Mut und Kraft zum höchsten Streben, alles Edle erfüllt<lb/> ihn, er ist bereit, einzutreten für die Wohlfahrt des Freundes, der Angehörigen,<lb/> des Vaterlandes, ja für die der ganzen Menschheit, denn seine Herzenshcbung<lb/> ist grenzenlos, ihn zieht der ferne Wächterruf, das Homzische ?0K0inuir!</p><lb/> <p xml:id="ID_1372"> (Fortsetzung folgt.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0377]
Nie Aommilitonen.
Archimedes mußte selbst hervortreten und sein Verzeichnis vorlesen, ein
Geschäft, das er mit ängstlichem Gebühren und unsicherer Stimme zur Aus¬
führung brachte, während über ihm der Direktor ragte und sich ungeduldig
geberdete wie ein Kosakenpnlk, der für die Prozession eine Straße bahnfrei
machen will.
9.
Dieser Zwischenfall wirkte unangenehm störend und hob die erforderliche ernste
Stimmung auf. Unter so ungünstigen Umständen trat um auf den Wink des
Festordners der „blasse Heinrich" vor. Er begann aber mit einem Ausdruck
und einer Stimme, die alsbald deu sattelfesten Fachmann erkennen ließen und
Achtung heisesten.
Der Vortrag des Vormittags, begann er, habe die Ergebnisse unsrer
Kulturarbeit der letzten fünfzig Jahre zum Gegenstände gehabt, jetzt sei mit
Anknüpfung an den sachlichen Befund das Persönliche der Kultnrarbciterschaft
ins Ange zu fassen, es sei den Kommilitonen näher zu treten in den Abschnitten
ihrer Entwicklung, einzublicken in unsre geistige Werkstatt, in unser Inneres,
in uns selbst. Der Vortrag, welcher die Gymnasialbildung als Mittel zur
höhern allgemeinen Bildung voraussetze, gehe nicht ein auf die Darlegung des
allmählichen Hcranschnlens der Jugend durch die einzelnen Schulklassen hindurch,
sondern er gehe ans von dein Abschnitt, in welchem die Schulklassen zurück¬
gelegt seien, das Abiturientenexamen bestanden sei.
Bei den Worten: Einer der wichtigsten Lebensabschnitte für uns alle! hob
er die Stimme, hielt ein wenig an und fuhr dann fort: Also Kommilitonen,
jüngere und ältere, versetzen wir uns an den Lebensabschnitt zurück, wo wir
zur Hochschule überzugehen berufen waren, in die schöne Zeit der jungen Triebe,
um das Schillersche geflügelte Wort parodisch anzuwenden. Der Jüngling ist
der Schnlzucht entwachsen und tritt in das Gebiet freier Entwicklung. Sein
Geist und sein Gemüt sind erfüllt mit den Segnungen, die Hans und Schule
in ihn gepflanzt haben. Vor ihm breitet sich das Leben weit aus wie das
Meer; zur Ausfahrt hat er den Kahn zur Hand, alle Gebiete scheinen ihm
erreichbar. Er fühlt Mut und Kraft zum höchsten Streben, alles Edle erfüllt
ihn, er ist bereit, einzutreten für die Wohlfahrt des Freundes, der Angehörigen,
des Vaterlandes, ja für die der ganzen Menschheit, denn seine Herzenshcbung
ist grenzenlos, ihn zieht der ferne Wächterruf, das Homzische ?0K0inuir!
(Fortsetzung folgt.)
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