Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.der größte Staatsmann seiner Zeit zu sein -- wo man es unternahm, diesem Mißbräuche des Lebensversicherungswesens. us meiner Jugendzeit entsinne ich mich, daß ein verständiger Es ist mit dem Versicherungswesen eine vortreffliche Sache, und altmodische der größte Staatsmann seiner Zeit zu sein — wo man es unternahm, diesem Mißbräuche des Lebensversicherungswesens. us meiner Jugendzeit entsinne ich mich, daß ein verständiger Es ist mit dem Versicherungswesen eine vortreffliche Sache, und altmodische <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194903"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_747" prev="#ID_746"> der größte Staatsmann seiner Zeit zu sein — wo man es unternahm, diesem<lb/> Manne wohlmeinende Ratschläge zu besserer Verteilung der zu seinem Ressort<lb/> gehörigen Geschäfte zu geben. Das unauslöschliche Gelächter, mit welchem jene<lb/> Ratschläge zwar nicht von diesem Reichstage, aber von dem übrigen Deutsch¬<lb/> land, Europa, ja der Welt aufgenommen wurden, hätte die Herren belehren<lb/> können, daß ein bischen Dilettantismus sich zwar innerhalb der eignen vier<lb/> Wände und auf der Bierbank recht gut macht, daß er aber unfehlbar vernich-<lb/> tenden Hohne anheimfällt, sobald er es unternimmt, ans den öffentlichen Markt<lb/> hinauszutreten und die luftigen Gebilde seines impotenten Laiengehirns den<lb/> soliden Schöpfungen eines anerkannten Meisters an die Seite zu stellen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Mißbräuche des Lebensversicherungswesens.</head><lb/> <p xml:id="ID_748"> us meiner Jugendzeit entsinne ich mich, daß ein verständiger<lb/> Bauersmann, mit dein ich über Feuervcrsicherungswesen sprach<lb/> und dem ich meine Bewunderung dieser trefflichen Einrichtung<lb/> ausdrückte, mir antwortete: alle diese Versicherungsanstalten liefen<lb/> eigentlich nur darauf hinaus, daß eine Anzahl „Herren" bequeme<lb/> und einträgliche Stellungen hätten. Diese Ansicht schien mir damals entsetzlich<lb/> altmodisch und thöricht, und auch heute noch gebe ich zu, daß sie mindestens<lb/> sehr einseitig war; aber zu dem Standpunkte, anzuerkennen, daß der Mann nicht<lb/> so ganz Unrecht hatte, bin ich heute doch auch gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_749" next="#ID_750"> Es ist mit dem Versicherungswesen eine vortreffliche Sache, und altmodische<lb/> Leute, welche prinzipiell nichts davon wissen Wollen, werdeu sich gewiß nur noch<lb/> ganz vereinzelt finden. Wenn gewisse Lasten, welche unfehlbar die Gesamtheit<lb/> treffen müssen, von denen man aber nicht im voraus wissen kann, welchen Ein¬<lb/> zelnen sie treffen werden, durch Versicherung in einer für niemand sonderlich<lb/> drückenden Weise ihre Ausgleichung finden, so ist das gewiß die Befriedigung<lb/> eines öffentlichen Interesses von allerersten Range; freilich ist dann immer noch,<lb/> den heutigen Zustünden des Versicherungswesens gegenüber, die Frage gestattet,<lb/> ob dieses ganze Gebiet nicht zweckmäßiger von der gesamten Öffentlichkeit, dem<lb/> es dienen soll, auch betrieben werde, statt der Privatindustrie überlassen zu<lb/> sein — eine Frage, die ich heute nicht weiter untersuchen will, da sich bereits<lb/> die Parteipolitik ihrer bemächtigt hat. Nun kommt aber weiterhin eine Klasse<lb/> von Versicherungsgeschäften, bei denen es sich nicht in gleicher Weise um ein Ge¬<lb/> säme-, sondern nur um ein Einzelinteresse handelt, und wo die Fälle, gegen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
der größte Staatsmann seiner Zeit zu sein — wo man es unternahm, diesem
Manne wohlmeinende Ratschläge zu besserer Verteilung der zu seinem Ressort
gehörigen Geschäfte zu geben. Das unauslöschliche Gelächter, mit welchem jene
Ratschläge zwar nicht von diesem Reichstage, aber von dem übrigen Deutsch¬
land, Europa, ja der Welt aufgenommen wurden, hätte die Herren belehren
können, daß ein bischen Dilettantismus sich zwar innerhalb der eignen vier
Wände und auf der Bierbank recht gut macht, daß er aber unfehlbar vernich-
tenden Hohne anheimfällt, sobald er es unternimmt, ans den öffentlichen Markt
hinauszutreten und die luftigen Gebilde seines impotenten Laiengehirns den
soliden Schöpfungen eines anerkannten Meisters an die Seite zu stellen.
Mißbräuche des Lebensversicherungswesens.
us meiner Jugendzeit entsinne ich mich, daß ein verständiger
Bauersmann, mit dein ich über Feuervcrsicherungswesen sprach
und dem ich meine Bewunderung dieser trefflichen Einrichtung
ausdrückte, mir antwortete: alle diese Versicherungsanstalten liefen
eigentlich nur darauf hinaus, daß eine Anzahl „Herren" bequeme
und einträgliche Stellungen hätten. Diese Ansicht schien mir damals entsetzlich
altmodisch und thöricht, und auch heute noch gebe ich zu, daß sie mindestens
sehr einseitig war; aber zu dem Standpunkte, anzuerkennen, daß der Mann nicht
so ganz Unrecht hatte, bin ich heute doch auch gekommen.
Es ist mit dem Versicherungswesen eine vortreffliche Sache, und altmodische
Leute, welche prinzipiell nichts davon wissen Wollen, werdeu sich gewiß nur noch
ganz vereinzelt finden. Wenn gewisse Lasten, welche unfehlbar die Gesamtheit
treffen müssen, von denen man aber nicht im voraus wissen kann, welchen Ein¬
zelnen sie treffen werden, durch Versicherung in einer für niemand sonderlich
drückenden Weise ihre Ausgleichung finden, so ist das gewiß die Befriedigung
eines öffentlichen Interesses von allerersten Range; freilich ist dann immer noch,
den heutigen Zustünden des Versicherungswesens gegenüber, die Frage gestattet,
ob dieses ganze Gebiet nicht zweckmäßiger von der gesamten Öffentlichkeit, dem
es dienen soll, auch betrieben werde, statt der Privatindustrie überlassen zu
sein — eine Frage, die ich heute nicht weiter untersuchen will, da sich bereits
die Parteipolitik ihrer bemächtigt hat. Nun kommt aber weiterhin eine Klasse
von Versicherungsgeschäften, bei denen es sich nicht in gleicher Weise um ein Ge¬
säme-, sondern nur um ein Einzelinteresse handelt, und wo die Fälle, gegen
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