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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Der Buchdruck vor Gutenberg.

zur wirklichen Erkenntnis, wie in allen menschlichen Versuchen zur Auffassung
der Welt, sich leider nicht vollziehen zu wollen scheint.




Der Buchdruck vor Gutenberg.
von Richard Mulder. (Schluß.)

roß ist die Anzahl der Streitfragen, die sich an die Vlockbiicher
knüpfen.

Schwer zu entscheiden ist schon die Frage nach dem Ort ihrer
Entstehung, da nur wenige Werke mit Ortsangabe versehen sind.
Einen Anhaltepunkt bietet die Sprache. Die Sprachen, die wir

in den Blockbüchern angewendet finden, sind das Lateinische, das Niederländische
und das Deutsche. Lateinisch ist der Text in sieben Ausgaben des ^rs morivncli,
in fünf Ausgaben der Armenbibel, in der Apokalypse, im (^rutivuiu, im Pater¬
noster, im LxvLulurQ L-it,va.t.ioniL, sowie im DölöQ8prima, in der ^.rs lusiuorimäi,
im I/ivvr KvAuni und in den verschiednen Kalendern. niederländisch ist er in der
Geschichte vom heiligen Kreuz, in den sieben Todsünden und im Leben Jesu;
deutsch in den Zehn Geboten, dem Antichrist, der Passion, dem apostolischen
Glaubensbekenntnis, dem Totentanz, der Fabel vom kranken Löwen, dem Lato"
lisZ-irn, der Meiuradslegende, den acht Schalkheiten, dem geistlichen und welt¬
lichen Rom, dem Zcitglöcklein, der Chiromantie, sowie in zwei Ausgaben der
Armeubibel und in drei Ausgaben der ^.r" morlöuäi. Die Bücher mit nieder¬
ländischen Texte werden wir natürlich den Niederlanden, die mit deutschem Text
Deutschland zuweisen. Bei den lateinischen Ausgaben muß der Stil der Holz¬
schnitte, auch das Papier, auf das sie gedruckt sind, als Bestimmungsmittel des
Ursprunges dienen. Die Vergleichungen lehren, daß die meisten dieser latei¬
nischen Werke -- Armenbibel, Liimtie-uur, Paternoster, Apokalypse, Lpsoulum
LÄlviMorü8 -- den Niederlanden angehören, während bei der ^rs urorlönäi,
dem O6lM80i'iuin, dem lador Reg'um, der ^8 msinorg.nÄi und den Kalendern
der deutsche Ursprung wahrscheinlich ist. Die Niederlande und Deutschland siud
es also, die sich in den Ruhm teilen, dem Holztafeldruck weite Verbreitung ver¬
schafft zu haben. In den Niederlanden entstehen die großen Hauptwerke, wäh¬
rend die lange Reihe der kleineren religiösen und profanen Schriftchen Deutsch¬
land angehört.


Der Buchdruck vor Gutenberg.

zur wirklichen Erkenntnis, wie in allen menschlichen Versuchen zur Auffassung
der Welt, sich leider nicht vollziehen zu wollen scheint.




Der Buchdruck vor Gutenberg.
von Richard Mulder. (Schluß.)

roß ist die Anzahl der Streitfragen, die sich an die Vlockbiicher
knüpfen.

Schwer zu entscheiden ist schon die Frage nach dem Ort ihrer
Entstehung, da nur wenige Werke mit Ortsangabe versehen sind.
Einen Anhaltepunkt bietet die Sprache. Die Sprachen, die wir

in den Blockbüchern angewendet finden, sind das Lateinische, das Niederländische
und das Deutsche. Lateinisch ist der Text in sieben Ausgaben des ^rs morivncli,
in fünf Ausgaben der Armenbibel, in der Apokalypse, im (^rutivuiu, im Pater¬
noster, im LxvLulurQ L-it,va.t.ioniL, sowie im DölöQ8prima, in der ^.rs lusiuorimäi,
im I/ivvr KvAuni und in den verschiednen Kalendern. niederländisch ist er in der
Geschichte vom heiligen Kreuz, in den sieben Todsünden und im Leben Jesu;
deutsch in den Zehn Geboten, dem Antichrist, der Passion, dem apostolischen
Glaubensbekenntnis, dem Totentanz, der Fabel vom kranken Löwen, dem Lato«
lisZ-irn, der Meiuradslegende, den acht Schalkheiten, dem geistlichen und welt¬
lichen Rom, dem Zcitglöcklein, der Chiromantie, sowie in zwei Ausgaben der
Armeubibel und in drei Ausgaben der ^.r» morlöuäi. Die Bücher mit nieder¬
ländischen Texte werden wir natürlich den Niederlanden, die mit deutschem Text
Deutschland zuweisen. Bei den lateinischen Ausgaben muß der Stil der Holz¬
schnitte, auch das Papier, auf das sie gedruckt sind, als Bestimmungsmittel des
Ursprunges dienen. Die Vergleichungen lehren, daß die meisten dieser latei¬
nischen Werke — Armenbibel, Liimtie-uur, Paternoster, Apokalypse, Lpsoulum
LÄlviMorü8 — den Niederlanden angehören, während bei der ^rs urorlönäi,
dem O6lM80i'iuin, dem lador Reg'um, der ^8 msinorg.nÄi und den Kalendern
der deutsche Ursprung wahrscheinlich ist. Die Niederlande und Deutschland siud
es also, die sich in den Ruhm teilen, dem Holztafeldruck weite Verbreitung ver¬
schafft zu haben. In den Niederlanden entstehen die großen Hauptwerke, wäh¬
rend die lange Reihe der kleineren religiösen und profanen Schriftchen Deutsch¬
land angehört.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/190>, abgerufen am 12.11.2024.