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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Notizen.

Zu dieser höchsten Bildung möglichst viele, zuletzt das ganze Menschen¬
geschlecht emporzuziehen, ist die letzte und höchste Aufgabe der Schule.

Nach diesen Schlußworten brach die Versammlung einstimmig in ein Bravo¬
rufen aus, das den Schulsaal erzittern machte.

Der Regierungspräsident ging zu dem Festredner, der den Tritt verlassen
hatte, und sagte ihm einige anerkennende Worte, auch dem herzueilenden Gym-
nasialdircktor gab er wie beglückwünschend die Hand und flüsterte ihm etwas zu.
Letzterer machte eine dienstergebene Bewegung, wandte sich mit Eifer und Ge¬
schäftigkeit an den "blassen Heinrich," den er wieder: Mein Herr Kommilito an¬
redete, und ersuchte ihn, in Anknüpfung an diese höchst bedeutende Redeleistung
auch den Vortrag für den Abend zu übernehmen; hier sei gehandelt worden über
das, was errungen worden sei; dort solle die Frage behandelt werden, wer
es errungen habe; der Abendvortrcig sei für das größere Publikum, nicht bloß
für die Herren Kommilitonen bestimmt. Der "blasse Heinrich" übernahm diesen
ehrenden Auftrag unter Danksagungen.

Hierauf strömten die Kommilitonen aus dem drückend heißen Schulsaale
in die frische, freie Luft; von vielen Seiten empfing der Festredner noch Lob
und Händedrücke, besonders von den Achtzehnhundertuudneunundvierzigern, die
sich mit gehoben fühlten.

NurKautschuk verharrte abgewendet, und dazu kam noch die an ihn gerichtete
Frage Pipins: Nun, Geheimrätchen, wie denkst du über die gefürchtete Blamage?

Der Angeredete maß den Schulfreund mit einem Blicke, den dieser glück¬
licherweise nicht bemerkte, dann betastete er das bunte Bändchen am Knopfloche
des Regisseurs und fragte lächelnd: Wofür denn? Ausländer? -- zwei Nadel¬
stiche in das Herz des Schauspielers.

Pipin trat einen Schritt zurück, nahm eine Stellung an gerade wie König
Philipp im letzten Auftritt des Don Carlos und sagte: Dieser Orden ist von
mir wohl erspielt, und zwar im Auslande, nicht ergaukelt im Inlande; dabei
sah er auf das Goldschnürchen des andern mit seinen zwei Emaillesternlein und
ging hinweg.

Das gab einen kleinen Ärger für Kautschuk ab; aber er wandte sich dem
größern zu, der in ihm wühlte und zur Gegenwirkung drängte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.

Nochmals die Unterhaltungen mit Friedrich d. Gr. Ein Freund
unsers Blattes teilt uns mit, daß die auf Seite 54 geäußerte Vermutung dadurch
hinfällig wird, daß S. 216, 31 der Memoiren de Cakes über seine Unterhaltungen
mit Friedrich dem Großen

is L^ÄArill wollig Sil orouxe se gÄloxs*) "Vo<z lui



*) So war natürlich statt des entsetzlichen Druckfehlers 8-üoxs zu lesen.
Notizen.

Zu dieser höchsten Bildung möglichst viele, zuletzt das ganze Menschen¬
geschlecht emporzuziehen, ist die letzte und höchste Aufgabe der Schule.

Nach diesen Schlußworten brach die Versammlung einstimmig in ein Bravo¬
rufen aus, das den Schulsaal erzittern machte.

Der Regierungspräsident ging zu dem Festredner, der den Tritt verlassen
hatte, und sagte ihm einige anerkennende Worte, auch dem herzueilenden Gym-
nasialdircktor gab er wie beglückwünschend die Hand und flüsterte ihm etwas zu.
Letzterer machte eine dienstergebene Bewegung, wandte sich mit Eifer und Ge¬
schäftigkeit an den „blassen Heinrich," den er wieder: Mein Herr Kommilito an¬
redete, und ersuchte ihn, in Anknüpfung an diese höchst bedeutende Redeleistung
auch den Vortrag für den Abend zu übernehmen; hier sei gehandelt worden über
das, was errungen worden sei; dort solle die Frage behandelt werden, wer
es errungen habe; der Abendvortrcig sei für das größere Publikum, nicht bloß
für die Herren Kommilitonen bestimmt. Der „blasse Heinrich" übernahm diesen
ehrenden Auftrag unter Danksagungen.

Hierauf strömten die Kommilitonen aus dem drückend heißen Schulsaale
in die frische, freie Luft; von vielen Seiten empfing der Festredner noch Lob
und Händedrücke, besonders von den Achtzehnhundertuudneunundvierzigern, die
sich mit gehoben fühlten.

NurKautschuk verharrte abgewendet, und dazu kam noch die an ihn gerichtete
Frage Pipins: Nun, Geheimrätchen, wie denkst du über die gefürchtete Blamage?

Der Angeredete maß den Schulfreund mit einem Blicke, den dieser glück¬
licherweise nicht bemerkte, dann betastete er das bunte Bändchen am Knopfloche
des Regisseurs und fragte lächelnd: Wofür denn? Ausländer? — zwei Nadel¬
stiche in das Herz des Schauspielers.

Pipin trat einen Schritt zurück, nahm eine Stellung an gerade wie König
Philipp im letzten Auftritt des Don Carlos und sagte: Dieser Orden ist von
mir wohl erspielt, und zwar im Auslande, nicht ergaukelt im Inlande; dabei
sah er auf das Goldschnürchen des andern mit seinen zwei Emaillesternlein und
ging hinweg.

Das gab einen kleinen Ärger für Kautschuk ab; aber er wandte sich dem
größern zu, der in ihm wühlte und zur Gegenwirkung drängte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.

Nochmals die Unterhaltungen mit Friedrich d. Gr. Ein Freund
unsers Blattes teilt uns mit, daß die auf Seite 54 geäußerte Vermutung dadurch
hinfällig wird, daß S. 216, 31 der Memoiren de Cakes über seine Unterhaltungen
mit Friedrich dem Großen

is L^ÄArill wollig Sil orouxe se gÄloxs*) »Vo<z lui



*) So war natürlich statt des entsetzlichen Druckfehlers 8-üoxs zu lesen.
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[0112] Notizen. Zu dieser höchsten Bildung möglichst viele, zuletzt das ganze Menschen¬ geschlecht emporzuziehen, ist die letzte und höchste Aufgabe der Schule. Nach diesen Schlußworten brach die Versammlung einstimmig in ein Bravo¬ rufen aus, das den Schulsaal erzittern machte. Der Regierungspräsident ging zu dem Festredner, der den Tritt verlassen hatte, und sagte ihm einige anerkennende Worte, auch dem herzueilenden Gym- nasialdircktor gab er wie beglückwünschend die Hand und flüsterte ihm etwas zu. Letzterer machte eine dienstergebene Bewegung, wandte sich mit Eifer und Ge¬ schäftigkeit an den „blassen Heinrich," den er wieder: Mein Herr Kommilito an¬ redete, und ersuchte ihn, in Anknüpfung an diese höchst bedeutende Redeleistung auch den Vortrag für den Abend zu übernehmen; hier sei gehandelt worden über das, was errungen worden sei; dort solle die Frage behandelt werden, wer es errungen habe; der Abendvortrcig sei für das größere Publikum, nicht bloß für die Herren Kommilitonen bestimmt. Der „blasse Heinrich" übernahm diesen ehrenden Auftrag unter Danksagungen. Hierauf strömten die Kommilitonen aus dem drückend heißen Schulsaale in die frische, freie Luft; von vielen Seiten empfing der Festredner noch Lob und Händedrücke, besonders von den Achtzehnhundertuudneunundvierzigern, die sich mit gehoben fühlten. NurKautschuk verharrte abgewendet, und dazu kam noch die an ihn gerichtete Frage Pipins: Nun, Geheimrätchen, wie denkst du über die gefürchtete Blamage? Der Angeredete maß den Schulfreund mit einem Blicke, den dieser glück¬ licherweise nicht bemerkte, dann betastete er das bunte Bändchen am Knopfloche des Regisseurs und fragte lächelnd: Wofür denn? Ausländer? — zwei Nadel¬ stiche in das Herz des Schauspielers. Pipin trat einen Schritt zurück, nahm eine Stellung an gerade wie König Philipp im letzten Auftritt des Don Carlos und sagte: Dieser Orden ist von mir wohl erspielt, und zwar im Auslande, nicht ergaukelt im Inlande; dabei sah er auf das Goldschnürchen des andern mit seinen zwei Emaillesternlein und ging hinweg. Das gab einen kleinen Ärger für Kautschuk ab; aber er wandte sich dem größern zu, der in ihm wühlte und zur Gegenwirkung drängte. (Fortsetzung folgt.) Notizen. Nochmals die Unterhaltungen mit Friedrich d. Gr. Ein Freund unsers Blattes teilt uns mit, daß die auf Seite 54 geäußerte Vermutung dadurch hinfällig wird, daß S. 216, 31 der Memoiren de Cakes über seine Unterhaltungen mit Friedrich dem Großen is L^ÄArill wollig Sil orouxe se gÄloxs*) »Vo<z lui *) So war natürlich statt des entsetzlichen Druckfehlers 8-üoxs zu lesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/112>, abgerufen am 12.11.2024.