Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Zur Geschichte der Theaterleitung Goethes. von L. A, H. Burkhardt. in klares und zugleich vollständiges Bild von der Theaterleitung Wie man auch in Zukunft die Theatergeschichte Weimars behandeln mag, Bevor Goethe die Theaterleitung übernahm, wirkte als Schauspieldirektor Es ergiebt sich dies aus folgenden rechnerischem Nachweisen, welche ich aus Zur Geschichte der Theaterleitung Goethes. von L. A, H. Burkhardt. in klares und zugleich vollständiges Bild von der Theaterleitung Wie man auch in Zukunft die Theatergeschichte Weimars behandeln mag, Bevor Goethe die Theaterleitung übernahm, wirkte als Schauspieldirektor Es ergiebt sich dies aus folgenden rechnerischem Nachweisen, welche ich aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0078" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154961"/> </div> <div n="1"> <head> Zur Geschichte der Theaterleitung Goethes.<lb/><note type="byline"> von L. A, H. Burkhardt.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_243"> in klares und zugleich vollständiges Bild von der Theaterleitung<lb/> Goethes wird sich aus Mangel an Quellen nie entwerfen lassen,<lb/> da bekanntlich das Theaterarchiv aus der Goethischen Zeit dnrch<lb/> üble Verwaltung so schwer geschädigt worden ist, daß wir nur<lb/> noch Bruchstücke desselben besitzen. Aus diesem Umstände erklärt<lb/> sich auch zum guten Teil, daß wir bis jetzt nur ganz vereinzelte Arbeiten zur<lb/> Geschichte dieses hochbedeutsamen Institutes besitzen, die in völligem Zusammen¬<lb/> hange nicht stehen können, weil das vorhandne, zum Teil auch gedruckte Material<lb/> ein planmäßiges Arbeiten nicht gestattet. Man ist deshalb nicht in der Lage<lb/> gewesen, einen tieferen Einblick in die theatralische Thätigkeit Goethes zu er¬<lb/> möglichen, um das Wesen und die leitenden Grundsätze seiner Verwaltung ver¬<lb/> stehen und würdigen zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_244"> Wie man auch in Zukunft die Theatergeschichte Weimars behandeln mag,<lb/> über die Betrachtung dessen, was quantitativ geleistet worden ist, wird man<lb/> nicht hinweggehen dürfen, um das Verständnis für die qualitativen Leistungen<lb/> zu ermöglichen. Es handelt sich hier zunächst um eine Reihe statistischer Er¬<lb/> hebungen, die sich auch auf die Zeit vor Goethes Leitung erstrecken müssen, um<lb/> die äußerst interessanten Wandlungen kennen lernen zu können, die unter ihm<lb/> vorgingen.</p><lb/> <p xml:id="ID_245"> Bevor Goethe die Theaterleitung übernahm, wirkte als Schauspieldirektor<lb/> bekanntlich Bellomo von 1784—1791. An das Repertoire Bellomos, das uns<lb/> nur für Weimar selbst vorliegt, mußte Goethe sich aus einer Reihe innerer<lb/> Gründe halten, wenn er mit dem Geschmacke des Publikums nicht in Konflikt<lb/> kommen wollte; erst allmählich vermochte er diesen zu läutern und das Institut<lb/> ganz nach seinen Absichten zu leiten. Der hauptsächlichste Unterschied der<lb/> beiderseitigen Leitung beruhte darin, daß Bellomo das Theater als eine Quelle<lb/> des Erwerbes ansah, woran Goethe nie gedacht hat. Allerdings mußte auch<lb/> Goethe darauf Bedacht nehmen, daß er zunächst mit äußerst spärlichen Mitteln<lb/> das Gewollte in Szene setzte, und schon deshalb schloß er sich an das Reper¬<lb/> toire Bellomos möglichst eng an, sür welches das Weimarische Theater nun<lb/> einmal eingerichtet war.</p><lb/> <p xml:id="ID_246" next="#ID_247"> Es ergiebt sich dies aus folgenden rechnerischem Nachweisen, welche ich aus<lb/> einem möglichst vollständig aufgestellten Repertoire von 1784—1817 herzuleiten<lb/> vermag. In der genannten Periode standen über 800 Theaterstücke auf dem<lb/> Repertoire, von denen Bellomo von 1784—1791 schon über 100 nach einmaliger,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0078]
Zur Geschichte der Theaterleitung Goethes.
von L. A, H. Burkhardt.
in klares und zugleich vollständiges Bild von der Theaterleitung
Goethes wird sich aus Mangel an Quellen nie entwerfen lassen,
da bekanntlich das Theaterarchiv aus der Goethischen Zeit dnrch
üble Verwaltung so schwer geschädigt worden ist, daß wir nur
noch Bruchstücke desselben besitzen. Aus diesem Umstände erklärt
sich auch zum guten Teil, daß wir bis jetzt nur ganz vereinzelte Arbeiten zur
Geschichte dieses hochbedeutsamen Institutes besitzen, die in völligem Zusammen¬
hange nicht stehen können, weil das vorhandne, zum Teil auch gedruckte Material
ein planmäßiges Arbeiten nicht gestattet. Man ist deshalb nicht in der Lage
gewesen, einen tieferen Einblick in die theatralische Thätigkeit Goethes zu er¬
möglichen, um das Wesen und die leitenden Grundsätze seiner Verwaltung ver¬
stehen und würdigen zu können.
Wie man auch in Zukunft die Theatergeschichte Weimars behandeln mag,
über die Betrachtung dessen, was quantitativ geleistet worden ist, wird man
nicht hinweggehen dürfen, um das Verständnis für die qualitativen Leistungen
zu ermöglichen. Es handelt sich hier zunächst um eine Reihe statistischer Er¬
hebungen, die sich auch auf die Zeit vor Goethes Leitung erstrecken müssen, um
die äußerst interessanten Wandlungen kennen lernen zu können, die unter ihm
vorgingen.
Bevor Goethe die Theaterleitung übernahm, wirkte als Schauspieldirektor
bekanntlich Bellomo von 1784—1791. An das Repertoire Bellomos, das uns
nur für Weimar selbst vorliegt, mußte Goethe sich aus einer Reihe innerer
Gründe halten, wenn er mit dem Geschmacke des Publikums nicht in Konflikt
kommen wollte; erst allmählich vermochte er diesen zu läutern und das Institut
ganz nach seinen Absichten zu leiten. Der hauptsächlichste Unterschied der
beiderseitigen Leitung beruhte darin, daß Bellomo das Theater als eine Quelle
des Erwerbes ansah, woran Goethe nie gedacht hat. Allerdings mußte auch
Goethe darauf Bedacht nehmen, daß er zunächst mit äußerst spärlichen Mitteln
das Gewollte in Szene setzte, und schon deshalb schloß er sich an das Reper¬
toire Bellomos möglichst eng an, sür welches das Weimarische Theater nun
einmal eingerichtet war.
Es ergiebt sich dies aus folgenden rechnerischem Nachweisen, welche ich aus
einem möglichst vollständig aufgestellten Repertoire von 1784—1817 herzuleiten
vermag. In der genannten Periode standen über 800 Theaterstücke auf dem
Repertoire, von denen Bellomo von 1784—1791 schon über 100 nach einmaliger,
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